Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Vorliegen einer Berufskrankheit gemäß Anlage Nr. 3101 zur BKV. Infektion mit dem Hepatitis C-Virus während der Tätigkeit als Krankenschwester in der ehemaligen DDR. Bestehen einer besonderen Infektionsgefahr bei Tätigkeit in Operationssälen. BK Nr. 60 der DDR-Liste

 

Orientierungssatz

1. Im Falle des § 1150 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 RVO müssen die Voraussetzungen für die Anerkennung eins Versicherungsfalles (hier: Berufskrankheit) sowohl nach dem im Beitrittsgebiet geltenden Recht als auch nach der RVO erfüllt sein (Vergleiche BSG, Urteil vom 04.12.2001 - B 2 U 35/00 R).

2. Beim Tatbestand der Berufskrankheit Nr. 3101 der Anlage zur BKV tritt an die Stelle der Einwirkungen eine besondere Infektionsgefahr, die anhand der Durchseuchung des beruflichen Umfelds und der Übertragungsgefahr bei der versicherten Tätigkeit zu beurteilen ist. Die Übertragungsgefahr wird durch den Übertragungsmodus der jeweiligen Infektionskrankheit sowie die vom Versicherten nach Art, Häufigkeit und Dauer ausgeübten gefährdenden Verrichtungen bestimmt (Vergleiche BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 30/07 R).

3. Liegen eine durch die versicherte Tätigkeit bedingte besonders erhöhte Infektionsgefahr und die Infektionskrankheit vor, nimmt der Verordnungsgeber typisierend an, dass die Infektion während und wegen der Gefahrenlage erfolgte und die Krankheit wesentlich verursacht hat.

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 28. Februar 2007 und der Bescheid der Beklagten vom 25. November 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. Juni 2004 aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Hepatitis C-Infektion der Klägerin eine Berufskrankheit Nr. 60 der Berufskrankheiten-Liste der ehemaligen DDR und nach Nr. 3101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung ist.

Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Anerkennung einer Infektion mit dem Hepatitis C-Virus (HCV) als Berufskrankheit (BK).

Bei der 1967 geborenen Klägerin wurde im Rahmen einer Blutspende für das Deutsche Rote Kreuz am 17. Juni 1993 ein positiver Befund im Hinblick auf Hepatitis C-Viren erhoben. Mit einem am 15. September 2000 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben meldete die Krankenkasse der Klägerin, die Deutsche Angestellten Krankenkasse, unter Anzeige einer BK einen Erstattungsanspruch wegen einer chronischen Hepatitis C an.

Die in der Folgezeit seitens der Beklagten zur beruflichen Tätigkeit durchgeführten Ermittlungen ergaben, dass die Klägerin zunächst vom 01. September 1983 bis 31. August 1986 eine Ausbildung zur Krankenschwester an der Medizinischen Fachschule C absolviert hat. Hierbei fanden jeweils im Wechsel zwei Wochen theoretischer Unterricht und zwei Wochen praktische Ausbildung statt. Dabei durchlief die Klägerin, wie letztlich das C-Klinikum C mit Schreiben vom 04. Dezember 2002 bestätigte, von September 1983 bis August 1984 die Station Innere Medizin, von September 1984 bis August 1985 die Stationen (Unfall-) Chirurgie und Gynäkologie und in der Zeit von September 1985 bis August 1986 die Stationen Neurologie und Operationen Gynäkologie. Im Anschluss an ihre Ausbildung war die Klägerin bis 03. Juli 1987 als Krankenschwester im Bezirkskrankenhaus C tätig. Hier hatte sie nach einer Arbeitgeberauskunft des C-Klinikums C vom 25. Juli 2001 ein- bis zehnmal täglich Umgang mit Venen- und Arterienkathetern sowie Injektionskanülen, ein- bis zehnmal täglich führte sie Blutentnahmen durch, zweimal monatlich war sie bei Lumbalpunktionen tätig. Ferner versorgte sie psychisch kranke Patienten, z. B. Alkoholkranke. Bestätigt wurde ferner eine Wiederaufbereitung von Kanülen und Blutröhrchen. Nach einer Unterbrechung durch Wochenurlaub und ein Babyjahr war die Klägerin vom 01. August 1988 bis 20. Mai 1990 in der Poliklinik E beschäftigt, wo sie als Springerin in verschiedenen Arztpraxen tätig wurde. In dieser Zeit musste die Klägerin- nach ihren u. a. gegenüber dem Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) der Beklagten am 9. März 2004 gemachten und mit Datum vom 15. März 2004 von diesem ausgewerteten Angaben - einmal wöchentlich jeweils ca. 25 Blutentnahmen durchführen und anschließend Spritzen bzw. Kanülen reinigen. Zum 21. Mai 1990 wechselte die Klägerin in das Kreiskrankenhaus und Poliklinik R, wo sie jedenfalls bis Juni 1993 als Krankenschwester in der Gynäkologischen Abteilung tätig war. Hier führte sie nach den bereits genannten Feststellungen des TAD der Beklagten vom 15. März 2004 durchschnittlich dreimal täglich Blutentnahmen durch, daneben gehörten durchschnittlich zweimal täglich das Wechseln von Vorlagen nach Operationen und die Reinigung der Patienten sowie durchschnittlich zweimal täglich das Säubern und Verbinden von großen offenen Bauchwunden zu ihren Tätigkeiten.

Auf die Anzeige der BK hin ermittelte die Beklagte ferner umfangreich zu Vorerkrankungen und zu...

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