Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Vorverfahren. keine gesonderte Erstattung der Aufwendungen für Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bzw Herstellung der aufschiebenden Wirkung. Entstehen einer Erledigungsgebühr

 

Leitsatz (amtlich)

Für einen im laufenden Widerspruchsverfahren zusätzlich gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bzw Herstellung der aufschiebenden Wirkung kann ein Rechtsanwalt keine weitere Gebühr verlangen.

 

Orientierungssatz

1. In Rechtsstreitigkeiten, in denen als Hauptsache über die Kosten isolierter Vorverfahren gestritten wird, ist die Berufung nicht nach § 144 Abs 4 SGG ausgeschlossen (vgl BSG vom 29.01.1998 - B 12 KR 18/97 R = SozR 3-1500 § 144 Nr 13).

2. Zu den Voraussetzungen des Entstehens einer Erledigungsgebühr für die Mitwirkung an der Erledigung eines isolierten Vorverfahrens.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 14.02.2013; Aktenzeichen B 14 AS 62/12 R)

 

Tenor

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 30. April 2009 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt eine höhere Kostenerstattung für die Vertretung durch ihren Rechtsanwalt im Widerspruchsverfahren.

Die Klägerin lebt zusammen mit ihrem Ehemann und den beiden Söhnen. Sie bezogen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) von dem Beklagten.

Mit Bescheid vom 15. November 2006 beschränkte der Beklagte die Kosten der Unterkunft auf die nach seiner Auffassung angemessene Höhe und setzte die Beschränkung mit Änderungsbescheid vom 15. November 2006 für den Monat Dezember 2006 um.

Die Klägerin erhob mit Schreiben vom 20. November 2006 Widerspruch und beauftragte zur Erledigung der Angelegenheit (Widerspruch gegenüber dem Beklagten) ihren Rechtsanwalt am 13. März 2007 (Vollmacht Bl. 131 VA). Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin begründete mit Schreiben vom 14. März 2007 den Widerspruch und forderte den Beklagten auf, die Kürzung der Leistungen umgehend zurückzunehmen und insofern die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid wiederherzustellen.

Der Beklagte erließ am 02. Mai 2007 einen Abhilfebescheid und entschied, dass die im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten auf Antrag erstattet werden, soweit sie notwendig und nachgewiesen seien. Dies gelte auch für die Gebühren und Auslagen des Rechtsanwaltes.

Mit Schreiben vom 20. Juli 2007 übersandte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Gebührenrechnung, welche einen Gesamtbetrag von 690,20 € auswies, an den Beklagten. Mit Kostenfestsetzungsbescheid vom 08. August 2007 setzte der Beklagte die erstattungsfähigen Gebühren auf insgesamt 309,40 € fest (Geschäftsgebühr Nr. 2400 VV RVG - 240,00 €; Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG - 20,00 €; Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV RVG - 49,40 €). Die Geschäftsgebühr habe der Prozessbevollmächtigte der Klägerin unzutreffender Weise nach Nr. 2300 VV angewandt. Ein Betrag von mehr als 240,00 € werde nur dann gewährt, wenn die Angelegenheit umfangreich und schwierig sei. Dies sei aber vorliegend nicht der Fall. Die von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin geltend gemachte Erledigungsgebühr könne nicht anerkannt werden, da allein die Einlegung des Rechtsbehelfs und dessen Begründung regelmäßig für die Bejahung des Tatbestandsmerkmals "durch die anwaltliche Mitwirkung" im Sinne von VV Nr. 1002 nicht ausreiche. Anhaltspunkte dafür lägen hier auch nicht vor. Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein und führte aus, dass die geringfügige Kürzung der Geschäftsgebühr nicht beanstandet werde. Zu beanstanden sei aber die Streichung der Erledigungsgebühr. Die - amtlichen -, also gesetzesgleichen Vorbemerkungen zum Gebührenverzeichnis in Teil I als Vorbemerkung 1 vor Ziff. 1000 führen wörtlich aus "Die Gebühren dieses Teil entstehen neben den in anderen Teilen bestimmten Gebühren". Die Erledigungsgebühr trete als Erfolgsgebühr neben die tätigkeitsbezogenen Gebühren, so dass ein zusätzliches Tätigwerden des Prozessbevollmächtigten nicht erforderlich sei.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 22. August 2007 zurück. Aufgrund des Erfolges des Widerspruchs käme eine Erledigungsgebühr zwar grundsätzlich in Betracht. Durch die Einlegung des Rechtsbehelfs und dessen Begründung werde jedoch das Tatbestandsmerkmal "durch die anwaltliche Mitwirkung" im Sinne von VV Nr. 1002 nicht erfüllt. Selbst eine ausführliche Widerspruchsbegründung reiche nicht aus, um die Erledigungsgebühr auszulösen. Ein besonderes - gerade auf die Erledigung der Angelegenheit ohne streitige Entscheidung gerichtetes - Tätigwerden sei nicht erkennbar.

Dagegen hat die Klägerin am 26. September 2007 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hannover erhoben und ausgeführt, dass zum einen die Erledigungsgebühr noch zusätzlich zu erstatten sei und zum anderen auch noch die Gebühren für das Tätigwerden im Hinblick auf die Herstellung der aufschiebenden Wir...

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