Leitsatz (amtlich)

Eine im Jahr 1983 anzuwendende Bestimmung in Richtlinien einer Kassenärztlichen Vereinigung, nach der bei bestimmten Laboratoriumsuntersuchungen die Anwesenheit des Arztes verlangt wurde, verstieß insoweit weder gegen einfaches Bundesrecht noch gegen die Verfassung, wenn sie nicht willkürlich war.

 

Normenkette

RVO § 368n Abs 1; BMÄ Nr 3798; RVO § 368n Abs 6; E-GO Nr 3798; GG Art 12; GG Art 3 Abs 1

 

Verfahrensgang

LSG Hamburg (Entscheidung vom 17.04.1985; Aktenzeichen II KABf 1/85)

SG Hamburg (Entscheidung vom 31.10.1984; Aktenzeichen 3 KA 66/84)

 

Tatbestand

Streitig sind die Anforderungen an bestimmte Laboruntersuchungen (ELISA-Tests) im dritten Quartal 1983.

Am 2. Dezember 1982 hatte die Vertreterversammlung der Beklagten gemäß § 8 der Satzung Richtlinien über die Arbeitsweise und die medizinischen Erfordernisse bei der Erbringung von Laboratoriumsuntersuchungen nach dem von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KÄBV) empfohlenen Muster (DÄBl 1982 Heft 22 S 75) beschlossen. Die Richtlinien sollten ab 1. Januar 1983 verbindlich sein. Mit einem Rundschreiben vom 22. März 1983, dem der Wortlaut der Richtlinien beigefügt war, machte die Beklagte bekannt, daß der Vorstand eine Übergangsfrist bis zum 30. Juni 1983 eingeräumt habe, um den Beteiligten Gelegenheit zur Umstellung zu geben.

Die Kläger sind als Internisten niedergelassene Kassenärzte und nehmen an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Für das Quartal III/1983 rechneten sie insgesamt 678 in der L. H. durchgeführte ELISA-Bestimmungen nach Nr 3798 BMÄ'78/E-GO ab. Die Beklagte lehnte die Vergütung ab (Bescheid vom 13. Januar 1984; Widerspruchsbescheid vom 6. April 1984) und führte zur Begründung aus, diese Untersuchungen müßten nach Abschnitt IV ihrer Laborrichtlinien unter der persönlichen Überwachung und unmittelbaren Verantwortung des Arztes erfolgen; dazu müsse der Arzt bei der Untersuchung anwesend sein; bei den streitigen Untersuchungen seien diese Anforderungen nicht erfüllt worden.

Die Kläger haben dagegen vorgebracht, die Beklagte lege die Richtlinien falsch aus, wenn sie daraus die Forderung der ständigen Anwesenheit des Arztes bei den speziellen Laboruntersuchungen nach Abschnitt IV herleite. Unbedenklich könnten die ELISA-Untersuchungen den geschulten Mitarbeitern des Arztes oder der Laborgemeinschaft überlassen werden. Der Arzt könne bei fehlerhaftem Untersuchungsgang nicht einschreiten; erst nach Vorliegen aller Werte sei eine eventuelle Fehlersuche möglich. Vorheriges Eingreifen in den Untersuchungsgang nach der ELISA-Methode sei unsinnig (Beweis: Sachverständigengutachten).

