Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Anspruch einer alleinerziehenden Versicherten auf Gewährung von Haushaltshilfe

 

Orientierungssatz

Eine alleinerziehende Versicherte hat einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für eine Haushaltshilfe, wenn sie für diese Zeit eine ärztliche Bescheinigung vorlegt, dass sie wegen der Erkrankung nicht in der Lage war, ihren Haushalt mit zwei minderjährigen Kindern weiterzuführen.

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 02. Dezember 2016 sowie der Bescheid der Beklagten vom 23. Januar 2013 in der Fassung des Bescheides vom 13. Mai 2013 und des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2014 aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin die Kosten für die selbst beschaffte Haushaltshilfe in der Zeit vom 01. Februar 2013 bis zum 23. Juni 2013 in Höhe von 7.713,00 Euro zu erstatten.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Instanzen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Erstattung von Kosten einer selbst beschafften Haushaltshilfe für den Zeitraum vom 01. Februar 2013 bis zum 23. Juni 2013 in Höhe von insgesamt 7.713,00 €.

Die Klägerin ist 1966 geboren und versichertes Mitglied der Beklagten. Sie ist alleinerziehende Mutter von zwei Kindern, die 2005 und 2007 geboren wurden. Sie bezieht nach mehrfachen Operationen an der Wirbelsäule seit 1992 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Seit 2009 war ein Grad der Behinderung von 70 und Merkzeichen „G“ anerkannt, seit dem 26. April 2013 ist ein Grad der Behinderung von 80 mit den Merkzeichen „G“, „B“, „aG“ und „T“ festgestellt (u.a. aufgrund Versteifung von Wirbelsäulenabschnitten und Rückenmarkschädigung, Bescheid des Landesamtes für Gesundheit und Soziales vom 26. April 2013).

Die Klägerin erlitt am 10. Juli 2012 infolge eines Treppensturzes Wirbelfrakturen an zwei Halswirbeln (HWK 5 und 7) sowie an drei Brustwirbeln (BWK 3, 4 und 5). Auf ihren Antrag auf Haushaltshilfe bewilligte die Beklagte für den Zeitraum ab dem 26. Juli 2012 Haushaltshilfe im Umfang von täglich 8 Stunden zunächst bis zum 30. September 2012, dann ab dem 01. Oktober 2012 bis zum 31. Dezember 2012 im Umfang von täglich 6 Stunden (Bewilligung zuletzt vom 4. Dezember 2012). Dies beruhte jeweils auf ärztlichen Verordnungen, die auf dem entsprechenden Vordruck für die Klägerin „häusliche Krankenpflege im Umfang von 8 Stunden an 7 Tagen pro Woche“ verordneten (Verordnungen vom 26. Juli 2012, 23. August 2012, 21. September 2012, 22. Oktober 2012, 26. November 2012: noch bis zu 6 Stunden pro Tag/7 Tage). Mit Bescheid vom 23. Januar 2013 bewilligte die Beklagte für die Zeit vom 01. Januar 2013 bis zum 31. Januar 2013 Haushaltshilfe in Höhe von 8,25 € je Stunde, höchstens 66,00 € täglich. Ab dem 01. Februar 2013 werde keine weitere Haushaltshilfe gezahlt.

Die Klägerin teilte (am 30. Januar 2013 und am 11. März 2013 sowie 25. März 2013 und 10. April 2013) mit, dass es im Januar 2013 zu einer Verschlechterung ihrer gesundheitlichen Situation gekommen sei, vor allem einer Verschlechterung des Schmerzbildes, wohl infolge der Reduzierung der Haushaltshilfe im Januar 2013. Sie sei zwischenzeitlich in schmerztherapeutischer Behandlung. Sie bat u.a. um Mitteilung, ob es möglich wäre, ihr anstelle des derzeit manuell-betriebenen Rollstuhls vorübergehend einen elektrischen Rollstuhl zur Verfügung zu stellen. Dem kam die Beklagte nach und bewilligte ihr Ende Februar 2013 einen elektrischen Rollstuhl.

Der behandelnde Orthopäde TK (Gemeinschaftspraxis mit Dr. L) verordnete auch für den Zeitraum ab dem 01. Februar 2013 bis zum 28. Februar 2013 häusliche Krankenpflege im Umfang von bis zu 8 Stunden täglich, ab dem 01. März 2013 bis zum 23. Juni 2013 im Umfang von täglich 6 Stunden teilweise wegen „starker Mobilitätseinschränkung“ (7 Tage pro Woche, zuletzt bescheinigt durch Dr. N, Facharzt für Neurologie, für die Zeit dem 01. Mai 2013 bis zum 23. Juni 2013).

Die Beklagte veranlasste ein sozialmedizinisches Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 29. April 2013 nach Aktenlage (Frau Dr. B). Danach zeigten sich anhand der MRT-Kontrollen, zuletzt vom Dezember 2012, konstante Befunde zu den Voraufnahmen, keine zunehmende Höhenverminderung und ein abnehmendes Knochenödem, so dass von einer regelgerechten Knochenbruchheilung ausgegangen werden könne. Eine akute schwere Erkrankung liege nicht mehr vor. Zur Frage, ob ab Februar 2013 aufgrund von psychosomatischen Begleitumständen weiter Haushaltshilfe notwendig sei, stellte die Gutachterin fest: Die fortbestehenden WK-Höhenminderungen seien als Dauerschaden nach Fraktur anzusehen und damit chronisch. Psychosomatische Beschwerden könnten nicht den Tatbestand einer akuten schweren Erkrankung begründen, sondern allenfalls ein chronisches Krankheitsgeschehen, welches beschwerdeverstärkend wirke. Es stehe außer Frage, dass die Klägerin Rückenbeschwerden habe und daher auch nicht in der Lage sei, ihre Kinde...

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