Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss der Berücksichtigung einer Zeit der dualen Hochschulausbildung bei zu Unrecht, aber wirksam entrichteten Pflichtbeiträgen als Anrechnungszeit

 

Orientierungssatz

1. Nach § 1 Nr. 1 SGB 6 sind versicherungspflichtig Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind.

2. Stellen sich im Rahmen eines sog. praxisorientierten dualen Studiums die berufspraktischen Phasen als Bestandteil des Studiums dar, so ist das Berufsausbildungsgesetz nicht anwendbar und infolgedessen eine betriebliche Berufsausbildung nicht gegeben.

3. Der Besuch einer Berufsakademie mit dem Ausbildungsziel zum Wirtschaftsassistenten und Diplom-Betriebswirt, gekoppelt mit einem berufspraktischen Teil in einem praxisintegrierten dualen Studium ist auf das Erreichen eines dem Hochschulabschluss vergleichbaren Abschluss gerichtet. Damit unterliegt er nicht der Versicherungspflicht.

4. Gleichwohl zu Unrecht entrichtete Pflichtbeiträge gelten nach Ablauf der Verjährungsfrist von vier Jahren nach § 27 Abs. 2 S. 1 SGB 4 als zu Recht entrichtete Pflichtbeiträge.

5. Ist danach ein und derselbe Sachverhalt bereits als Pflichtbeitragszeit anzurechnen, so scheidet wegen desselben Sachverhaltes die Berücksichtigung einer Anrechnungszeit als Hochschulausbildung aus. Der Zweck der Anrechnungszeit liegt nämlich im Ausgleich fehlender Pflichtbeiträge (Anschluss BSG Urteil vom 19. 4. 2011, B 13 R 79/09).

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 14. Mai 2013 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten eine höhere Rente wegen voller Erwerbsminderung unter Berücksichtigung der Zeit vom 1. Oktober 1990 bis 30. September 1993 zusätzlich als Anrechnungszeit wegen Hochschulausbildung, hilfsweise anstelle einer angerechneten Pflichtbeitragszeit.

Der im Januar 1970 geborene Kläger, der am 23. Mai 1990 seinen Schulbesuch mit dem Zeugnis der allgemeinen Hochschulreife beendete, schloss am 23. August 1990 mit der M-Aktiengesellschaft den Ausbildungsvertrag zur Ausbildung zum Wirtschaftsassistenten und zum Diplom-Betriebswirt (Berufsakademie) in der Fachrichtung Wirtschaftsinformatik nach dem Ausbildungsplan der Berufsakademie. In diesem Ausbildungsvertrag ist u. a. geregelt: Im Rahmen der Berufsakademie wird an der Studienakademie und in den Ausbildungsstätten (duales System) eine wissenschaftsbezogene und zugleich praxisorientierte berufliche Bildung vermittelt, deren Abschluss einem berufsqualifizierenden Hochschulabschluss gleichwertig sein soll. Gegenstand dieses Vertrages ist der Teil der Ausbildung, welcher nach dem Ausbildungsplan der Berufsakademie den betrieblichen Ausbildungsstätten obliegt (Ziffer 1.1). Die Ausbildung zum Wirtschaftsassistenten (Berufsakademie) dauert zwei Jahre, die darauf aufbauende Ausbildung zum Diplom-Betriebswirt (Berufsakademie) dauert ein weiteres Jahr. Die Ausbildung beginnt am 1. Oktober 1990 und endet am 30. September 1993 (Ziffer 1.2). Die Ausbildung wird in der Zentrale, den Werken und Niederlassungen durchgeführt (Ziffer 2.1). Folgende Ausbildungsmaßnahmen werden außerhalb der Ausbildungsstätte durchgeführt: Studium an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Baden-Württemberg (Ziff. 2.2). Die Vergütung des Auszubildenden beträgt im ersten Ausbildungsjahr DM 965, im zweiten Ausbildungsjahr DM 1.195 und im dritten Ausbildungsjahr DM 1.635. Die Vergütung wird spätestens am letzten Arbeitstag des Monats gezahlt (Ziffer 5.1). Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit in der Firma beträgt 37,0 Stunden (Ziffer 6.1).

Für die Zeit vom 1. Oktober 1990 bis 30. September 1993 wurden Pflichtbeiträge gezahlt.

In diesem Zeitraum besuchte der Kläger die Berufsakademie S, Studienakademie der Württembergischen Verwaltungs- und Wirtschafts-Akademie, die er am 23. September 1992 mit der staatlichen Prüfung zum Wirtschaftsassistenten (Berufsakademie) und am 28. September 1993 mit der staatlichen Prüfung zum Diplom-Betriebswirt (Berufsakademie) erfolgreich abschloss (Urkunde vom 30. September 1992 und Diplomurkunde vom 30.September 1993).

Nachdem er vom 19. Februar bis 15. März 2003 und vom 28. Juni bis 2. August 2004 stationäre Rehabilitationsmaßnahmen absolviert hatte, hatte ihm die Beklagte auf seinen im Dezember 2004 gestellten Rentenantrag mit Bescheid vom 4. Mai 2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung nach einem am 21. Januar 2004 eingetretenen Leistungsfall ausgehend von 65,8055 Entgeltpunkten und einem Zugangsfaktor von 0,892 ab 1. November 2004 in Höhe von einem Viertel bei 14,6746 persönlichen Entgeltpunkten, ab 1. Januar 2005 in voller Höhe bei 58,6985 persönlichen Entgeltpunkten und ab 1. April 2005 in Höhe von drei Vierteln bei 44,0239 persönlichen Entgeltpunkten bewilligt. Sie berücksichtigte die Zeit vom 1. Oktober 1990 bis 30. September 1993 als Pflichtbeitragszeit - berufliche...

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