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer Berufung haben die Kläger keinen Erfolg gehabt. Das Landessozialgericht (LSG) hat ausgeführt, die streitigen Laboratoriumsuntersuchungen seien nicht zu vergüten, denn die Kläger hätten sie nicht unter ihrer persönlichen Überwachung und unmittelbaren Verantwortung erbracht. Die streitigen ELISA-Tests gehörten zu den speziellen Laboratoriumsuntersuchungen, für die diese Überwachung und Verantwortung des Arztes vorgeschrieben seien. Bei den ELISA-Tests handele es sich um Bindungsanalysen, für die jederzeitige Anwesenheit oder doch zumindest unverzögerliche Erreichbarkeit des für die Durchführung der Untersuchung verantwortlichen Arztes gewährleistet sein müsse. Da fast alle in der Labormedizin meßbaren biologischen Größen tageszeitabhängig und auch anderen Schwankungen unterworfen seien oder zumindest sein könnten (vgl Rommel, Einflußgrößen auf klinisch-chemische Parameter in Med.Welt 1978, S 25 f), bedürfe es der persönlichen Überwachung des erfahrenen Arztes bei der Durchführung einer klinisch-chemischen Untersuchung wie des ELISA-Tests. Daher sei es nicht zu beanstanden, wenn die Richtlinien die ständige Präsens des Arztes forderten. Die Beklagte sei auch aus dem Gesichtspunkt des Herstellungsanspruchs nicht verpflichtet, die Leistungen abzurechnen; insbesondere nicht wegen mangelhafter Unterrichtung der Ärzte. Sie habe den Klägern nicht gestattet, die speziellen Laborleistungen über den 30. Juni 1983 hinaus wie bisher abzurechnen. Auf eine solche Gestattung hätten die Kläger nicht deshalb schließen dürfen, weil ihr Schreiben vom 29. Juni 1983, mit dem sie um Genehmigung zur Durchführung von ELISA-Untersuchungen gebeten haben, zunächst unbeantwortet geblieben sei.

Mit der Revision machen die Kläger geltend, die Forderung der persönlichen Anwesenheit des Arztes bei den Bestimmungen nach der ELISA-Methode sei willkürlich. Es gebe dafür keine sachlichen Gründe, deshalb habe die Beklagte diese Voraussetzung inzwischen auch wieder fallengelassen. Die Pflicht zur persönlichen Anwesenheit sei in den Richtlinien nicht hinreichend zum Ausdruck gekommen. Rechtsstaatlich sei es nicht in Ordnung, daß die Beklagte die Richtlinien erst nach ihrem Inkrafttreten veröffentlicht und sich dann gleich selbst nicht daran gehalten habe. Die Beklagte habe über die existentiell relevanten Änderungen nicht rechtzeitig informiert - bei den Klägern gehe es um einen Betrag von 20.000,-- DM im streitigen Quartal -. Auf den Genehmigungsantrag vom 29. Juni 1983 habe die Beklagte sie nicht über die Anwesenheitspflicht unterrichtet. Das LSG habe die Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung verletzt, in dem es ohne entsprechende Sachkenntnis und trotz des Beweisangebots der Kläger davon ausgegangen sei, daß sinnvollerweise in die streitigen Bestimmungen nach der ELISA-Methode eingegriffen werden könne und die Anwesenheitspflicht sachgerecht sei.

Die Kläger beantragen, das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 17. April 1985 - II KABf 1/85 -, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 31. Oktober 1984 - 3 KA 66/84 - sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. Januar 1984 idF des Widerspruchsbescheides vom 6. April 1984 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Klägern für das III. Quartal 1983 441 mal die Nr 3798 E-GO und 237 mal die Nr 3798 BMÄ abzurechnen.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Zutreffend hat das LSG die Berufung gegen das klagabweisende Urteil des SG zurückgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Den Klägern steht für die streitigen Laboratoriumsuntersuchungen keine Vergütung zu.

Der Anspruch der Kläger auf Vergütung der Untersuchungen nach der ELISA-Methode ist ausgeschlossen, weil sie diese Leistungen nicht den Anforderungen an die Leistungserbringung durch Kassen- bzw Vertragsärzte entsprechend erbracht haben. Von der Beklagten wird nicht bestritten, daß die Bestimmungen nach der ELISA-Methode zu den im BMÄ'78 in der E-GO bestimmten abrechnungsfähigen ärztlichen Leistungen gehören. Die von den Klägern erbrachten Leistungen entsprechen aber nicht den Bestimmungen der Beklagten in den Laborrichtlinien, die hier in der Fassung des Beschlusses der Vertreterversammlung vom 2. Dezember 1982 anzuwenden sind.

