Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Berücksichtigung von sog "Kinderwohngeld". Wohngeld als vorrangige Leistung ggü Leistungen nach dem SGB 2. Berücksichtigung als Einkommen beim Kind trotz Wohngeldberechtigung des Elternteils. Anrechnung von Kindergeld beim Einkommen des Kindergeldberechtigten

 

Orientierungssatz

1. Wohngeld nach dem WoGG stellt zu berücksichtigendes Einkommen iS des § 11 Abs 1 S 1 SGB 2 dar.

2. Wohngeld stellt grundsätzlich eine nach den §§ 5 Abs 1, 12a S 1 SGB 2 vorrangige Leistung dar. Ist der Wohngeldberechtigte in der Lage, seinen Lebensunterhalt mit eigenem Einkommen und zusätzlichem Wohngeld zu bestreiten, besteht daher aufgrund der Nachrangigkeit der Leistungen nach dem SGB 2 auf diese kein Anspruch.

3. Hat ein Empfänger von Arbeitslosengeld II, der von einem Anspruch auf Wohngeld ausgeschlossen ist (§ 7 Abs 1 S 1 Nr 1 WoGG), das Wohngeld für sein Kind als nicht ausgeschlossenes Haushaltsmitglied iS des § 3 Abs 4 WoGG beantragt, gilt er zwar als Wohngeldberechtigter nach dem WoGG, da nur er Mietvertragspartei ist, das Wohngeld ist aber nach den Regelungen des WoGG dem Kind zuzuordnen, das insoweit einen eigenen wohngeldrechtlichen Haushalt bildet.

4. Gemäß § 11 Abs 1 S 4 SGB II ist das Kindergeld solange auf den Bedarf des Kindes anzurechnen, bis dessen Bedarf gedeckt ist. Ein evtl Kindergeld-"Überhang" ist beim Kindergeldberechtigten als dessen Einkommen anzurechnen.

 

Normenkette

SGB II § 11 Abs. 1 Sätze 1, 4, § 5 Abs. 1, § 12a Sätze 1, 2 Nr. 2, § 7 Abs. 3 Nr. 4, § 9 Abs. 2 S. 2, § 11a; WoGG § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 4

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 14.06.2018; Aktenzeichen B 14 AS 37/17 R)

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten für das Berufungsverfahren sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für den Zeitraum vom 01. Februar 2012 bis 30. Juni 2012.

Die 1964 geborene Klägerin bezog gemeinsam mit ihrem 1996 geborenen Sohn, dem früheren Kläger zu 2), vom Beklagten seit Jahren (ergänzende) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Sie lebten in einer 59 m² großen Mietwohnung, deren auf die Klägerin entfallende Kosten i.H.v. 196,99 Euro (Gesamtmiete 393,99 Euro; Grundmiete 259,69 Euro, Heizkosten 50,76 Euro, Nebenkosten 83,54 Euro) bzw. die Gesamtkosten seit 2006 direkt an den Vermieter überwiesen wurden. Die Klägerin erzielte Einkommen aus einer geringfügigen Beschäftigung in wechselnder Höhe, nämlich - jeweils Brutto = Netto - im Februar 2012 i.H.v. 150,00 Euro, im März 2012 i.H.v. 165,00 Euro, im April 2012 i.H.v. 150,00 Euro, im Mai 2012 i.H.v. 153,75 Euro und im Juni 2012 i.H.v. 135,00 Euro.

Der frühere Kläger erhielt Unterhalt i.H.v. 377,00 Euro monatlich, ferner wurde für ihn Kindergeld i.H.v. 184,00 Euro monatlich gezahlt. Mit Wohngeldbescheid vom 21. Juli 2011 wurde der Klägerin für ihren Sohn, den früheren Kläger, für den Zeitraum vom 1. August 2011 bis 31. Juli 2012 ein Mietzuschuss nach dem Wohngeldgesetz i.H.v. monatlich 91,00 Euro gewährt.

Auf den Weiterbewilligungsantrag der Kläger vom 01. Dezember 2011 bewilligte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 14. Dezember 2011 vorläufige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit vom 01. Januar 2012 bis 30. Juni 2012 in Höhe von monatlich 198,88 Euro Regelsatz inklusive Alleinerziehendenzuschlag und 196,99 Euro Kosten für Unterkunft und Heizung, insgesamt monatlich 395,87 Euro. Als Grund für die vorläufige Bewilligung heißt es in dem Bescheid, eine endgültige Bewilligung erfolge nach abschließender Prüfung Ihrer tatsächlichen Einkommensverhältnisse.

Mit Änderungsbescheid vom 24. Januar 2012 änderte der Beklagte den Bescheid vom 14. Dezember 2011 ab dem 01. Februar 2012 und gewährte nun für den Monat Februar 2012 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 425,87 Euro (Regelsatz für die Klägerin 198,88 Euro, KdU für die Klägerin i.H.v. 196,99 Euro, Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf für den vormaligen Kläger i.H.v. 30,00 Euro) und vom 01. März bis 30. Juni 2012 in monatlicher Höhe von 395,87 Euro. In der Begründung heißt es: Ab 1.2.2012 wurde ein vorläufiges Einkommen i.H.v. 165,00 Euro eingerechnet. Der Vermieter erhält auch im Februar 2012 die Miete i.H.v. 393,99 Euro ausgezahlt.

Mit dem dagegen am 6. Februar 2012 eingelegten Widerspruch trugen die Klägerin und ihr Sohn vor, die Anrechnung von Kindergeld und Wohngeld beim Kläger und die Einkommensbereinigung bei der Klägerin in Höhe von lediglich 30 Euro seien nicht nachvollziehbar, auch sei der Selbstbehalt bei der Klägerin unzutreffend festgesetzt worden.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23. Februar 2012 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, als Einkommen sei das Einkommen aus Erwerbstätigkeit zu berücksichtigen, das Wohngeld und der Unterhalt für das zur Bedarfsgemeins...

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