Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Rechtsweg für Angelegenheiten nach dem GSiG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei den Angelegenheiten nach dem GSiG handelt es sich nicht um solche der Sozialhilfe iS von § 51 Abs 1 Nr 6a SGG.

2. Für Verfahren nach dem Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (GSiG) ist der Rechtsweg zu den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit auch dann gegeben, wenn die Klage nach dem 31.12.2004 bei Gericht eingeht (entgegen OVG Lüneburg, Beschluss vom 8.6.2005 - 4 OB 165/05).

3. Die Einfügung der Bestimmungen des GSiG in das SGB 12 führt nicht dazu, dass das bis zum 31.12.2004 geltende Gesetz nachträglich zu einer "Angelegenheit der Sozialhilfe" wird.

 

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 9. Mai 2005 wird zurückgewiesen

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die weitere Beschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beklagte wendet sich gegen einen Beschluss des Sozialgerichts (SG) Hannover vom 9. Mai 2005, durch den der Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht E. verwiesen worden ist. In der Sache geht es um Ansprüche nach dem Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (GSiG). Der Kläger hatte am 15. März 2005 beim SG Hannover Klage erhoben und Leistungen nach dem GSiG unter Aufhebung des Bescheides der Stadt F. vom 29. April 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 21. Februar 2005 begehrt.

Mit Beschluss vom 9. Mai 2005 hat das SG Hannover den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht E. verwiesen. Die Zuständigkeit nach § 51 Abs 1 Nr 6a Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei nur in Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes von den Verwaltungsgerichten auf die Sozialgerichte übergegangen. Leistungen nach dem GSiG seien jedoch in § 51 SGG nicht genannt und stellten auch keine Sozialhilfe dar. Insoweit handele es sich zwar um eine beitragsunabhängige, jedoch eigenständige bedarfsorientierte Sozialleistung. Damit sei nach wie vor der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gegeben.

Hiergegen hat die Beklagte am 25. Mai 2005 Beschwerde eingelegt. Für die Zuständigkeit sei es ohne Belang, dass es sich hier nicht um eine Streitigkeit aus dem Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - (SGB XII) handele. Der Gesetzgeber habe seit dem 1. Januar 2005 die Zuständigkeit der Sozialgerichte nicht für Streitigkeiten nach dem SGB XII, sondern für Angelegenheiten der Sozialhilfe begründet. Der Begriff der Sozialhilfe sei weit auszulegen. Zwar sei das GSiG selbstständig geregelt, müsse jedoch als Teil des Sachgebietes der Sozialhilfe angesehen werden. Da das vorliegende Klageverfahren erst 2005 anhängig gemacht wurde, sei der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben. Auch das Verwaltungsgericht Hannover gehe in zahlreichen Entscheidungen davon aus, dass für Verfahren, die erst nach dem 1. Januar 2005 anhängig werden, die Zuständigkeit der Sozialgerichte gegeben ist.

Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

Die gemäß § 202 SGG iVm § 17a Abs 4 Satz 3 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) statthafte Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet. Für die vorliegende Klage ist das Verwaltungsgericht E. örtlich und sachlich zuständig.

Welcher Rechtsweg zulässig ist, ergibt sich aus den jeweiligen Prozessordnungen. Der Verwaltungsrechtsweg ist gemäß § 40 Abs 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), insoweit seit 1977 unverändert, in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Gemäß § 51 Abs 1 Nr 6a SGG in der Fassung des 7. SGG-Änderungsgesetzes vom 9. Dezember 2004 (BGBl I S 3302) entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit in Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes. Entsprechende Regelungen gab es vor dem 1. Januar 2005 nicht. Weder das Bundessozialhilfegesetz (BSHG) noch das GSiG, beide aufgehoben durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch (EinordnungsG) vom 27. Dezember 2003 (BGBl I S 3022, 3077) zum 31. Dezember 2004, enthielten Rechtswegbestimmungen, desgleichen nicht § 51 SGG in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung. Für die vor dem 1. Januar 2005 rechtshängig gewordenen Verfahren nach dem BSHG oder dem GSiG ist deshalb mangels ausdrücklicher anderweitiger Rechtswegzuweisung der Verwaltungsrechtsweg gegeben.

Da der Gesetzgeber im Zusammenhang mit der Änderung des § 51 SGG zum 1. Januar 2005 oder der Aufhebung des BSHG und des GSiG keine Übergangsbestimmungen getroffen hat, bleiben diese Verfahren bei den Verwaltungsgerichten anhängig bzw sind an diese zu verweisen (vgl § 17 Abs 1 Satz 1 GVG: “Die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges wird durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt"). Insowei...

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