Leitsatz (amtlich)

1. Der Begriff "Landwirtschaft" ist in der gesetzlichen Kranken- und Unfallversicherung grundsätzlich derselbe. Die Bestimmungen des Reichsversicherungsamtes, welche Unternehmenszweige in der Unfallversicherung als landwirtschaftliches Unternehmen gelten (RVO § 915 Abs 2), sind daher auch für die Krankenversicherung maßgebend.

2. Versicherungspflichtige Arbeitnehmer eines Milchkontrollvereins, der nach der Bekanntmachung des Reichsversicherungsamtes vom 1938-03-22 (AN 1938, 133) in der Unfallversicherung als landwirtschaftlicher Betrieb gilt, sind in der Landwirtschaft beschäftigt (RVO § 235) und können daher grundsätzlich nicht Mitglieder einer Ersatzkasse sein (RVO §§ 434, 517).

3. Jedoch können versicherungspflichtige Angestellte eines Milchkontrollvereins, die schon vor Aufhebung des Erlasses des RAM (über die Zugehörigkeit von landwirtschaftlich Beschäftigten zu den Ersatzkassen) vom 1941-05-02 (AN 1941, 183) einer Ersatzkasse angehörten, Mitglieder der Ersatzkasse bleiben.

 

Normenkette

RVO § 235 Fassung: 1956-06-12, § 417 Fassung: 1924-12-15, § 434 Fassung: 1924-12-15, § 517 Fassung: 1924-12-15, § 915 Abs. 2 Fassung: 1948-01-12, § 918 Fassung: 1924-12-15; SVwG § 18 Fassung: 1951-02-22; RAMErl Fassung: 1941-05-02

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Celle vom 21. August 1956 aufgehoben. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 15. März 1956 wird mit folgender Maßgabe zurückgewiesen: Es wird festgestellt, daß der Kläger auch nach Inkrafttreten des Selbstverwaltungsgesetzes (24. Februar 1951) Mitglied der Barmer Ersatzkasse geblieben ist.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten auch des Berufungen- und Revisionsverfahrens zu erstatten.

Von Rechts wegen.

 

Gründe

I.

Der Kläger ist seit Herbst 1945 als Milchkontrollassistent beim Milchviehkontrollverein Lüneburg beschäftigt. Seit 1937 gehört er der beigeladenen Ersatzkasse an. Mit Schreiben vom 2. November 1953, das an den Milchviehkontrollverein gerichtet war, nahm die beklagte Landkrankenkasse den Kläger als versicherungspflichtiges Mitglied in Anspruch, weil er als in der Landwirtschaft Beschäftigter nach §§ 434, 517 der Reichsversicherungsordnung (RVO) nicht das Recht auf Befreiung von der Mitgliedschaft bei der Landkrankenkasse habe. In einem auf Antrag des Klägers eingeleiteten Verfahren nach § 405 Abs. 2 RVO stellte der Vorsitzende des Versicherungsamts des Landkreises Lüneburg durch Entscheidung vom 11. Dezember 1953 fest, daß der Kläger der Versicherungspflicht bei der Beklagten unterliege. Gegen diese Entscheidung erhob der Kläger beim Oberversicherungsamts (OVA) in Lüneburg Beschwerde (§ 1792 RVO aF), die bei Inkrafttreten des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) als Feststellungsklage auf das Sozialgericht (SG) Lüneburg (§ 215 Abs. 2, 4 in Verb. mit § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG; vgl. BSG 3, 30). Das SG hob mit Urteil vom 15. März 1956 die Entscheidung des Versicherungsamtes Lüneburg und den "Verwaltungsakt der Beklagten vom 2. November 1953" auf: Nach der Rechtsprechung des Reichsversicherungsamtes (RVA) seien zwar Milchkontrollassistenten als in der Landwirtschaft beschäftigte Personen anzusehen, die nach §§ 434, 517 RVO kein Recht auf Befreiung von der Mitgliedschaft bei der Landkrankenkasse hätten; die Anwendung dieser Vorschriften führe aber im Falle des Klägers zu einer unbilligen Härte, weil die Leistungen der beigeladenen Ersatzkasse höher seien als die der Beklagten.

