Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Neuberechnung von Krankengeld unter Berücksichtigung von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt

 

Orientierungssatz

1. Der Gesetzgeber hat aufgrund der Vorgabe des BVerfG vom 24. 5. 2000 in § 47 a SGB 5 hinsichtlich der Krankengeldberechnung eine Übergangsregelung für den Zeitraum vom 1. 1. 1997 bis 21. 6. 2000 geschaffen. Danach ist einmalig gezahltes Arbeitsentgelt in die Krankengeldberechnung entsprechend § 47 Abs. 2 S. 6 SGB 5 für Ansprüche auf Krankengeld einzubeziehen, über die am 21. 6. 2000 noch nicht bestandskräftig entschieden war.

2. Dies hat zur Folge, dass eine Neuberechnung des in dem genannten Zeitraum bezogenen Krankengeldes unter Berücksichtigung eines einmalig gezahlten Arbeitsentgeltes ausscheidet, wenn der entsprechende Leistungsbescheid vor dem 21. 6. 2000 bereits bestandskräftig war.

3. Ist die unterbliebene Anfechtung der Leistungsbewilligung nicht durch die Erklärung der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung vom 28. 7. 1998 veranlasst worden, so scheidet eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die versäumte Widerspruchsfrist wegen dieser Erklärung aus.

4. Eine Korrektur des bindend gewordenen Krankengeldbescheides nach § 44 Abs. 1 SGB 10 wird durch § 47 a Abs. 2 S. 2 SGB 5 verfassungsrechtlich unbedenklich ausgeschlossen.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 22.11.2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten über die Neuberechnung von Krankengeld unter Berücksichtigung von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt.

Die 1941 geborene Klägerin, die als Altenpflegerin beschäftigt war, war ab dem 04.06.1997 arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte bewilligte ihr mit Bescheid vom 16.12.1997 Krankengeld ab dem 05.12.1997 in Höhe von 78,11 Euro brutto gemäß der auf der Rückseite des Bescheides enthaltenen Berechnung. Bemessungsgrundlage war danach (nur) das in den letzten drei Monaten vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit erzielte Entgelt. Die in dem Bescheid als Anlage genannte "Erklärung für den Bezug von Geldleistungen" wurde von der Klägerin am 16.12.1997 unterschrieben, der ebenfalls als Anlage genannte Zahlschein, der vom behandelnden Arzt nach Ablauf eines Kalendermonats auszufüllen war, wurde am 08.01.1998 vom Arzt ausgefüllt und unterschrieben. Die Klägerin bestreitet, den Bescheid vom 16.12.1997 erhalten zu haben.

Seinerzeit war umstritten, ob die nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11.11.1995 (BVerfGE 92, 53) getroffene Regelung zur Berücksichtigung beitragspflichtigen einmalig gezahlten Arbeitsentgeltes bei der Berechnung von Krankengeld verfassungskonform sei. Da zu Widersprüchen gegen einschlägige Beitrags- und Leistungsbescheide aufgefordert wurde, wandten sich die Sozialpartner und die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung im Juli 1998 mit einer über die Medien verbreiteten gemeinsamen Erklärung an die Öffentlichkeit (Erklärung vom 28.07.1998, BKK 1998, 524). Sie stellten in Aussicht, dass die Versicherungsträger die auf Grund der bereits beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Musterverfahren zu erwartende Entscheidung über die Beitragspflicht von Einmalzahlungen auf gleichgelagerte Sachverhalte übertragen und zu Unrecht erhobene Beiträge erstattet würden, ohne dass insoweit Anträge oder Widersprüche erforderlich seien. Nachdem das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 24.05.2000 (BVerfGE 102, 127) auch die Neuregelung zur sozialrechtlichen Behandlung von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt für verfassungswidrig erklärt hatte, hat der Gesetzgeber in § 47 a 5. Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) entsprechend der Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts für den Zeitraum vom 01.01.1997 bis 21.06.2000 eine Übergangsregelung geschaffen. Dieses sieht die Einbeziehung des einmalig gezahlten Arbeitsentgelts in die Krankengeldberechnung entsprechend § 47 Abs. 2 Satz 6 SGB V auch für die Ansprüche auf Krankengeld vor, über die am 21.06.2000 noch nicht bestandskräftig entschieden war. Für bestandskräftige Entscheidungen ist eine Zugunstenentscheidung nach § 44 10. Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) durch § 47 a Abs. 2 Satz 2 SGB V ausgeschlossen.

Mit Urteil vom 25.03.2003 (B 1 KR 36/01 R) entschied das BSG, dass Versicherten in den Fällen, in denen Leistungsbescheide zur Zeit der Erklärung vom 28.07.1998 noch nicht bestandskräftig gewesen seien, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren sei, da sie durch die Erklärung ohne ihr Verschulden gehindert gewesen seien, fristgerecht gegen die Bescheide über die Bewilligung von Krankengeld Widerspruch zu erheben. Sie hätten davon ausgehen dürfen, dass Widersprüche nicht erforderlich seien.

Unter Verwendung eines Mustertextes der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 14.04.2003 die Neuberechnung des Krankengeldes unter Berücksichtigung gezahlten Weihnachts- und Urlaubsgeldes. Unter Hinweis auf die Entscheidu...

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