Entscheidungsstichwort (Thema)

Adeverinta. Rumänien. 5/6-Anrechnung. Beitragszeiten. Ausfalltatbestände. Krankheit. Schwangerschaft. Arbeitsbuch. Lohnliste. Feststellungsbescheid. Sonderregelung. Aufhebbarkeit von Herstellungsbescheiden. Glaubhaftmachung. Vollständiger Beweis

 

Leitsatz (amtlich)

Arbeitsbescheinigungen aus Rumänien (Adeverintas) sind auch dann, wenn sie auf der Grundlage von Lohnlisten erstellt worden sind, grundsätzlich nicht geeignet, den Vollbeweis für die ununterbrochene Zurücklegung von Versicherungszeiten zu erbringen.

 

Normenkette

RÜG vom 25.07.1991 Art. 38; SGB X §§ 24, 48; FRG § 15 Abs. 1 S. 1, § 4 Abs. 1, § 22 Abs. 3

 

Verfahrensgang

SG für das Saarland (Urteil vom 28.01.1999)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 28.01.1999 abgeändert und die Klage insoweit abgewiesen, als die Zeiten vom 05.08.1972 bis 30.09.1977 und vom 01.07.1978 bis 22.11.1984 hiervon betroffen sind.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die volle Anerkennung von in Rumänien zurückgelegten Versicherungszeiten.

Der am …1954 geborene Kläger stammt aus Rumänien und lebt seit dem 19.12.1984 in der Bundesrepublik Deutschland. Er ist Inhaber des Ausweises für Vertriebene und Flüchtlinge „A”.

Zu einem am 11.06.1985 gestellten Antrag auf Kontenklärung reichte er eine Bescheinigung der Betriebsleitung ein, wonach er in der Zeit vom 05.08.1972 bis 22.10.1984 bei der Station für die Mechanisierung der Landwirtschaft in S.B.A. (S.M.A.) als landwirtschaftlicher Mechaniker, Werkstattmechaniker, Drehermechaniker und Dreher beschäftigt gewesen war. Weiter gab er an, dass er vom 01.10.1977 bis 28.06.1978 bei der rumänischen Wehrmacht gedient habe.

Mit Bescheid vom 23.04.1987 stellte die Beklagte den Versicherungsverlauf des Klägers fest, wobei sie u.a. die Zeiten vom 05.08.1972 bis 22.10.1984 mit insgesamt 147 Pflichtbeiträgen anerkannte.

Mit Bescheid vom 21.05.1997 teilte die Beklagte dem Kläger dann u.a. mit, dass die Zeiten vom 05.08.1972 bis 22.10.1984 als Beitragszeiten in der Rentenversicherung der Arbeiter nach dem Fremdrentengesetz (FRG) berücksichtigt würden. Zugrunde gelegt werde die Qualifikationsgruppe 4, Bereich 14 der Anlage 14 zum 6. Buch des Sozialgesetzbuchs, Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI), Tabellenwerte um 1/5 erhöht. Die Anrechnung könne nur zu 5/6 erfolgen, weil die Beitrags- und Beschäftigungszeiten nicht nachgewiesen, sondern nur glaubhaft gemacht seien.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch mit der Begründung ein, dass seine Beitrags- und Beschäftigungszeiten nachgewiesen seien.

Der eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 21.01.1998 als unbegründet zurückgewiesen.

In den Gründen des Widerspruchsbescheides wurde u.a. ausgeführt, dass die Beurteilung der in Rumänien zurückgelegten Versicherungszeiten nach § 22 Abs. 3, 4 FRG erfolgt sei. Die Vorschrift des § 19 Abs. 2 FRG (volle Anerkennung bei zehnjähriger Dauer der Beschäftigung beim selben Arbeitgeber) sei durch Art. 15 Rentenreformgesetz (RRG) 1992 gestrichen worden. Bescheide, die außerhalb einer Rentenbewilligung aufgrund der Versicherungsunterlagen-Verordnung oder des Fremdrentenrechts Feststellungen getroffen hätten, seien zu überprüfen, ob sie mit den zum Zeitpunkt des Rentenbeginns geltenden Vorschriften des SGB VI und des Fremdrentenrechts übereinstimmten. Beginne eine Rente nach dem 31.07.1991, sei die für diese Rente nach diesem Zeitpunkt maßgebende Fassung des SGB VI und des Fremdrentenrechts von ihrem Beginn an auch dann anzuwenden, wenn der Feststellungsbescheid nach Satz 1 noch nicht durch einen neuen Feststellungsbescheid ersetzt sei. Die Aufhebung des Bescheides vom 23.04.1987 sei nach Art. 38 Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) zulässig.

Gegen den am 27.01.1998 zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 23.02.1998 Klage erhoben.

Zur Begründung hat er u.a. eine Bescheinigung (Adeverinta) der Handelsgesellschaft „A.S.S. vom 22.04.1998 vorgelegt, wonach der Kläger bei der Handelsgesellschaft vom 05.08.1972 bis 22.11.1984 in der Funktion „Dreher” gearbeitet habe, wie aus im Archiv befindlichen Zahlungslisten hervorgehe. Er habe 8 Stunden täglich, 48 Stunden wöchentlich gearbeitet, keinen Krankenurlaub gehabt und nicht unentschuldigt gefehlt. Die Gesellschaft habe gemäß den gesetzlichen Bestimmungen Sozialversicherungsbeiträge bezahlt.

Das Sozialgericht für das Saarland (SG) hat mit Urteil vom 28.01.1999 die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides verpflichtet, die in Rumänien abgeleisteten Versicherungszeiten entsprechend der Bescheinigung vom 22.04.1998 voll (6/6) zu berücksichtigen.

Es hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, dass nach § 22 Abs. 3 FRG in der ab 01.02.1992 geltenden Fassung die Entgeltpunkte für nicht nachgewiesene Beitragszeiten nach dem FRG um 1/6 gekürzt würden. Dadurch wolle der Gesetzgeber sicherstellen, das...

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