Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Arzneimittelversorgung. kein Anspruch auf Versorgung mit dem Medizinprodukt Granudacyn

 

Leitsatz (amtlich)

Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) haben keinen Anspruch auf Versorgung mit dem Medizinprodukt Granudacyn.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24.09.2021 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig ist die Kostenerstattung und -übernahme für das Medizinprodukt Granudacyn Wundspüllösung.

Die 1952 geborene und bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Klägerin leidet an einer Wundheilungsstörung an beiden Füßen. Die Behandlung erfordert unter anderem die Versorgung der Wunden durch einen ambulanten Pflegedienst, der die Wunden desinfiziert und neu verbindet. Seit März 2020 stellt der behandelnde R Privatrezepte für Granudacyn Wundspüllösung aus, die von der Klägerin seither aus eigener Tasche bezahlt werden.

Mit Schreiben vom 05.06.2020 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Kostenerstattung für die bereits angefallenen Kosten sowie die Versorgung mit der Wundspüllösung in der Zukunft. Beides lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24.06.2020 ab mit der Begründung, Granudacyn Wundspüllösung sei nicht in Anlage 5 der Arzneimittelrichtlinien (AM-RL) aufgeführt.

Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und verwies auf die notwendige Versorgung der Wunden zur Vermeidung einer Infektionsgefahr mit schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen. Verbandsmaterial und Desinfektionsmittel seien notwendiger Bedarf, der zwingend von der Kasse zu übernehmen sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 02.12.2020 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück unter Wiederholung ihrer bisherigen Begründung. Ergänzend wurde ausgeführt, es fehle auch an einer Arzneimittelverordnung (Kassenrezept) durch einen Vertragsarzt. Dieser habe nur Privatverordnungen ausgestellt.

Am 21.12.2020 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und ergänzend vorgetragen, ein anderes, vergleichbares Präparat sei nach Auskunft der behandelnden Ärzte nicht verfügbar. Sie hat ein ärztliches Attest des R vom 25.06.2020 vorgelegt, wonach die Klägerin seit Monaten unter Ulcera cruris beidseits mit nur minimaler Abheilungstendenz leide. Zweimal sei deshalb auch eine stationäre Behandlung in der Hautklinik H erfolgt. Weiterhin seien ständige Verbandswechsel erforderlich, dies erfolge auch mit Unterstützung einer Wundmanagerin. Die Wunden würden regelmäßig mit Granudacyn Wundspüllösung eingeweicht (20 Minuten) und gesäubert, diese antiseptische Wundreinigung sei von der Hautklinik empfohlen worden. Die Kosten für die Granudacyn Wundspüllösung sollten deshalb von der Kasse übernommen werden.

Mit Gerichtsbescheid vom 24.09.2021 hat das SG die Klage abgewiesen. Die begehrte Granudacyn Wundspüllösung sei als Medizinprodukt zugelassen. Nach § 27 Abs 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) hätten Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig sei, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Der Anspruch umfasse nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB V auch die Versorgung mit Arzneimitteln. Gemäß § 31 Abs 1 Satz 2 SGB V würden auch Medizinprodukte ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung miteinbezogen. Danach habe der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) in Richtlinien festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt seien, ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen seien. In dieser Richtlinie - der Übersicht der verordnungsfähigen Medizinprodukte in Anlage V zur Arzneimittelrichtlinie - sei die Wundspüllösung Granudacyn nicht aufgeführt. Diese Übersicht sei abschließend (§ 27 Abs 8 Satz 1 Arzneimittelrichtlinie). Vorgesehen zur Verordnung in Anlage 5 der Arzneimittelrichtlinie seien lediglich zwei Wundspüllösungen: Ringer B. Braun (zur Spülung von Wunden und Verbrennungen) sowie Ringer Fresenius Spüllösung (zur Wundspülung bei äußeren Traumen und Verbrennungen). Eine Ausnahmesituation aufgrund einer lebensbedrohlichen oder damit gleichzustellender Erkrankung im Sinne von § 2 Abs 1a SGB V liege ersichtlich nicht vor und werde von der Klägerin auch nicht geltend gemacht. Bestehe kein Anspruch auf Versorgung mit dem begehrten Produkt, scheide auch ein Erstattungsanspruch gem § 13 SGB V aus.

Gegen den am 01.10.2021 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 13.10.2021 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingereicht. Ergänzend zur bisherigen Begründung ist ausgeführt worden, die im Arzneimittelkatalog erwähnten Wundspüllösungen seien für die Versorgung der bei der Klägerin vorliegenden Wunden nicht geeignet, da diese nicht an Verbrennungen, sondern einer infektiösen Wundheilungsstörung aufgrund eines Kra...

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