Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Rechtmäßigkeit einer verhängten Disziplinarmaßnahme wegen nicht nachgewiesener Fortbildung

 

Orientierungssatz

1. Verstößt der Vertragsarzt gegen seine Verpflichtung zu fachlichen Fortbildung und zum Nachweis dieser Fortbildung kann als Disziplinarmaßnahme eine Geldbuße von bis zu 10.000.- €. verhängt werden . Die Geltung des Disziplinarrechts im Vertragsarztrecht ist verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl BSG vom 11.2.2015 - B 6 KA 19/14 R = SozR 4-2500 § 95d Nr 1).

2. Die gerichtliche Überprüfung beschränkt sich darauf, ob der Disziplinarausschuss von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist und sich von sachgerechten Überlegungen hat leiten lassen, dh ob rechtlich zutreffend eine schuldhafte Nichterfüllung vertragsärztlicher Pflichten angenommen und die verhängte Maßnahme ermessensfehlerfrei ausgewählt worden ist (vgl ua BSG vom 3.9.1987 - 6 RKa 30/86 = BSGE 62, 127 = SozR 2200 § 368m Nr 3).

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13.01.2016 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Strittig ist die Rechtmäßigkeit einer Disziplinarmaßnahme wegen nicht nachgewiesener Fortbildungen.

Der Kläger war ab 1984 als Praktischer Arzt tätig und nahm ab 1996 als solcher an der hausärztlichen Versorgung in E teil. Mit Schreiben vom 19.03.2009 erinnerte die Beklagte den Kläger an seine Pflicht zur fachlichen Fortbildung gemäß § 95d Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Bis spätestens zum 30.06.2009 müsse er nachweisen, in der Zeit ab dem 01.01.2002 250 Fortbildungspunkte erworben zu haben. Ein entsprechendes Fortbildungszertifikat erstelle auf Antrag die Ärztekammer Nordrhein. Dieses sei in digitaler oder in Papierform an sie, die Beklagte, weiterzuleiten.

Hierauf reagierte der Kläger nicht. Die Beklagte machte ihn deshalb mit Schreiben vom 25.11.2009 darauf aufmerksam, dass sie nun gesetzlich verpflichtet sei, das vertragsärztliche Honorar in den ersten vier Quartalen, die auf den von der Nachweispflicht umfassenden Fünfjahreszeitraum folgen, um 10 % zu kürzen. Sollte der Nachweis hinreichender Fortbildung nachträglich erbracht werden, so ende die Honorarkürzung in dem Quartal, das auf den Nachweis folge. Werde der Nachweis jedoch weiterhin nicht erbracht, müsse ab dem fünften Quartal das Honorar um 25 % gekürzt werden.

Nachdem der Kläger auch hierauf nicht reagierte, teilte die Beklagte ihm mit (Schreiben vom 21.03.2011), dass aufgrund weiterhin fehlenden Nachweises über die Erfüllung der gesetzlichen Fortbildungspflicht das Honorar um 25 % zu kürzen sei. Auch hierauf sowie auf die nachfolgenden Honorarkürzungen reagierte der Kläger nicht.

Mit Schreiben vom 01.09.2011 hörte die Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Einleitung eines Disziplinarverfahrens an, da er fortgesetzt gegen seine Pflicht zum Fortbildungsnachweis verstoße. Weder hierauf noch auf das Erinnerungsverfahren vom 28.09.2011 reagierte der Kläger.

Daraufhin beantragte der Vorstand der Beklagten im November 2011 die Eröffnung eines Disziplinarverfahrens. Diesem Antrag gab der Disziplinarausschuss mit Eröffnungsbeschluss vom 21.11.2011 statt und forderte den Kläger auf, zu dem ihm vorgeworfenen Verstoß Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 10.11.2011 führte der Kläger als Grund für sein Verhalten die schlechte wirtschaftliche Situation seiner Praxis an. Er habe Kosten reduzieren müssen, davon seien auch die Fortbildungen betroffen gewesen. Wegen der finanziellen Probleme habe er sich durch die Beklagte intensiv beraten lassen, jedoch ohne Erfolg. Einen Nachfolger für seine Praxis habe er nicht gefunden. Mündlich vom Disziplinarausschuss am 29.02.2012 angehört gab der Kläger an, ca. 60-100 Fortbildungspunkte statt der erforderlichen 250 Punkte gesammelt zu haben.

Der Disziplinarausschuss setzte als Disziplinarmaßnahme eine Geldbuße i.H.v. 5.000,00 EUR fest (Beschluss vom 29.02.2012, ausgefertigt am 04.04.2012). Zur Begründung führte er aus, der Kläger habe gegen seine vertragsärztlichen Pflichten verstoßen, indem er sich nicht hinreichend fortgebildet habe. Bei der Auswahl der Maßnahme und der Höhe der festgesetzten Geldbuße habe der Ausschuss einerseits den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit berücksichtigt und andererseits dem Umstand Rechnung getragen, dass der Kläger selbst durch Honorarkürzungen in Höhe von insgesamt 26.963,42 EUR bisher nicht zu pflichtgemäßem Verhalten zu bewegen gewesen sei. Die fehlende Bereitschaft, sich ausreichend fortzubilden, könne nicht dadurch entschuldigt werden, dass der Kläger seine Praxis in einer sozial schwierigen Umgebung betreibe. Der Disziplinarausschuss hoffe, dass die relativ hohe Geldbuße den Kläger endlich dazu bewege, seine Einstellung zur Fortbildung von Vertragsärzten zu überdenken, und sich künftig um ordnungsgemäße Nachweise zu bemühen.

Die Beklagte versuchte mehrfach, den Beschluss dem Kläger zuzustelle...

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