In diesen Richtlinien (Abschnitt IV) hat die Beklagte geregelt, daß spezielle Laboratoriumsuntersuchungen von dem Kassen-/Vertragsarzt nur dann abgerechnet werden können, wenn er die für den Untersuchungsgang notwendigen Kenntnisse hat und die Untersuchung unter seiner persönlichen Überwachung und unmittelbaren Verantwortung erfolgt. Das LSG hat die nicht mit Revisionsrügen angegriffene Feststellung getroffen, daß die von den Klägern erbrachten Bestimmungen nach der ELISA-Methode zu den speziellen Laboratoriumsuntersuchungen gehören und daß die Kläger sie nicht unter persönlicher Überwachung und unmittelbarer Verantwortung erbracht haben. Zutreffend geht das LSG davon aus, daß persönliche Überwachung und unmittelbare Verantwortung im Sinn der Richtlinien die Anwesenheit des Arztes während des Untersuchungsgangs fordern. Diese Auslegung ergibt sich aus dem Zusammenhang der Richtlinien.

In seinem Urteil vom 6. Mai 1975 (BSGE 39, 288) hatte der Senat entschieden, daß blutchemische Untersuchungen, die von einem Vertragsarzt bei einem Laborinstitut in Auftrag gegeben und von diesem selbständig in eigener Verantwortung erbracht werden, nicht Teil der vertragsärztlichen Behandlung seien. Dazu hatte der Senat ausgeführt, eine die ärztliche Behandlung unterstützende Hilfeleistung des nicht ärztlichen Personals könne nur dann zur ärztlichen Behandlung gerechnet werden, wenn der Arzt verantwortlich an dieser Hilfeleistung durch eine je nach Lage des Falles mehr oder weniger intensive persönliche Anleitung oder Beaufsichtigung der Hilfspersonen mitgewirkt habe. Zur Überwachung gehöre jedenfalls die Möglichkeit der verantwortlichen Beaufsichtigung, Lenkung und Anleitung der Hilfskräfte auch im Einzelfall. Im Jahr 1976 erließ die KÄBV nach § 17 der Allgemeinen Bestimmungen der E-Adgo Richtlinien über die Arbeitsweise von Laborgemeinschaften. Danach konnte in Laborgemeinschaften nur ein Programm von Laboruntersuchungen gemeinschaftlich erbracht werden, das sich auf einen Katalog bestimmter einzelner Leistungen, ua nach Nr 3798 E-Adgo, beschränkte; jeder teilnehmende Vertragsarzt trug die Verantwortung für die in der Laborgemeinschaft durchgeführten und von ihm abgerechneten Untersuchungen von der Probenahme über die Analytik bis zur Beurteilung der Analysenergebnisse; spezielle Laboruntersuchungen, die nicht im Katalog enthalten waren, konnten in einer Laborgemeinschaft durchgeführt und abgerechnet werden, wenn sie insbesondere unter der persönlichen Verantwortung des Vertragsarztes erfolgten.

