Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragspsychotherapeutin. Honorarnachzahlung nach einem Punktwert von 10 Dpf auf der Grundlage des § 44 Abs 2 SGB 10. Einflussnahme einer Kassenärztlichen Vereinigung auf Widerspruchseinlegung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Psychotherapeutin, die bis 1998 Versicherte im Delegationsverfahren behandelt hat, kann die Nachzahlung von Honoraren nach einem Punktwert von 10,- Dpf auf der Grundlage des § 44 Abs 2 SGB 10 beanspruchen, wenn die Kassenärztliche Vereinigung direkten oder indirekten Einfluss auf ihre Entscheidung genommen hatte, keinen Widerspruch gegen die ursprünglichen Honorarbescheide einzulegen (Anschluss an BSG vom 22.6.2005 - B 6 KA 21/04 R = SozR 4-1300 § 44 Nr 6).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 17.09.2008; Aktenzeichen B 6 KA 28/07 R)

 

Tenor

Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 14. Mai 2003 geändert.

Der Bescheid der Beklagten vom 21.August 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.März 2001 wird abgeändert.

Die Beklagte wird verpflichtet, die Vergütung der genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen der Klägerin in den Quartalen II bis IV/94 und I/96 bis II/98 in Abänderung der bisherigen Honorarbescheide - mit Ausnahme derjenigen, die die Ersatzkassenfälle des Beigeladenen zu 2) im Quartal II/94 und des Beigeladenen zu 1) im Quartal IV/94 betreffen - auf der Basis eines Punktwerts von 10Pfennig neu festzusetzen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Anschlussberufung im Übrigen und die Berufung der Beklagten werden zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die erstinstanzlichen Kosten der Klägerin aus beiden Rechtszügen zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Vergütung psychotherapeutischer Behandlungsleistungen. Gegenstand des Berufungsverfahrens sind noch die Quartale II - IV/94 sowie I/96 - II/98.

Die Klägerin ist Diplompsychologin und zur Teilnahme an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung zugelassen. Bis Ende 1998 hat sie im Rahmen des Delegationsverfahrens an der psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten teilgenommen. Die Behandlungen wurden von den beigeladenen Vertragsärzten an sie delegiert.

Die Vergütung ihrer Behandlungsleistungen bei Versicherten der Ersatzkassen wurde in den Quartalen II - IV/93 sowie II und IV/94 auf der Grundlage eines Punktwerts von 10,0 oder mehr Pfennig berechnet. Im Übrigen erfolgte die Vergütung nach Punktwerten, die zwischen 4,7581 (im Quartal II/96) und 9,8 Pfennig (in den Quartalen I und II/93) lagen. Die Quartalsabrechnungen für 1993 erfolgten mit Honorarbescheiden der Beklagten, die an die Klägerin adressiert waren. Ab 1994 wurden die Honorarbescheide an die delegierenden Beigeladenen gerichtet und enthielten jeweils den Hinweis: “Für delegierte Leistungen an F.„. Rechtsbehelfsbelehrungen enthielten diese Bescheide erst ab 1996. Der Klägerin - die sich von den Beigeladenen die Honoraransprüche gegen die Beklagte hatte abtreten lassen - wurde die Vergütungshöhe jeweils mit einem Ausdruck dieser Bescheide mitgeteilt, wobei die Rechtsbehelfsbelehrung entfernt worden war. Die letzte hier streitbefangene Mitteilung - für das 2. Quartal 1998 - wurde am 22. Oktober 1998 an sie abgesandt.

Die Klägerin legte gegen die Honorarbescheide für die Quartale I/94 und I - IV/95 jeweils Widerspruch ein, mit dem sie die ihrer Ansicht nach zu Unrecht reduzierten Punktwerte rügte. Aus prozessökonomischen Gründen bat sie darum, die Entscheidung über den Widerspruch bis zum Abschluss bereits laufender Verfahren “in der Parallelsache„ zurückzustellen. Den Widerspruch zum Quartal I/94 schloss sich der Beigeladene zu 2), den Widersprüchen zu den Quartalen des Jahres 1995 schloss sich der Beigeladene zu 1) an. Die Beklagte vertrat im damaligen Zeitraum die Auffassung, die im Delegationsverfahren tätigen Psychotherapeuten seien zur Anfechtung der an die delegierenden Vertragsärzte gerichteten Honorarbescheide nicht befugt und hatte verschiedene Widersprüche von Psychotherapeuten deshalb als unzulässig zurückgewiesen.

Das Bundessozialgericht (BSG) entschied mit Urteil vom 03. März 1999 (Az.: B 6 KA 10/98 R - SozR 3-5540 Anl. 1 § 10 Nr 1), dass ein im Delegationsverfahren tätiger Psychologischer Psychotherapeut Honorarbescheide der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) für die von ihm erbrachten Leistungen anfechten könne, soweit der delegierende Arzt seinen Honoraranspruch an ihn abgetreten habe. Mit weiterem Urteil vom 25. August 1999 (Az.: B 6 KA 14/98 R - SozR 3-2500 § 85 Nr 33) entschied das BSG, dass Vertragsärzte und Psychotherapeuten, die überwiegend bzw. ausschließlich psychotherapeutisch tätig seien, grundsätzlich Anspruch auf Honorierung der zeitabhängigen und genehmigungsbedürftigen Leistungen des Kapitels G Abschnitt IV des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) mit einem Punktwert von 10 Pfennig hätten.

Mit Schreiben vom 28. Dezember 1999 ...

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