Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Hilfe zum Lebensunterhalt. notwendiger Lebensunterhalt in Einrichtungen. zusätzlicher Barbetrag aufgrund der Übergangsregelung des § 133a SGB 12. keine nachträgliche Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen durch rückwirkende Rentenbewilligung. Verfassungsmäßigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine nach dem 31.12.2004 nachträglich bewilligte Rente für einen bis dahin einkommens- und vermögenslosen Hilfeempfänger ändert nichts daran, dass dieser am 31.12.2004 von den Kosten seines Aufenthalts in einer Einrichtung keinen Teil selbst getragen (und damit keinen Anspruch auf den sog Zusatzbarbetrag nach § 21 Abs 3 S 4 BSHG gehabt) hatte.

2. Ein Leistungsanspruch entsteht nicht rückwirkend durch die nachträgliche Erfüllung einzelner Anspruchsvoraussetzungen.

3. Mangels Vorliegen einer wesentlichen Änderung besteht in einem solchen Fall auch kein Anspruch auf einen zusätzlichen Barbetrag nach der ab dem 1.1.2005 geltenden Übergangsregelung des § 133a SGB 12. Erforderlich wäre die nachträgliche Erfüllung des Leistungsanspruchs.

4. Ein Vertrauensschutz könnte nur dann bestehen, wenn bereits am 31.12.2004 sämtliche Anspruchsvoraussetzungen bestanden und der Anspruch fällig gewesen wäre.

 

Orientierungssatz

Die Beschränkung des Personenkreises, der in den Genuss der Übergangsregelung des § 133a SGB 12 kommt, auf diejenigen, die am 31.12.2004 auf die Zahlung des Zusatzbarbetrages vertrauen konnten, ist verfassungsgemäß.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 17.12.2014; Aktenzeichen B 8 SO 18/13 R)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 31. Mai 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin während der Zeit ihres Aufenthalts in einer stationären Einrichtung vom 1. Januar 2005 bis zum 30. September 2010 Anspruch auf einen zusätzlichen Barbetrag nach § 133a SGB XII hat.

Die 1953 geborene Klägerin war von März 2000 bis zum 30. September 2010 in einem psychiatrischen Wohnheim in F. stationär untergebracht, Kostenträger für die dort anfallenden Leistungen der Eingliederungshilfe ist der Beklagte (Bescheide vom 12. April 2000 für die Zeit ab dem 29. März 2000, vom 20. Dezember 2005 für die Zeit ab dem 1. Januar 2005 sowie vom 24. August 2007 für die Zeit ab Juli 2007). Die Klägerin verfügt jedenfalls ab dem 1. Januar 2005 mit Ausnahme einer Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer (hierzu später) über keinerlei Einkommen und Vermögen. Die mit Bescheid vom 20. Dezember 2005 bewilligten Leistungen betrugen insgesamt 2.671,44 €, darunter der Barbetrag von 89,70 € und Leistungen für die freiwillige Krankenversicherung in Höhe von 118,74 €. Ein Zusatzbarbetrag wurde ausweislich der Anlage zum Leistungsbescheid ausdrücklich nicht gewährt.

Mit Bescheid vom 26. Juli 2001 lehnte die Deutsche Rentenversicherung Bund einen Antrag der Klägerin vom 7. Februar 2001 auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab. Ausgehend von einem Eintritt des Versicherungsfalles im Dezember 2000 seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Auf einen vom Betreuer der Klägerin im Jahre 2006 gestellten weiteren Antrag bewilligte die Deutsche Rentenversicherung Bund der Klägerin mit Bescheid vom 16. November 2006 unter Annahme eines Eintritts des Versicherungsfalles am 17. Oktober 1994 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer ab dem 1. Januar 2002; die laufende Zahlung erfolgte ab Januar 2007. Der Nachzahlungsbetrag wurde auf Antrag des Beklagten an diesen erstattet. Jedenfalls seit Juli 2007 wird der monatliche Rentenzahlbetrag (im Jahre 2007 in Höhe von 909,28 €) aufgrund erfolgter Überleitung an den Beklagten gezahlt. Die Klägerin erhält weiter einen Barbetrag (Anpassungen zum 1. Januar 2007 mit Bescheid vom 25. Januar 2007: 93,15 €; zum 1. Juli 2007 mit Bescheid vom 24. August 2007: 93,69 €; zum 1. Juli 2008 mit Bescheid vom 30. Juni 2008: 94,77 €; zum 1. Juli 2009 mit Bescheid vom 13. Juli 2009: 96,93 €).

Mit Schreiben vom 23. November 2006 beantragte der damalige Betreuer der Klägerin für diese bei dem Beklagten die Gewährung eines Zusatzbarbetrages ab Beginn der Rentenzahlung am 1. Januar 2002 und über den 1. Januar 2007 hinaus. Der Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 25. Januar 2007 zwar ab dem 1. Januar 2007 wegen einer Änderung des § 35 Abs. 2 SGB XII einen höheren Barbetrag von nunmehr 93,15 €, lehnte den Antrag auf Bewilligung eines Zusatzbarbetrages jedoch ab, weil die Klägerin im Dezember 2004 keinen Anspruch auf den Zusatzbarbetrag gehabt habe. Die Erwerbsunfähigkeitsrente werde erst ab November 2006 gezahlt. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 25. April 2007). Im Dezember 2004 sei ein Zusatzbarbetrag nicht festgestellt gewesen. Bei der Regelung des § 133a SGB XII handele es sich um eine Übergangsregelung. Eine sich erst später ergebende Änderung der seinerzeit für die Festsetzung des Zusatzbarbetrages maßgeblichen Verhältnisse...

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