Die im Dezember 1982 von der Beklagten beschlossenen Richtlinien wenden sich in erster Linie an Laborgemeinschaften und bestimmen allgemein die Verantwortung des an der Gemeinschaft teilnehmenden Kassen-/Vertragsarztes für die in der Laborgemeinschaft durchgeführten und von ihm abgerechneten Untersuchungen von der Probennahme über die Analytik bis zur Beurteilung des Analysenergebnisses (Abschnitt II). Die teilnehmenden Ärzte haben eine kontinuierliche, für alle Leistungsbereiche qualifizierte ärztliche Aufsicht zu gewährleisten; bei Inanspruchnahme von Hilfspersonen muß der Kassen-/Vertragsarzt das Personal in dessen Tätigkeit anleiten und überwachen; der teilnehmende Arzt muß sich regelmäßig über die Tätigkeit des in der Laborgemeinschaft beschäftigten Hilfspersonals, insbesondere über die wirksame Kontrolle der Analysengänge vergewissern und für das Laborpersonal zur Abklärung von Zweifelsfragen persönlich erreichbar sein; dies setzt die räumliche Nähe des Praxissitzes zum Sitz der Laborgemeinschaft voraus (Abschnitt II Nr 1). Die Richtlinien unterscheiden bei den Laboruntersuchungen zwischen den allgemeinen Anforderungen der Anleitung und Überwachung der für die Laborgemeinschaft tätigen Hilfspersonen (Abschnitt II) und der persönlichen Überwachung und unmittelbaren Verantwortung - sie wird im Abschnitt IV für spezielle Laboruntersuchungen vorgeschrieben und gilt auch, wenn der Arzt sie im Praxislabor durchführt -. Mit der Pflicht zur persönlichen Überwachung und unmittelbaren Verantwortung werden erhöhte Anforderungen aufgestellt, die sich nicht in einer allgemeinen Kontrolle erschöpfen, sondern auf den Einzelfall beziehen. Eine Überwachung im Einzelfall ist aber nur bei Anwesenheit des Arztes möglich.

Die Laborrichtlinien sind, soweit sie bei den speziellen Laboruntersuchungen nach der ELISA-Methode die persönliche Überwachung und unmittelbare Verantwortung verlangen, rechtmäßig. Gemäß § 162 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat der Senat nicht zu überprüfen, ob sich die Vertreterversammlung der Beklagten beim Beschluß der Richtlinien zurecht auf die nicht revisible Bestimmung des § 8 der Satzung gestützt hat; das LSG ist von der Gültigkeit der Richtlinien ausgegangen. Die Beklagte ist ermächtigt, Anforderungen an die Durchführung von Laboruntersuchungen zu regeln. Nach § 368n Abs 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) ist es ihre Aufgabe, die den Krankenkassen obliegende ärztliche Versorgung sicherzustellen; sie hat dazu in der Satzung Bestimmungen über die Pflichten der Mitglieder zu treffen (§ 368m Abs 1 Nr 3 RVO). Im Ersatzkassenbereich ergibt sich die Ermächtigung daraus, daß nach § 1 Nr 7 des für die Leistungen der Vertragsärzte maßgebenden Arzt-Ersatzkassenvertrages (EKV-Ärzte) der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) die Sicherstellung und Durchführung der ärztlichen Versorgung der Versicherten übertragen ist.

Die Ermächtigung deckt auch die Regelung von Pflichten des Arztes bei der Durchführung von Laborleistungen. Die streitigen Bestimmungen der Laborrichtlinien regeln die ärztliche Behandlung. Nach den gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen muß diese Behandlung ausreichend sein (§ 368n Abs 1 RVO iVm § 182 Abs 2 RVO; § 1 Ziff 5 EKV-Ärzte). Dem Auftrag der KÄV, die ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten sicherzustellen, ist die Ermächtigung zu entnehmen, den Ärzten, die an dieser Versorgung mitwirken, jedenfalls Mindestanforderungen aufzuerlegen. Eine besondere Regelungsbefugnis für die streitigen Laboruntersuchungen kann auch der Vorschrift des § 368n Abs 8 RVO entnommen werden, nach der die KÄV darauf hinzuwirken hat, daß medizinisch technische Leistungen, die der Arzt zur Unterstützung seiner Maßnahmen benötigt, wirtschaftlich erbracht werden. Nach § 368n Abs 8 RVO soll die KÄV ferner ermöglichen, Leistungen von Gemeinschaftseinrichtungen zu beziehen, wenn eine solche Erbringung medizinischen Erfordernissen genügt. Im Ersatzkassenbereich ergibt sich die Befugnis aus der Regelung, daß der EKV-Ärzte von den KÄV'en durchgeführt wird (§ 3 Abs 1 des Vertrages).

