Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Sozialdatenschutz. Begriff des Gutachtens gem § 200 Abs 2 SGB 7. enge Auslegung des Gutachtensbegriffs. Abgrenzung zur beratungsärztlichen Stellungnahme bzw ärztlichen Auskunft

 

Orientierungssatz

Zu den Voraussetzungen eines Gutachtens gem § 200 Abs 2 SGB 7 in Abgrenzung zu einer ärztlichen Stellungnahme (vgl BSG vom 5.2.2008 - B 2 U 8/07 R = BSGE 100, 25 = SozR 4-2700 § 200 Nr 1).

 

Tatbestand

I.

Der Kläger begehrt die Entfernung einer ärztlichen Stellungnahme aus den Akten der Beklagten.

Die Beteiligten streiten in dem beim Senat anhängigen Rechtsstreit L 1.7 U 233/08 (vormals L 17 U 165/06) um die Feststellung und Entschädigung einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 1301 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV). Nachdem der dort gehörte Sachverständige (SV) Dr. P Facharzt für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin in O in seinem Gutachten vom 11.01.2007 davon ausgegangen war, dass das bei dem Kläger aufgetretene Harnblasen-Karzinom wahrscheinlich durch die im Rahmen der beruflichen Tätigkeit erfolgte Einwirkung aromatischer Amine mitverursacht worden sei, holte die Beklagte zur Überprüfung dieser Beurteilung ein Gutachten nach Aktenlage von Prof. Dr. B, Direktor des Berufsgenossenschaftlichen Forschungsinstitutes für Arbeitsmedizin in Bochum ein. Ferner bat die Beklagte Dr. L,  Facharzt für Allgemein-, Arbeits- und Umweltmedizin in E unter dem 02.07.2007 - unabhängig von der an Prof. Dr. B gerichteten Anfrage - ebenfalls um Überprüfung der Schlüssigkeit des Gutachtens von Dr. P.

Nach Vorlage der Ausführungen von Prof. Dr. B und Dr. L beantragte der Kläger, diese aus den Akten zu entfernen. Dieses Begehren lehnte die Beklagte unter dem 24.09.2007 ab. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.11.2007 zurück.

Dagegen hat der Kläger am 14.12.2007 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben.

Mit Schriftsatz vom 21.10.2008 hat die Beklagte den "Ablehnungsbescheid vom 24.09.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.11.2007" teilweise aufgehoben und das Gutachten von Prof. Dr. B gesperrt. Mit Blick auf die "beratungsärztliche Stellungnahme" von Dr. L hat die Beklagte eine Sperrung abgelehnt.

Der Kläger hat vorgetragen, dass "auch das Gutachten von Dr. L" unter Verstoß gegen § 200 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) eingeholt worden sei.

Mit Urteil vom 08.09.2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen das ihm am 16.09.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12.10.2009 Berufung eingelegt.

Er trägt vor, die Beklagte verweigere die Löschung der Stellungnahme von Dr. L obwohl offensichtlich ein Verstoß gegen § 200 Abs. 2 SGB VII vorliege. Wann ein Gutachten im Sinne dieser Vorschrift vorliege, könne nicht eng gesehen werden. Mit dem Auftrag vom 02.07.2007 habe die Beklagte nicht nur ein Gutachten veranlasst, die Stellungnahme des Dr. L enthalte auch alle Bestandteile, die ein Gutachten ausmachten. Es handele sich um ein eigenständiges Zusammenhangsgutachten, zumal darin überhaupt keine Auseinandersetzung mit dem Gutachten von Dr. P enthalten sei.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 08.09.2009 und den Bescheid der Beklagten vom 24.09.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.11.2007 in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 21.10.2008 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die Stellungnahme von Dr. L vom 06.07.2007 in den Akten zu löschen.

Die Beklagte, die dem angefochtenen Urteil beipflichtet, beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen. Die Verwaltungsakten der Beklagten lagen vor und waren Gegenstand der Beratung.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Berufsrichter sind übereinstimmend zu dem Ergebnis gelangt, dass die zulässige Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Sie haben sie daher - nachdem die Beteiligten mit Verfügung vom 10.02.2010 auf diese Verfahrensweise hingewiesen worden sind - durch Beschluss gem. § 153 Abs. 4 SGG zurückgewiesen.

Gegenstand des Verfahrens ist, nachdem die Beklagte ihre ablehnende Entscheidung vom 24.09.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.11.2007 teilweise aufgehoben und das Gutachten von Prof. Dr. B vom 18.06.2007 gesperrt hat, nur noch, ob der Kläger einen Anspruch auf Löschung der Stellungnahme des Dr. L vom 06.07.2007 hat. Ein solcher Anspruch besteht, wie das SG zu Recht entschieden hat, indes nicht.

Als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Löschung der Stellungnahme von Dr. L kommt nur § 84 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) in Betracht (vgl. BSG SozR 4-1300 § 84 Nr. 1). Danach sind Sozialdaten zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig ist. Nach § 67 c Abs. 1 SGB X ist die Spe...

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