Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung: Vorliegen einer Berufskrankheit bei Lungenkrebs eines als Kraftfahrer tätigen Versicherten, der mit dem Transport und der Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln beschäftigt war

 

Orientierungssatz

1. Kann über die versicherte Tätigkeit eines Versicherten lediglich ermittelt werden, dass er bei der Ausübung Kontakt zu Dünge- und Pflanzenschutzmitteln hatte, jedoch nicht, wie oft der Versicherte es mit welchen Mengen dieser Mittel zu tun hatte und aus welchen Inhaltsstoffe diese genau zusammengesetzt waren, ist damit die konkrete Einwirkung gefährdender Stoffe auf den Versicherten nicht belegbar und der erforderliche Vollbeweis für die Einwirkung von Schadstoffen nicht erbracht.

2. Ist eine Erkrankung (hier Lungenkrebs) nicht in den Gruppen von Berufskrankheiten (hier: BK aus Gruppe 11 bzw. 13) enthalten, die durch Stoffe, mit denen der Beschäftigte während seiner Tätigkeit in Kontakt kam, ausgelöst werden können, ist der ursächliche Zusammenhang zwischen der beruflich bedingten Einwirkung und der Erkrankung des Versicherten nicht gegeben.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 10. Februar 2011 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Anerkennung einer Lungenkrebserkrankung des verstorbenen Ehemannes der Klägerin - H M - (Versicherter) als Berufskrankheit (BK) der Gruppe 11 bzw. der Gruppe 13 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) und die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen.

Der 1949 geborene Versicherte und Ehemann der Klägerin absolvierte vom 01. September 1963 bis zum 31. Dezember 1965 eine Maurerlehre. Anschließend war er bis zum 30. September 1973 als Maurer beim VEB Bau (K) K beschäftigt. Im Anschluss arbeitete er bis zum 30. September 1976 als Anlagenwärter bei der Wasserwirtschaftsdirektion H. Ab dem 11. Oktober 1976 bis zum 19. August 1990 war er beim Agrochemischen Zentrum (ACZ-ZBE) in N/D als Kraftfahrer beschäftigt. In den folgenden Jahren arbeitete er in verschiedenen Betrieben als Maurer bzw. Maschinist bzw. Bauwerker. Nach einer im Juli 2002 aufgetretenen auffälligen, nicht schmerzhaften Schwellung des rechten Halses wurde bei ihm im August 2002 ein nicht-kleinzelliges Bronchialkarzinom des rechten Unterlappens (Tumorstadium T2 N3 M1) mit mediastinalen und rechts cervikalen Lymphknotenmetastasen festgestellt. Histologisch wurde ein undifferenziertes Adenokarzinom gesichert. Nach Bestrahlung und Chemotherapie verstarb der Versicherte am 10. April 2003 an den Folgen des inoperablen Karzinoms.

Mit Schreiben vom 26. Februar 2007 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Anerkennung einer BK. Der Versicherte sei beim ACZ-ZBE ausschließlich mit dem Transport von Düngemitteln und Chemikalien für die Landwirtschaft beschäftigt gewesen. Sie legte Kopien des Schwerbehindertenausweises des Versicherten (Grad der Behinderung von 80 ab dem 27. September 2002) sowie der Sozialversicherungsausweise (SVA) vor.

Die Beklagte zog zunächst die ärztlichen Unterlagen des Fachkrankenhauses für L und T (FLT; u. a. Epikrise vom 12. September 2002) und die beim Landesamt für Arbeitsschutz archivierten Betriebsunterlagen der ehemaligen Wasserwirtschaftsdirektion N/D sowie des VEB (K) Bau K (telefonische Negativanzeige betreffend das ACZ-ZBE unter dem 25. Mai 2007) bei.

Außerdem holte sie Stellungnahmen der Abteilung Prävention der Unfallkasse des Bundes vom 16. Mai 2007 (zur Frage einer Asbestexposition bei der Wasserwirtschaftsdirektion) und der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG Bau) vom 10. bzw. 18 Juli 2007 sowie 19. bzw. 26. November 2007 (worst-case-Exposition gegenüber Asbest im Umfang von 0,4 Faserjahren), ärztliche Berichte des behandelnden Arztes Dr. R vom 29. Mai 2007 sowie 31. Juli 2007 nebst weiteren medizinischen Unterlagen, des Chefarztes der Klinik für Strahlentherapie der R Kliniken - Dr. B - vom 25. Juni 2007 und der Chirurgin Dipl.-Med. H vom 30. Juli 2007, eine ärztliche Auskunft der R-R-Klinik vom 25. Mai 2007 mit dem Hinweis auf eine jahrzehntelange Raucheranamnese des Versicherten nebst weiteren medizinischen Unterlagen sowie ein Vorerkrankungsverzeichnis der CityBKK ein. Darüber hinaus veranlasste sie eine beratungsfachärztliche Stellungnahme des Dr. T vom 11. Juli 2007, wonach sich weder in den medizinischen Unterlagen noch in den Röntgenbildern Hinweise für eine Asbestose fänden.

Im Rahmen der Klärung der Zuständigkeit verwies die Betriebsabteilung der Beklagten unter Bezugnahme auf eine Auskunft des Zeugen K A vom 01. August 2007 (Einsatz des Versicherten zu 80% bei der Ausbringung von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln einschließlich Zwischenlagerung und Umschlag) darauf, dass die Beigeladene der zuständige Unfallversicherungsträger. Die Beigeladene hielt jedoch ihre Zuständigkeit nicht für erkennbar. Aus den Ermittlungsergebnissen gehe hervor, dass der Versicherte mit dem Transport von Düngemitteln und C...

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