Entscheidungsstichwort (Thema)

Waisenrentenanspruch. Weitergewährung. Teilnahme an einem Europäischen Freiwilligendienst. EFD

 

Orientierungssatz

1. Die Teilnahme an einem Europäischen Freiwilligendienst (EFD) begründet keinen Anspruch auf Weitergewährung einer (Halb-)Waisenrente nach § 48 Abs 4 S 1 Nr 2 SGB 6.

2. Der EFD stellt auch kein freiwilliges soziales Jahr iS des § 48 Abs 4 S 1 Nr 2 Buchst c SGB 6 dar (vgl LSG Berlin-Potsdam vom 19.12.2006 - L 12 RA 123/04 und LSG Celle-Bremen vom 28.10.2009 - L 2 KN 25/09).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 20.07.2011; Aktenzeichen B 13 R 52/10 R)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 12. September 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist ein Anspruch auf Halbwaisenrente aus Anlass der Teilnahme der Klägerin am Europäischen Freiwilligendienst gemäß dem Beschluss Nr. 1031/2000/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. April 2000 zur Einführung des gemeinschaftlichen Aktionsprogramms "Jugend" (EFD).

Die Klägerin ist 1986 geboren. Aus der Versicherung ihres 1996 verstorbenen Vaters bewilligte die Beklagte ihr ab dem Todestag Halbwaisenrente, zuletzt befristet bis zum 31. Juli 2005 (Ende der Schulausbildung; Bescheid vom 23. September 2004).

Im Rahmen des Verfahrens zur “Nachprüfung der weiteren Waisenrentenberechtigung„ teilte die Klägerin mit, ab 1. Oktober 2005 über die Entsendeorganisation Hessisches D. und die Aufnahmeorganisation X. (Spanien) für voraussichtlich neun Monate am EFD teilzunehmen und bat um Mitteilung, ob der Anspruch auf Halbweisenrente in dieser Zeit weiter bestehe.

Durch Bescheid vom 7. Juli 2005 lehnte die Beklagte die weitere Gewährung von Halbwaisenrente ab. Die Teilnahme am EFD werde im Gesetz nicht als Tatbestand genannt, der einen Rentenanspruch nach Vollendung des 18. Lebensjahres begründen könne.

Mit ihrem Widerspruch hat die Klägerin geltend gemacht, dass der EFD voll und ganz den gesetzlichen Kriterien des deutschen Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) entspreche. Er müsse deshalb auch so wie dieses behandelt werden und einen Anspruch auf Halbwaisenrente begründen.

Durch Widerspruchsbescheid vom 24. November 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der EFD stelle kein FSJ im Sinne des Gesetzes dar. Aus dem Umstand, dass nach Einkommensteuerrecht während des EFD ein Anspruch auf Kindergeld bestehe, lasse sich nichts anderes ableiten. Im übrigen werde der EFD auch nicht von der Entsendeorganisation finanziert, sondern von der Europäischen Union.

Mit der Klage hat die Klägerin den Anspruch weiterverfolgt. Die Auffassung der Beklagten widerspreche der Intention des Gesetzgebers, bei fortgesetzter Ausbildung auch eine Hinterbliebenenrente weiterzuzahlen. Die entsendende Organisation habe ihren Sitz in Deutschland und sei Einsatzstelle eines zugelassenen Trägers für das FSJ, nämlich der Evangelischen Kirche von K.. Sie hat eine Kopie des Fördervertrages DE-21-507-2005-R2, abgeschlossen zwischen der Deutschen Agentur für das EU-Aktionsprogramm JUGEND und dem Hessischen D. vom 13. Juni 2005 und des Anhangs V hierzu vom 27. Juni 2005 eingereicht.

Auf Anfrage des Sozialgerichts hat das Hessische D. einen EFD der Klägerin vom 15. Oktober 2005 bis zum 15. April 2006 bestätigt (Schreiben vom 9. November 2007). Ferner hat das Sozialgericht eine Auskunft der deutschen Agentur für das EU-Aktionsprogramm JUGEND eingeholt, die mit Datum des 6. Februar 2007 abgegeben wurde. Daran anschließend hat das Hessische D. mit Datum des 10. Mai 2007 eine weitere Auskunft abgegeben.

Durch Gerichtsbescheid vom 12. September 2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Halbwaisenrente über Juli 2005 hinaus bis zum 30. April 2006. Der EFD erfülle nicht die Voraussetzungen eines FSJ im Sinne des deutschen Gesetzes über die Förderung eines FSJ. Im besonderen fehle es an der für das FSJ zwingend vorgeschriebenen pädagogischen Begleitung vor, während und nach dem Dienst, die bei einem zwölfmonatigen Dienst im Ausland mindestens fünf Wochen umfassen müsse. Die von der Klägerin nach Angaben der Entsendeorganisation durchlaufenen “vielen Vorbereitungsgespräche„ und das vom 19. bis 22. September 2005 durchgeführte Ausreiseseminar reichten nicht aus.

Mit ihrer Berufung hat die Klägerin weiter geltend gemacht, dass die Voraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch erfüllt seien. Sie habe eine für die Dauer ihres EFD ausreichend lange pädagogische Begleitung erhalten. Jedenfalls aber stelle der EFD einen Spezialfall des FSJ dar. Der Gesetzgeber habe den EFD ausdrücklich fördern und nicht einschränken oder behindern wollen.

Dem Vortrag der Klägerin ist der Sache nach der Antrag zu entnehmen,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 12. September 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 7. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. November 2005 aufz...

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