Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss einer Berücksichtigung von Anrechnungszeiten bei gleichzeitiger Anerkennung von Beitragszeiten wegen Sozialleistungsbezugs. Beitragsgeminderte Zeiten. Ungleichbehandlung. Zurechnungszeit. Besitzschutz

 

Orientierungssatz

Nach § 58 Abs. 1 S. 3 SGB 6 ist die gleichzeitige Berücksichtigung von Anrechnungs- und Beitragszeiten, die auf einer Versicherungspflicht wegen des Bezugs von Sozialleistungen beruhen, für Zeiten nach Vollendung des 25. Lebensjahres ausgeschlossen. Werden vollwertige Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet und diese entsprechend im Versicherungsverlauf berücksichtigt, so ist für die gleichzeitige Berücksichtigung von Anrechnungszeiten kein Raum.

 

Normenkette

SGB VI § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, § 54 Abs. 3, § 252 Abs. 2, § 3 S. 1 Nr. 3, § 88 Abs. 1 S. 2; GG Art. 3 Abs. 1

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. Dezember 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Gewährung einer höheren Altersrente unter Berücksichtigung zusätzlicher Anrechnungszeiten vom 1. Mai 1994 bis 31. März 1995, 1. März 1996 bis 31. August 1997, 1. Oktober 1997 bis 30. November 1997 sowie vom 1. Januar 1998 bis 31. Mai 1998 wegen des vorangegangenen Bezuges einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.

Der 1954 geborene Kläger hatte zunächst, nach einem Leistungsfall vom 1. März 1994, Rente wegen Erwerbsunfähigkeit befristet für die Zeit vom 1. Oktober 1994 bis zum 29. Februar 1996 bezogen (Rentenbescheid vom 24. März 1995), die (mit Bescheiden vom 8. Mai und 22. Juli 1998) bis zum 28. Februar 1999 weiter gewährt worden war. Bei der Berechnung der Rente war eine Zurechnungszeit von 198 Monaten (1. März 1994 bis 30. September 2010) berücksichtigt worden. Mit Bescheid vom 30. November 2005 war dem Kläger - aufgrund des Urteils des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 13. Juli 2005 (zum Az.: L 17 RJ 78/02) - Rente wegen Erwerbsunfähigkeit beginnend am 1. März 1996 und längstens bis zum 28. Februar 1999 und darüber hinaus auf Dauer bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres (Beginn der Altersrente) bewilligt worden. Der Ermittlung von 42,9058 persönlichen Entgeltpunkten hatten dabei wiederum Zurechnungszeiten in Höhe von 198 Monaten zugrunde gelegen.

Auf den Antrag des Klägers vom 14. Januar 2015 gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 23. Januar 2015 Altersrente für schwerbehinderte Menschen in Höhe von monatlich 1 227,53 Euro abzüglich eines Beitragsanteils zur Krankenversicherung in Höhe von 100,66 Euro und zur Pflegeversicherung in Höhe von 28,85 Euro monatlich (monatlicher Zahlbetrag: 1 098,02 Euro; Anzahl der persönlichen Entgeltpunkte: weiterhin 42,9058). Sie berücksichtigte bei der Rentenberechnung als beitragsgeminderte Zeiten 5 Monate (März und April 1994, April 1995, September und Dezember 1997) mit Beitragszeiten und mit Anrechnungszeiten wegen Zurechnungszeit oder Rentenbezuges und - u. a. - die Monate Mai bis Dezember 1994, Januar bis März 1995 sowie September 1996 als Monate mit Beitragszeiten und mit Anrechnungszeiten wegen Krankheit/Gesundheitsmaßnahme sowie die Monate März bis August 1996, Oktober 1996 bis August 1997 sowie Oktober bis November 1997 als Monate mit Beitragszeiten und mit Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit mit einem Gesamtleistungswert in Höhe von 80 v. H. bei der Berechnung der Rente.

Der Kläger erhob Widerspruch mit der Begründung, dass der Berechnung der Rente die bereits als Anrechnungszeiten wegen Krankheit/Gesundheitsmaßnahme bzw. wegen Arbeitslosigkeit berücksichtigten Monate zusätzlich als weitere Anrechnungszeiten wegen Rentenbezuges gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) zugrunde zu legen seien. Unbeachtlich sei, dass zeitgleich zum Bezug der Rente wegen Erwerbsminderung in diesen Zeiträumen Arbeitsentgelt, Krankengeld, Arbeitslosengeld und -hilfe bezogen worden sei. Denn nicht der (Erwerbsunfähigkeits-)Rentenbezug selbst habe zur Rentenversicherungspflicht geführt, sondern der Bezug von Arbeitsentgelt bzw. Sozialleistungen (§ 1 Satz 1 Nr. 1 und § 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VI); die für eine mögliche Anrechnungszeit relevanten Lebenssachverhalte seien rentenversicherungsrechtlich getrennt voneinander zu betrachten. Insofern scheide deshalb “nur„ die Anerkennung einer Anrechnungszeit gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 SGB VI aus, nicht aber die Berücksichtigung weiterer Anrechnungszeiten nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB VI. Außerdem seien vom 1. Mai 2014 bis zum 31. Dezember 2014 weitere Zeiten einer versicherungsfreien geringfügigen Beschäftigung zu speichern.

Mit weiterem Rentenbescheid vom 6. März 2015 berücksichtigte die Beklagte nunmehr die Zeit vom 1. Mai 2014 bis 31. Dezember 2014 als geringfügige nichtversicherungspflichtige Beschäftigung, ohne dass sich daraus an der Rentenhöhe etwas änderte.

Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Apr...

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