Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosenversicherung. keine Berechtigung zur Begründung eines Versicherungspflichtverhältnisses auf Antrag gem § 28a SGB 3 bei Versicherungsfreiheit wegen Ordensmitgliedschaft

 

Orientierungssatz

Das Antragsrecht Selbständiger nach § 28a Abs 1 S 2 Nr 2 SGB 3 zur Begründung eines Versicherungspflichtverhältnisses in der Arbeitslosenversicherung setzt nach der an Sinn und Zweck der Vorschrift orientierten Auslegung voraus, dass die zwischenzeitliche Versicherungsfreiheit ihren alleinigen Grund in der ausschließlichen Ausübung der selbständigen Tätigkeit hatte und nicht zugleich auf anderen Gründen - hier: Ordensmitglied in der Wachturm-Gesellschaft - beruhte.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 03.06.2009; Aktenzeichen B 12 AL 1/08 R)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 22.08.2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Begründung eines Versicherungspflichtverhältnisses auf Antrag nach § 28a SGB III - Drittes Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitförderung.

Der 1949 geborene Kläger war nach seinem Studium an der Hochschule der Künste B von 1972 bis 1977 zunächst von 1978 bis 1984 versicherungspflichtig beschäftigt.

Vom 01.01.1985 bis zum 31.08.1996 war der Kläger satzungsmäßiges Mitglied des Ordens der Sondervollzeitdiener der Zeugen Jehovas (Wachtturm Bibel- und Traktat-Gesellschaft der Zeugen Jehovas e. V.). Im Rahmen dieser Mitgliedschaft legte er ein, zuletzt am 14.08.1990, schriftlich fixiertes "Gelübde" unter anderem des Inhalts ab, dass er "bestätige und gelobe, auf jegliche Erwerbstätigkeit zu verzichten".

Mit dem 31.08.1996 schied der Kläger als Mitglied des Ordens der Wachtturm-Gesellschaft aus.

Am 27.08.1996 beantragte der Kläger die Aufnahme in die Künstlersozialkasse und gab in einem hierzu ausgefüllten Fragebogen die erstmalige Aufnahme einer selbständigen künstlerischen Tätigkeit ab August 1996 an.

Mit Bescheid vom 14.10.1996 stellte die Künstlersozialkasse Versicherungspflicht des Klägers nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz in der Rentenversicherung der Angestellten, der Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung, jeweils ab dem 01.09.1996, fest.

Am 23.03.2006 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf freiwillige Weiterversicherung nach § 28a SGB III ab dem Tage der Antragstellung, weil er ab diesem Zeitpunkt als Selbständiger mindestens 15 Stunden wöchentlich tätig sei. Im weiteren Antragsverfahren gab der Kläger an, bereits ab dem 01.01.1985 selbständiger Künstler gewesen zu sein.

Mit Bescheid vom 22.05.2006 lehnte die Beklagte den Antrag auf freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung ab, weil der Kläger nicht innerhalb der letzten 24 Monate vor Aufnahme der Tätigkeit 12 Monate einer versicherungspflichtigen Zeit zur Arbeitslosenversicherung nach dem SGB III oder eines Leistungsbezuges nach dem SGB III zurückgelegt habe.

Mit seinem Widerspruch gegen diese Entscheidung hat der Kläger angegeben, am 01.01.1985 eine selbständige Tätigkeit als Künstler aufgenommen und auch während seiner Mitgliedschaft in der Wachtturm-Gesellschaft fortgeführt zu haben. Mit Widerspruchsbescheid vom 19.06.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 23.06.2006 beim Sozialgericht Klage erhoben, Unterlagen der Krankenkasse, der Künstlersozialkasse und der Rentenversicherung beigebracht sowie eine Aufstellung seiner künstlerischen Tätigkeiten vorgelegt.

Mit Urteil vom 22.08.2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger sei nicht zur Weiterversicherung berechtigt, weil er nicht vor dem Beginn einer mindestens 15 Wochenstunden umfassenden Selbständigkeit als Künstler seit dem 01.09.1996 in einem Versicherungspflichtverhältnis nach dem SGB III gestanden habe. Die Mitarbeit bei der Wachtturm-Gesellschaft sei versicherungsfrei in der Arbeitslosenversicherung gewesen. Die vor 1985 liegenden pflichtversicherten Tätigkeiten könnten nicht als Anknüpfung dienen, weil die unmittelbar anschließende Aufnahme einer selbständigen künstlerischen Tätigkeit ab dem 01.01.1985 nicht nachgewiesen sei. Von der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit könne erst mir Aufgabe der Mitarbeit bei der Wachtturm-Gesellschaft ausgegangen werden. Auf die weitere Begründung des Urteils wird Bezug genommen.

Gegen das am 28.08.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11.09.2006 Berufung eingelegt und vorgetragen, seit dem 01.01.1985 durchgehend als selbständiger Künstler tätig gewesen zu sein. Zum Beleg seiner Behauptung hat er Aufstellungen seiner künstlerischen Aktivitäten vorgelegt und zum Hinweis des Sozialgerichts auf den fehlenden Beleg positiver Einkünfte aus dem Verkauf von Kunstwerken in der Zeit von 1985 bis 1996 ausgeführt, in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes könne die Nichterzielung positiver Einkünfte über lange Jahre nicht als Indiz...

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