Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. freiwilliges Mitglied. Beitragsbemessung. Berücksichtigung von Einnahmen des selbständig tätigen und privat krankenversicherten Ehegatten. Zulässigkeit einer vorläufigen Beitragsfestsetzung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Satzungsbestimmung einer Krankenkasse, dass Einnahmen des Ehegatten eines freiwillig Versicherten unberücksichtigt bleiben, wenn dieser “bei einer Krankenkasse versichert„ ist, ist hinreichend bestimmt. Sie erfasst nur solche Ehegatten, die bei einer gesetzlichen Krankenkasse, nicht solche die privat krankenversichert sind.

2. Ob eine vorläufige Beitragsfestsetzung zulässig ist, wenn nicht der freiwillig Versicherte selbst, sondern sein Ehegatte selbstständig tätig ist, ist zweifelhaft. Sie steht jedoch einer endgültigen Festsetzung nicht entgegen, wenn der unter Vorbehalt ("vorläufig") ergangene Beitragsbescheid bestandskräftig geworden ist.

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. Juli 2008 sowie der Bescheid der Beklagten zu 1 vom 15. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. September 2005 abgeändert, soweit darin Beiträge zur Pflegeversicherung festgesetzt worden sind. Im Übrigen werden die Berufungen zurückgewiesen und die Klage gegen den Bescheid vom 9. Dezember 2008 abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe der Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung im Zeitraum 1. Januar 2002 bis 31. Dezember 2003, insbesondere unter Berücksichtigung des Einkommens des Ehemanns der Klägerin.

Die 1944 geborene Klägerin war bis 31. Dezember 2001 aufgrund einer Beschäftigung in der Arztpraxis ihres Ehemannes bei den Beklagten pflichtversichert. Von 1. Januar 2002 bis 31. Dezember 2003 war sie bei der Beklagten zu 1 (Krankenkasse) freiwillig versichert und deswegen auch bei der Beklagten zu 2 (Pflegekasse) versichert. In ihrem Antrag zur freiwilligen Versicherung wies die Klägerin darauf hin, dass die Berufsunfähigkeit ihres Ehemannes von der Ärzteversorgung T. noch nicht anerkannt worden sei und sie deswegen keine Angaben zu dessen Vorsorgungsbezügen machen könne. Die Einkünfte ihres Ehemanns gab sie mit jährlich 45.600,00 € aus Versorgungsbezügen, monatlich 1.100,00 € negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie jährlich 2.490,00 € aus Kapitalerträgen an.

Mit Bescheid vom 4. Februar 2002 setzte die Beklagte zu 1 die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung vorläufig auf insgesamt 203,74 € fest. Mit weiterem Bescheid vom 27. Februar 2002 setzte sie die Beiträge ab 1. April 2002 vorläufig auf 185,62 € für die Kranken- und 25,66 € für die Pflegeversicherung, damit insgesamt auf 211,28 € fest. Man habe die Beiträge nach den vorliegenden Unterlagen vorläufig berechnet und benötige für die endgültige Festlegung des Beitrags amtliche Nachweise in Form von Einkommensteuerbescheiden bzw. Einkommensteuervorauszahlungsbescheiden.

Nachdem die Klägerin in der Folgezeit die angeforderten Nachweise nicht vorgelegt hatte, holte die Beklagte zu 1 eine Bescheinigung des Finanzamts N. über die Bruttoeinkünfte der Klägerin und ihres Ehemannes im Jahr 2002 ein. Die Bescheinigung nahm Bezug auf den Einkommensteuerbescheid vom 24. November 2004 und wies Einkünfte der Ehegatten wie folgt aus:

Ehemann

Ehefrau

Einkünfte aus selbstständiger Arbeit/Gewerbetrieb

121.180 €

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung

 - 614 €

Einkünfte aus Kapitalvermögen

 7.844 €

1.304 €

Sonstige Einkünfte

 4.110 €

Mit Bescheid vom 15. Dezember 2004 nahm die Beklagte zu 1 eine endgültige Beitragseinstufung für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis 31. Dezember 2003 vor. Entsprechend § 10 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe d ihrer Satzung (Stand Januar 2002, AS 9 ff der Akte des Sozialgerichts) ging die Beklagte zu 1 von jährlichen Einkünften des Ehemannes der Klägerin in Höhe von 133.134,00 € (monatlich 11.094,50 €) aus und zog hiervon einen Kinderfreibetrag in Höhe von 1/3 der monatlichen Bezugsgröße (= 781,67 € im Jahr 2002) ab, was einen Betrag in Höhe von 10.312,83 € ergab. Die Hälfte hiervon (5.156,42 €) überschritt die Beitragsbemessungsgrenze von 3.375,00 €, so dass diese maßgeblich war. Ab dem 1. Januar 2003 wurde aufgrund einer Satzungsänderung (Satzung vom April 2003, AS 24 ff der Akte des Sozialgerichts) das zu berücksichtigende Einkommen des Ehegatten auf die Beitragsbemessungsgrenze (3.345,00 €) begrenzt. Somit ergab sich nach Abzug des Kinderfreibetrages (2003 = 793,33 €) ein Beitrag in Höhe von insgesamt 258,74 € und vom 1. April bis 31. Dezember 2003 in Höhe von insgesamt 274,28 €. Damit ergaben sich folgende Beiträge:

Zeit vom 1. Januar bis 31. März 2002:

Zeit vom 1. April bis 31. August 2002:

Krankenversicherung:

398,26 €  

Krankenversicherung:

415,12 €

Pflegeversicherung

 57,38 €  

Pflegeversicherung

 57,38 €

Insgesamt

455,64 €  

Insgesamt

472,50 €

Zeit vom 1. September bis 31. Dezember 2002:

Zeit vom 1. Ja...

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