Die Zuordnung der streitigen Untersuchungen nach der ELISA-Methode zu den speziellen Laboruntersuchungen mit persönlicher Überwachungspflicht des Arztes verstößt nicht gegen die Verfassung. Bei den Laborrichtlinien handelt es sich um Berufsausübungsregelungen. Diese müssen die Unterschiede berücksichtigen, die typischerweise innerhalb der Berufsgruppe bestehen, da anderenfalls Art 12 Abs 1 iVm Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes (GG) verletzt sein kann. Der Gleichheitssatz läßt aber dem Normengeber einen weiten Gestaltungsspielraum; ob er die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung gefunden hat, ist verfassungsrechtlich nicht nachprüfbar; vielmehr endet der gesetzgeberische Spielraum erst dort, wo eine ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist und mangels einleuchtender Gründe als willkürlich beurteilt werden muß. Dabei kann es bei komplexen Sachverhalten vertretbar sein, daß dem Normengeber zunächst eine angemessene Zeit zur Sammlung von Erfahrungen eingeräumt wird und daß er sich in diesem Anfangsstadium mit gröberen Typisierungen begnügen darf (BVerfGE 33, 171, 189).

Die Kläger halten die Einbeziehung der ELISA-Tests für willkürlich, weil der Arzt in diesen Untersuchungsgang nicht sinnvoll eingreifen könne und deshalb kein Grund für die Anwesenheitspflicht bestehe. Daraus ergibt sich aber nicht die Verfassungswidrigkeit der Richtlinien.

Mit den Laborrichtlinien verfolgt die Beklagte den Zweck, die Zuverlässigkeit der Untersuchungsergebnisse zu gewährleisten. Die Anordnung der persönlichen Überwachungspflicht durch den Arzt ist dazu besonders geeignet. Unzuverlässigkeiten bei der Untersuchung würden den Gesundheitsschutz der Versicherten erheblich beeinträchtigen. Deshalb muß die Sicherheit Vorrang haben und rechtfertigt pauschalierende Anforderungen an die Überwachung, selbst wenn möglicherweise in Einzelfällen auch bei größerem Spielraum die Hilfspersonen die Untersuchung einwandfrei durchführen werden. Hinzu kommt, daß die Leistung der ärztlichen Behandlung grundsätzlich vom Arzt persönlich erbracht werden muß (§ 4 BMV-Ärzte/§ 5 Ziff 7 EKV-Ärzte). Er kann zwar die Hilfeleistungen anderer Personen anordnen (§ 122 RVO), muß sie aber je nach Lage des Falles mehr oder weniger intensiv persönlich anleiten und beaufsichtigen (BSGE 29, 27, 29). Das Verlangen der KÄV nach intensiver Beaufsichtigung kann aber im Hinblick auf den Grundsatz der persönlichen Leistungspflicht nur dann sachwidrig sein, wenn die Anwesenheit offensichtlich kein Mehr an Zuverlässigkeit bringt. Zumutbar ist die Anwesenheitspflicht für den Arzt jedenfalls dann, wenn sie in der gebührenmäßigen Bewertung der Leistung zum Ausdruck kommt. Soweit die zusätzlich verlangte Tätigkeit des Arztes angemessen vergütet wird, ist der Nachteil für ihn jedenfalls nicht erheblich. Die Kläger haben nicht vorgebracht, daß die ELISA-Tests bei Anwesenheitspflicht des Arztes unangemessen vergütet würden. Vor allem aber handelt es sich bei der Zuordnung der ELISA-Tests zu den speziellen Laboratoriumsuntersuchungen um eine Anfangsregelung, so daß sich die Beklagte mit einer gröberen Typisierung begnügen durfte (vgl Urteil des Senats vom 9. April 1987 - 6 RKa 51/86). Zwar war in den 1979 erlassenen Richtlinien nach § 17 der Allgemeinen Bestimmungen der E-Adgo für die Leistungen nach Nr 3798 E-Adgo zusammen mit einer großen Zahl von anderen Leistungen nach Abschnitt M der E-Adgo die Durchführung in Laborgemeinschaften zugelassen worden. Damit konnte aber die Beklagte keine Erfahrungen über die Art und Weise der Durchführung von ELISA-Tests gewinnen. Es lag nahe, daß Zweifel daran, ob bei einzelnen Methoden die persönliche Überwachung des Arztes notwendig und sachgemäß sei, erst nach Erlaß der neuen Richtlinien geäußert wurden. Durch die hier streitigen Richtlinien wurde den Ärzten insoweit erstmals eine Anwesenheitspflicht auferlegt. Nach dem Vorbringen der Kläger sind in H. nur ganz wenige Praxen von der Abrechnungsfähigkeit der Untersuchungen nach der ELISA-Methode wirtschaftlich existentiell betroffen. Es hätte deshalb um so näher gelegen, daß die Kläger die im Prozeß erhobenen Einwände der Beklagten gegenüber alsbald nach Bekanntwerden der neuen Richtlinien geäußert hätten. Das haben sie nicht getan, so daß es nicht zu beanstanden ist, wenn die Beklagte die Durchführung der ELISA-Tests nicht näher aufgeklärt und ihre Richtlinien rechtzeitig noch einmal überprüft hat. Aus der späteren Änderung der Richtlinien können die Kläger keine Einwände gegen die Anwesenheitspflichten im dritten Quartal 1983 herleiten.

