Entscheidungsstichwort (Thema)

Wiedereinstellung einer Sachbearbeiterin bei der Bundesagentur für Arbeit nach Tätigkeit in kommunalem Jobcenter. Wegfall tariflicher Funktionsstufe bei Zuweisung einer neuen Tätigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

§ 6c Abs. 5 Satz 3 SGB II findet weder direkt, noch analog Anwendung, wenn eine Optionskommune von ihrem Recht Gebrauch macht, ein gemäß § 6c Abs. 1 Satz 1 SGB II kraft Gesetzes auf sie übergegangenes Arbeitsverhältnis im Rahmen der 10%-Regelung (§ 6c Abs. 1 Satz 3 SGB II) wieder zur Verfügung zu stellen und der Arbeitnehmer infolgedessen bei erklärtem Einverständnis nach § 6c Abs. 1 Satz 4 SGB II von der Bundesagentur wiedereingestellt wird.

 

Normenkette

BGB § 615; SGB II §§ 44g, 6c Abs. 1 Sätze 1, 3-4, Abs. 5 S. 3; TV-BA §§ 14, 20; BGB § 611 Abs. 1; ZPO § 256 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Entscheidung vom 30.10.2013; Aktenzeichen 4 Ca 656/13)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 24.09.2015; Aktenzeichen 6 AZR 511/14)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - 4 Ca 656/13 - vom 30. Oktober 2013 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um einen Anspruch der Klägerin auf Beibehaltung einer tariflichen Funktionsstufe nach der Übertragung einer neuen Tätigkeit im Zusammenhang mit einer Wiedereinstellung nach § 6c Abs. 1 Satz 4 SGB II.

Nach einer befristeten Anstellung seit 01. September 2006 stand die Klägerin ab 01. April 2008 als vollbeschäftigte Mitarbeiterin unbefristet in Diensten der Beklagten. Das Arbeitsverhältnis bestimmte sich gemäß § 2 des zugrundeliegenden Arbeitsvertrages vom 01. April 2008 (Bl. 7 f. d. A.) nach dem Tarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der C. (TV-BA), den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Verträgen in der jeweils geltenden Fassung und den jeweils für die Beklagte geltenden sonstigen Tarifverträgen für das Tarifgebiet West. Nach § 4 des Arbeitsvertrages vom 01. April 2008 war die Klägerin in Tätigkeitsebene IV (§ 14 TV-BA) eingruppiert und zum Zeitpunkt der Einstellung der Entwicklungsstufe 3 zugeordnet; § 5 des Vertrages lautete wie folgt:

"§ 5

Der Arbeitsvertrag begründet keinen Anspruch auf Verwendung auf einem bestimmten Arbeitsplatz oder in einem bestimmten Aufgabengebiet. Das Recht des Arbeitgebers, der Beschäftigten innerhalb der Tätigkeitsebene eine andere Tätigkeit zu übertragen wird auch durch eine lang währende Verwendung der Beschäftigten auf demselben Arbeitsplatz nicht eingeschränkt.

Mit der Übertragung einer anderen Tätigkeit oder einer zusätzlichen Aufgabe/Funktion bzw. deren Widerruf kann das Hinzutreten bzw. der Wegfall einer Funktionsstufe verbunden sein. ..."

Seit Beginn ihrer Tätigkeit war die Klägerin ununterbrochen als Sachbearbeiterin der Bearbeitungsstelle SGG im Bereich SGB II - Widerspruchsstelle - mit Dienstort Jobcenter M-B in I eingesetzt. Sie wurde nach Tätigkeitsebene IV, Funktionsstufe 2 vergütet. Zum 01. Januar 2011 wurde das Arbeitsverhältnis in die gemeinsame Einrichtung des Job-Centers M-B überführt. Der Landkreis M-B wurde mit Wirkung zum 01. Januar 2012 als kommunaler Träger (Optionskommune) des Jobcenters M-B zur alleinigen Wahrnehmung der Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitssuchende zugelassen. Der Landkreis M-B machte von seinem Recht Gebrauch, das Arbeitsverhältnis der Klägerin im Rahmen der 10%-Regelung nach § 6c Abs. 1 Satz 4 SGB II wieder zur Verfügung zu stellen. Die Klägerin wurde mit einem bei ihr am 08. November 2011 eingegangenen Schreiben aufgefordert, ihrer Rückkehr zur Beklagten im Rahmen der 10%-Regelung bis zum 09. November 2011 zuzustimmen. Die Klägerin erklärte ihre Bereitschaft zur Wiedereinstellung bei der Beklagten.

Auf Nachfrage der Klägerin, wie ihr Einsatz ab 01. Januar 2012 aussehen solle, teilte der für die Jobcenter M, W und A-W zuständige Personalberater P mit Email vom 10. November 2011 mit, es sei ein Einsatz im SGG-Bereich im Jobcenter W geplant. Nach Rücksprache mit dem Geschäftsführer des Jobcenters W ergab sich, dass dort keine Sachbearbeiterin SGG, sondern eine Sachbearbeiterin im Ordnungswidrigkeitenbereich benötigt werden würde. Auf Wunsch der Klägerin, der an einem weiteren Einsatz als Sachbearbeiterin SGG im Bereich SGB II dringend gelegen war, kam es am 24. November 2011 zu einem Gespräch mit dem Personalberater P, in dem sie ihm mitteilte, unter den gegebenen Voraussetzungen die Stelle nicht annehmen zu wollen. Der Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit M teilte der Klägerin daraufhin mit Email vom 28. November 2011 (Bl. 89 d. A.) ua. mit, da derzeit keine Stelle im SGG-Bereich frei sei, erscheine der Ansatz in der Ordnungswidrigkeiten-Sachbearbeitung aus seiner Sicht naheliegend; für den Fall, dass sich in nächster Zeit eine Möglichkeit im SGG-Bereich ergeben sollte - im Hinblick auf die Neuorganisation eventuell schon in 2012 - würden die Kompetenzen der Klägerin bei der notwendigen Auswahl natürlich berücksichtigt. Der Geschäftsführer erklärte w...

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