Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. Tätigkeit als landeskundlicher Berater und Übersetzer für die Bundeswehr. Dienstvertrag. abhängige Beschäftigung. Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze. freiwillige Krankenversicherung. Anspruch auf Beitragszuschuss nach § 257 SGB 5. Verjährung

 

Orientierungssatz

1. Zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung einer Tätigkeit als landeskundlicher Berater und Übersetzer für die Bundeswehr auf der Basis eines Dienstvertrages (hier: abhängige Beschäftigung).

2. Zur Verjährung des Anspruchs auf Beitragszuschuss nach § 257 SGB 5.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 08.03.2022 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger war seit 22.02.2011 als sog. landeskundlicher Berater und Übersetzer in Vollzeit für die Bundeswehr tätig. Der hierüber zwischen ihm und der beklagten Bundesrepublik geschlossene Dienstvertrag (vom 22.02.2011) lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 1 - Aufgabe

(1) Der Auftragnehmer wird ab dem 22.02.2011 für den Fernmeldeaufklärungsabschnitt 931 als Dienstleister tätig. Die Tätigkeit besteht in der Übersetzung von aufgezeichneten Funkverkehren aus in Deutschland selten gelehrten und zugleich einsatzrelevanten Sprachen ins Deutsche. Er kann seine Arbeitszeit frei bestimmen.

(2) Dem Auftragnehmer erteilte Übersetzungsaufträge sind unverzüglich nach Auftragserteilung zu erledigen.

(3) Hierbei sind die maßgeblichen Sicherheitsvorgaben des Auftragsgebers zu befolgen.

§ 2 - Vergütung

(1) Der Auftragnehmer erhält für seine Leistungen,

a) die werktäglich im Zeitraum zwischen 06.00 Uhr und 22.00 Uhr geleistet werden ein Stundenhonorar in Höhe von 38,- EUR;

b) die werktäglich im Zeitraum zwischen 22.00 Uhr und 06.00 Uhr des Folgetages, bzw. an Sonntagen und allgemein arbeitsfreien Wochenfeiertagen in Rheinland-Pfalz sowie am 24. und 31. Dezember geleistet werden ein Stundenhonorar in Höhe von 45,- EUR;

c) Wird vereinbart, dass der Auftragnehmer sich in einem bestimmten Zeitraum für mögliche Leistungen zur Verfügung hält, so erhält er für diesen Zeitraum 1/8 des Stundenhonorars, das er bei tatsächlich angefallener Arbeit erhalten hätte. Dieses richtet sich nach § 2 (1) a) und b).

d) Soweit der Auftragnehmer mehrwertsteuerpflichtig ist, erfolgt die Auszahlung der Stundenhonorare zuzüglich Mehrwertsteuer.

e) Der Auftragnehmer erhält darüber hinaus für Fahrtkosten, Unterkunft, Verpflegung usw. eine pauschale Aufwandsentschädigung in Höhe von 50,- EUR (zuzüglich Mehrwertsteuer) pro Arbeitstag. An Tagen, an denen ausschließlich eine Zurverfügunghaltung, jedoch keine tatsächliche Dienstleistung erfolgt, fällt diese Pauschale nicht an.

(2) Die Abrechnung und Auszahlung der Vergütung erfolgt monatlich auf Grundlage einer durch den Auftragnehmer erstellten Rechnung. Als zahlungsbegründende Unterlage ist durch den Auftraggeber, bzw. durch das von ihm dazu bestimmte Personal seiner Dienststelle, ein Nachweis über die geleisteten Übersetzungsstunden zu führen.

(3) Die geleisteten Zahlungen werden zum Jahresende dem zuständigen Finanzamt mitgeteilt.

(4) Der Auftragnehmer hat die Vergütung zur Einkommenssteuer anzumelden. Eine Versicherung in der gesetzlichen Sozialversicherung erfolgt nicht.

[...]"

Der Kläger stellte der Bundeswehr seine Dienste monatlich - jeweils einschließlich Umsatzsteuer i.H.v. 19 % - in Rechnung, wobei er durchgehend Einnahmen oberhalb der jeweiligen Jahresarbeitsentgeltgrenze erzielte; wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der vom Kläger gestellten Rechnungen Bezug genommen. Die Bundeswehr beglich diese Rechnungen vollständig. Während dieser Zeit war der Kläger in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) freiwillig und in der sozialen Pflegeversicherung (sPV) pflichtversichert. Hierfür entrichtete er entsprechende Beiträge an die Kranken- bzw. Pflegekasse.

Im Jahr 2014 entschied das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz in Kündigungsschutzprozessen anderer landeskundlicher Berater und Übersetzer, dass es sich bei diesen nicht um Selbständige, sondern um Arbeitnehmer handle (so etwa LAG Mainz, Urteil vom 15.05.2014 - 2 Sa 504/13, juris).

Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Bund führte daraufhin bei der Beklagten eine Betriebsprüfung für die Jahre 2009 bis einschließlich 2014 durch und kam zu dem Ergebnis, dass die Einsätze als landeskundliche Berater nicht im Rahmen selbständiger Tätigkeiten, sondern von abhängigen und damit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen erfolgten. Das Entgelt der landeskundlichen Berater habe jedoch die jeweils gültige Jahresarbeitsentgeltgrenze überstiegen mit der Folge, dass keine Versicherungspflicht in der GKV bestanden habe und daher auch keine Beiträge zur GKV nachzuberechnen seien (Bescheid vom 05.01.2016).

Daraufhin meldete die Bundeswehr den Kläger rückwirkend zum 01.11.2014 zur Sozialversicherung und entrichtete Beiträge zur gesetzlichen Ren...

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