Die Richtlinien sind auch nicht wegen des Zeitpunkts ihres Inkrafttretens ungültig oder gegenüber den Klägern im streitigen Quartal nicht anwendbar gewesen. Als Termin des Inkrafttretens hat die Beklagte zwar den 1. Januar 1983 bezeichnet. Rückwirkung haben die Richtlinien aber nicht gehabt, denn sie sind erst mehrere Monate nach Bekanntgabe ab 1. Juli 1983 angewendet worden. Die Beklagte hat auch gegenüber den Klägern keine Pflicht verletzt, indem sie nicht auf die Anwesenheitspflicht bei den speziellen Laboratoriumsuntersuchungen ausdrücklich hingewiesen hat. Die Anwesenheitspflicht ergibt sich aus der Auslegung der Richtlinien, die im bereits dargestellten Zusammenhang für die betroffenen Ärzte nachvollziehbar war. Nicht zu übersehen war jedenfalls schon bei erster Durchsicht der Richtlinien, daß die vorher bestehende Rechtslage geändert werden sollte und daß an die Überwachungspflicht des Arztes bei speziellen Laboratoriumsuntersuchungen erhöhte Anforderungen gestellt wurden. Die Zuordnung der streitigen Untersuchungen zu den speziellen Laboratoriumsuntersuchungen im Sinn des Wortlauts der Richtlinien ist von den Klägern nie bezweifelt worden. Schließlich ist es auch nicht zu beanstanden, wenn das LSG das Verhalten der Beklagten nach Empfang des Schreibens vom 29. Juni 1983 nicht als Genehmigung der Abrechnung spezieller Laboratoriumsuntersuchungen in der bisher gewohnten Weise gewertet hat. Das Urteil des LSG beruht auch nicht auf mangelnder Aufklärung des Sachverhalts. Für die Entscheidung ist unerheblich, ob es sich bei den Bestimmungen nach der ELISA-Methode um einen einfachen Untersuchungsgang handelt, in den der Arzt nicht sinnvoll eingreifen konnte; auch wenn diese Behauptung der Kläger zutreffen sollte, wären deshalb nicht die Richtlinien ungültig.

Die Revision war aus allen diesen Gründen mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1652237

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