Entscheidungsstichwort (Thema)

Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit. Anhebung der Altersgrenze. Vertrauensschutzregelung. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

Die Anhebung der Altersgrenze für die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit nach Maßgabe des § 237 Abs 3 SGB 6 und sein Ausschluss von der Ausnahmeregelung nach § 237 Abs 4 SGB 6 verstößt nicht gegen das GG (Anschluss an BSG vom 25.2.2004 - B 5 RJ 44/02 R = BSGE 92, 206 = SozR 4-2600 § 237 Nr 1, BSG vom 7.7.2004 - B 8 KN 3/03 R = SozR 4-2600 § 237 Nr 3 und BSG vom 5.8.2004 - B 13 RJ 40/03 R = SozR 4-2600 § 237 Nr 6).

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 16. Dezember 2004 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist der Zugangsfaktor bei der dem Kläger bewilligten Altersrente wegen Arbeitslosigkeit streitig. Der Kläger begehrt die Gewährung dieser Altersrente unter Zugrundelegung der Vorschriften des Rentenreformgesetzes 1992 (RRG 1992).

Der ... 1941 geborene Kläger war zuletzt bei der Fa. B GmbH in F beschäftigt. Nach seinen Angaben schloss er am 19. September 1995 mit seinem letzten Arbeitgeber eine Vorruhestandsvereinbarung in Form eines Aufhebungsvertrages zum 31. Dezember 1995 ab. Ab dem 1. Januar 1996 war der Kläger arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld in Höhe von damals 564,00 DM wöchentlich. Ab 1. Januar 1998 betrug der wöchentliche Leistungssatz 575,26 DM (2.492,79 DM monatlich). Vom 29. August 1998 bis zum 31. März 2001 bestand Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug. Nach einem Studium an der Fernuniversität H erwarb der Kläger am 6. Februar 1998 den akademischen Grad eines Diplom-Kaufmanns.

Am 25. September 2000 beantragte der Kläger die Gewährung von Altersrente wegen Arbeitslosigkeit mit Vollendung des 60. Lebensjahres.

Durch Bescheid vom 23. März 2001 gewährte die Beklagte dem Kläger Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit ab 1. April 2001 in Höhe von 2.188,71 DM monatlich. Nach der Anlage 6 des Bescheides wurde bei der Rentenberechnung der Zugangsfaktor von 1,0 wegen vorzeitiger Inanspruchnahme der Rente um 0,153 (51 Kalendermonate x 0,003) auf 0,847 vermindert. Dementsprechend trat eine Minderung der persönlichen Entgeltpunkte von 52,7438 auf 44,6740 ein. Die Rentenminderung betrug danach 15,3 %.

Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, er habe die Vorruhestandsvereinbarung zum 31. Dezember 1995 unter der Prämisse getroffen, dass er ab dem 60. Lebensjahr die volle Altersrente erhalten werde. Darauf habe er berechtigterweise vertrauen können. Die Bestimmungen über die Anhebung der Altersgrenzen durch das Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz vom 25. September 1996 seien verfassungswidrig. Die Bestimmungen enthielten einen Verstoß gegen Artikel 14 Grundgesetz (GG) und gegen Artikel 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsgebot. Durch die Regelungen des Rentenreformgesetzes 1992 habe der Gesetzgeber einen besonderen Vertrauenstatbestand geschaffen. Dieses Vertrauen sei durch die Bestimmungen des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes enttäuscht worden.

Durch Widerspruchsbescheid vom 3. September 2001 wurde der Widerspruch mit der Begründung zurückgewiesen, im Ergebnis seien alle nachgewiesenen bzw. glaubhaft gemachten Beitrags- und Anrechnungszeiten in gesetzlich festgelegtem Umfang berücksichtigt worden. Die Rentenberechnung selbst entspreche den gesetzlichen Vorschriften. Der Zugangsfaktor sei bei Entgeltpunkten, die noch nicht Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer Rente wegen Alters gewesen seien, für jeden Kalendermonat, für den Versicherte eine Rente vorzeitig in Anspruch nehmen, um 0,003 niedriger (§ 77 Abs. 2 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch (SGB VI)). Aus der Tabelle der Anlage 19 zum SGB VI gehe hervor, um wie viele Monate die Altersgrenze von 60 Jahren angehoben werde. Danach betrage die Anhebung für Versicherte, die wie der Kläger im Monat März des Jahres 1941 geboren seien, 51 Monate. Multipliziert mit dem Wert von 0,003 betrage die Minderung 0,153, so dass sich zutreffend ein Zugangsfaktor von 0,847 ergebe.

Mit seiner Klage machte der Kläger geltend, die Bestimmungen über die Anhebung der Altersgrenzen durch das WFG seien verfassungswidrig. Die Normen verstießen gegen Artikel 14 Abs. 1 GG und gegen Artikel 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsgebot, da der Gesetzgeber mit den Bestimmungen des WFG über die beschleunigte Anhebung der Altersgrenzen einen entwertenden Eingriff vorgenommen habe, mit dem der Kläger nicht habe zu rechnen brauchen. Mit den Regelungen des RRG 1992 habe der Gesetzgeber einen besonderen Vertrauenstatbestand geschaffen. Nach dem RRG 1992 hätte die Rentenminderung aufgrund seines Geburtsmonats gemäß § 41 Abs. 1 SGB VI 0,3 % betragen. Durch das Gesetz zur Förderung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand vom 23. Juli 1996 sei die Anhebung der Altersgrenz...

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