Entscheidungsstichwort (Thema)

Spätaussiedlerin. Entgeltpunkte. Begrenzung. Rückwirkung. Gesetzliche Rentenversicherung: Zulässigkeit der Begrenzung der Entgeltpunkte bei der Ermittlung des Rentenanspruchs von Spätaussiedlern

 

Orientierungssatz

Die in § 22b Fremdrentengesetz geregelte Begrenzung der für Zeiten im Ausland zuerkannten Entgeltpunkt auf höchstens 25 ist auch rückwirkend rechtmäßig. Die Beschränkung der Zuerkennung von Anwartschaften auf 25 Entgeltpunkte in einem Rentenbescheid auf der Basis des § 22b Fremdrentengesetz in der bis zum Inkrafttreten des Rentenversicherungs-Nachhaltigkeitsgesetz im Jahr 2004 geltenden Fassung kann deshalb nachträglich nicht mehr wegen Unrichtigkeit des Bescheides gemäß § 44 SGB 10 angegriffen werden.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. Juni 2004 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Kosten sind für das gesamte gerichtliche Verfahren erster und zweiter Instanz nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegenüber der Beklagten im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens gegen die Begrenzung der der Berechnung ihrer Großen Witwenrente zugrunde gelegten Entgeltpunkte.

Die 1920 geborene Klägerin ist die Ehefrau des 1904 geborenen und 1957 verstorbenen A B. Die Eheleute lebten von Geburt an in der ehemaligen Sowjetunion. Die Klägerin zog am 13. Februar 1999 nach Deutschland und wurde hier als Spätaussiedlerin anerkannt. Sie legte keine Versicherungszeiten nach Bundesrecht zurück. Die Beklagte gewährte der Klägerin mit Bescheid vom 26. Oktober 1999 eine Versichertenrente unter Zugrundelegung von 21,5727 Entgeltpunkten für anrechenbare Zeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG).

Die Beklagte gewährte der Klägerin auf ihren Antrag vom 16. März 1999 mit Bescheid vom 25. November 1999 eine Große Witwenrente und legte hierbei 3,4273 von 14,0510 Entgeltpunkten für nach dem FRG anrechenbare Zeiten zugrunde, weil die Entgeltpunkte nach § 22b FRG auf den Höchstwert von insgesamt 25 Entgeltpunkten zu begrenzen seien.

Am 25. Oktober 2002 beantragte die Klägerin die Neufeststellung ihrer Witwenrente. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 29. Oktober 2002 und der Begründung ab, dass entgegen der im Urteil des Bundessozialgerichts ≪BSG≫ vom 30. August 2001 - B 4 RA 118/00 R - vertretenen Auffassung die Begrenzung beider Renten auf zusammen 25 FRG-Entgeltpunkte aus § 22b FRG folge. Die Klägerin erhob am 05. November 2002 Widerspruch. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26. November 2002 zurück.

Die Kläger hat ihr Begehren mit der am 21. Dezember 2002 zum Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt. Das SG hat die Beklagte mit Urteil vom 17. Juni 2004 unter Aufhebung ihres Bescheids vom 29. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. November 2002 verurteilt, den Bescheid vom 25. November 1999 zurückzunehmen, soweit darin bei der Berechnung der Hinterbliebenenrente die Summe der anrechenbaren Entgeltpunkte nach dem FRG auf 3,4273 Entgeltpunkte begrenzt wurde. Es hat zur Begründung ausgeführt, dass der Witwenrentenbescheid rechtswidrig sei, weil bei der Berechnung der Rente zu Unrecht unter Bezugnahme auf § 22b Abs. 1 S. 1 FRG alter Fassung (a.F.), eingefügt durch Art. 3 Nr. 5 des Gesetzes zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung (Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz ≪WFG≫) vom 25. September 1996 (BGBl. I S. 1461) und in Kraft getreten am 07. Mai 1996 (Art. 12 Abs. 2 WFG), eine Begrenzung der Entgeltpunkte vorgenommen worden sei. Es sei insofern der Rechtsprechung des BSG im vorgenannten Urteil vom 30. August 2001 zu folgen. Soweit sich die Beklagte auf § 22b FRG in der Fassung von Art. 8 Nr. 2 des Rentenversicherungs-Nachhaltigkeitsgesetzes (RVNG) vom 21. Juli 2004 (BGBl. I S. 1791) berufe, ergebe sich kein anderes Ergebnis, weil das Gesetz zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch nicht in Kraft getreten sei.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 19. November 2004 zugestellte Urteil am 07. Dezember 2004 Berufung eingelegt. Sie ist der Meinung, dass § 22b Abs. 1 FRG neuer Fassung (n.F.) unmissverständlich zum Ausdruck bringe, dass eine gemeinsame Begrenzung aller Renten eines Berechtigten auf insgesamt 25 Entgeltpunkte aus Zeiten nach dem FRG vorzunehmen sei. Da der Neufassung des § 22b Abs. 1 FRG gemäß Art. 15 Abs. 3 RVNG ausdrücklich Rückwirkung beigemessen worden und diese demnach mit Wirkung vom 07. Mai 1996 in Kraft getreten sei, sei § 22b Abs. 1 FRG n.F. auch auf den vorliegenden Sachverhalt anzuwenden, wofür auch auf die Gesetzesbegründung hinzuweisen sei. Schließlich ergebe sich aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 21. Juli 2010 - 1 BvL 11/06, 1 BvL 12/06, 1 BvL 13/06, 1 BvR 2530/05 -, dass die rückwirkende Neufassung des § 22b Abs. 1 FRG durch das RVNG verfassungsgemäß sei und diese gesetzliche Neuregelung insbesondere ni...

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