Auf die Berufung der Beklagten wies das Landessozialgericht (LSG) Celle mit Urteil vom 21. August 1956 - zugestellt am 5. September 1956 - unter Aufhebung des Urteils des SG die Klage ab. Die Revision wurde zugelassen. Das LSG führte zur Begründung aus: Der versicherungspflichtige Kläger verrichte seine Arbeiten überwiegend in den dem Milchviehkontrollverein angeschlossenen Betrieben der Vereinsmitglieder. Dort überwache er monatlich einmal beim Probemelken den Melkvorgang, wiege und prüfe die Milch und stelle ihren Fettgehalt fest. Gleichzeitig berate er auch die Mitglieder oder das bei diesen beschäftigte Personal in Fütterungs- und Zuchtfragen. Die notwendigen Untersuchungen führe er im Laboratorium der Molkerei Lüneburg durch, das der Inhaber der Molkerei, der Vorstandsmitglied des Milchviehkontrollvereins sei, zur Verfügung stelle. Da die Haupttätigkeit des Klägers nicht in Laboratoriumsuntersuchungen, sondern in Kontrolluntersuchungen auf den Höfen der in vier Dörfern und im Stadtbezirk Lüneburg ansässigen Vereinsmitglieder bestehe, sei seine Arbeitskraft überwiegend in der landwirtschaftlichen Urproduktion eingesetzt. Sie stelle eine Ergänzung der Tätigkeit der sonst in landwirtschaftlichen Betrieben beschäftigten Personen bei der Viehzucht und Milchgewinnung dar. Der Milchviehkontrollverein müsse daher als landwirtschaftlicher Betrieb seiner Mitglieder angesehen werden, die zugleich mittelbare Arbeitgeber des Klägers seien. Damit gehöre der Kläger zu den in der Landwirtschaft beschäftigten Personen im Sinne des § 434 RVO. Der Erlaß des Reichsarbeitsministeriums (RAM) vom 2. Mai 1941 (AN 1941, 183) habe zwar bestimmt, daß § 434 RVO auf Mitglieder von Ersatzkassen keine Anwendung finde. Dieser Erlaß sei aber durch § 18 Abs. 4 Nr. 2 des Selbstverwaltungsgesetzes (GSv) aufgehoben worden. Damit sei für die unter § 434 RVO fallenden Personen das Recht auf Befreiung von der Mitgliedschaft bei der zuständigen Landkrankenkasse (§ 517 RVO) entfallen; ob das Ersatzkassenmitglied vorher bereits eine Tätigkeit in der Landwirtschaft ausgeübt habe oder erst jetzt eine solche Tätigkeit aufnehme, sei dabei ohne Bedeutung. Daß die Leistungen der beigeladenen Ersatzkasse besser seien als die der Beklagten, rechtfertige es nicht, sich über bestehende gesetzliche Vorschriften hinwegzusetzen.

Der Kläger hat am 4. Oktober 1956 Revision eingelegt mit dem Antrag, unter Aufhebung des Urteils des LSG Celle vom 21. August 1956 die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Lüneburg vom 15. März 1956 zurückzuweisen und festzustellen, daß er der Ersatzkasse angehören könne. Mit seiner am 19. Oktober 1956 eingegangenen Revisionsbegründung rügt er die Verletzung des § 434 RVO und des § 18 Abs. 4 Nr. 2 GSv. Die Art der von ihm ausgeübten Tätigkeit zeige, daß er den in Molkereien bzw. Molkereigenossenschaften tätigen Personen gleichzustellen sei, die nicht als in der Landwirtschaft Beschäftigte gelten. Seine Haupttätigkeit bestehe darin, die beim Probemelken entnommenen Milchproben im Laboratorium auf Fettgehalt, Keime und sonstige Bestandteile zu untersuchen und über das Ergebnis dieser Untersuchungen schriftliche Prüfungsberichte niederzulegen. Daraus entwickele sich eine erhebliche Arbeit und Korrespondenz, die das Merkmal seiner Berufsstellung ausmache. Die daneben durchgeführte Futterberatung falle nicht sonderlich ins Gewicht. Außerdem dürfe die Milchuntersuchung nicht mit der Milchgewinnung, also der landwirtschaftlichen Urproduktion, gleichgesetzt werden. Selbst wenn er aber zu dem in § 434 RVO bezeichneten Personenkreis gehörte, habe er das Recht auf Befreiung von der Mitgliedschaft bei der Beklagten; denn § 18 Abs. 4 Nr. 2 GSv habe keine rückwirkende Kraft, so daß diejenigen unter § 434 RVO fallenden Personen, die bei Inkrafttreten des GSv bereits Mitglieder von Ersatzkassen gewesen seien, auch weiterhin diesen Kassen angehören könnten. Bei einer anderen Auslegung des § 18 Abs. 4 Nr. 2 GSv würden die erworbenen Anwartschaftsrechte des Klägers auf die besseren Leistungen der beigeladenen Ersatzkasse ersatzlos wegfallen.

Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Die beigeladene Ersatzkasse hat keinen Antrag gestellt.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Revision ist begründet.

Die Vorschrift des § 517 Abs. 1 RVO, wonach versicherungspflichtige Mitglieder einer Ersatzkasse das Recht auf Befreiung von der Mitgliedschaft bei Krankenkassen im Sinne des § 225 RVO haben, gilt nicht für die in der Landwirtschaft Beschäftigten (§ 434 RVO). Für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung in der Landwirtschaft vorliegt, kommt es entscheidend auf die Zugehörigkeit zu einem landwirtschaftlichen Betrieb, nicht aber auf die Art der von dem Versicherten verrichteten Tätigkeit an (vgl. BSG 10, 85, 87). Obgleich der Betriebszweck des Milchviehkontrollvereins nicht auf die Bearbeitung von Grund und Boden zur Gewinnung organischer Erzeugnisse einschließlich der Erzeugnisse von Pflanzen und Tieren gerichtet ist (vgl. GE des RVA Nr. 5135, AN 1937, 301 mit weiteren Nachweisen) gilt er dennoch nach der vom RVA auf Grund von § 915 Abs. 2 RVO erlassenen Bestimmung vom 22. März 1938 (AN 1938, 133) als landwirtschaftlicher Betrieb im Sinne der Unfallversicherung. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob der Milchviehkontrollverein etwa ein landwirtschaftlicher Nebenbetrieb im Sinne der §§ 417 Nr. 1, 918 bis 921 RVO oder aber ein landwirtschaftlicher Ergänzungsbetrieb ist (vgl. RVA GE Nr. 4951 in AN 1936, 48; RVA in EuM 40, 402). Die vom RVA nach § 915 Abs. 2 RVO unmittelbar nur für die gesetzliche Unfallversicherung getroffene Bestimmung, wonach Milchkontrollvereine als landwirtschaftliche Betriebe gelten, ist auch in der Krankenversicherung anzuwenden. Im Anschluß an die Rechtsprechung des RVA ist nämlich davon auszugehen, daß der Begriff Landwirtschaft in der Kranken- und Unfallversicherung grundsätzlich derselbe ist (vgl. RVA GE 2961 AN 1926, 270). Eine Bestimmung des Begriffs "in der Landwirtschaft Beschäftigte" im Sinne der §§ 235 Abs. 1, 416, 417, 434 RVO ist im Gesetz selbst nicht enthalten. Da aber der Begriff "Landwirtschaft" auch in den Vorschriften über andere Versicherungszweige ohne nähere Inhaltsbestimmung verwandt wird ("landwirtschaftliche Beschäftigung", "landwirtschaftlicher Betrieb", "landwirtschaftlicher Nebenbetrieb", "landwirtschaftlicher Arbeitgeber", "landwirtschaftlicher Unternehmer"), ist davon auszugehen, daß dieser Begriff in der RVO grundsätzlich im gleichen Sinne verstanden wird und daß er insbesondere in der Krankenversicherung und in der Unfallversicherung einheitlich auszulegen ist. So wird in § 417 Nr. 1 RVO zur Erläuterung des Begriffs "landwirtschaftlicher Nebenbetrieb" im Sinne der Krankenversicherung ausdrücklich auf §§ 918 bis 921 RVO verwiesen, in denen dieser Begriff für das Gebiet der Unfallversicherung näher bestimmt ist. Das gleiche gilt für die in § 417 Nr. 2 RVO enthaltene Verweisung auf § 547 Abs. 1 RVO. Für die Einheit des Begriffs "Landwirtschaft" in Sinne der RVO spricht ferner der Umstand, daß in dem die "Gemeinsamen Vorschriften" betreffenden Ersten Buch der RVO im XII. Unterabschnitt "Gemeinsame Begriffsbestimmungen" in § 161 für alle Versicherungszweige ausdrücklich bestimmt ist, daß die Vorschriften der RVO für landwirtschaftliche Betriebe, Arbeitgeber, Unternehmer und Beschäftige, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, auch für forstwirtschaftliche Betriebe, Arbeitgeber, Unternehmer und Beschäftigte gelten. Im Sinne einer einheitlichen Auslegung des Begriffs der Landwirtschaft in der Kranken- und Unfallversicherung ist es auch zu werten, daß in § 156 RVO - also im Ersten Buch des Gesetzes - für die dort genannten, in der Landwirtschaft beschäftigten Versicherten als Beschäftigungsort der Sitz des Betriebes unter Verweisung auf Vorschriften der Unfallversicherung (§§ 936, 964 RVO) bestimmt ist. Wenn somit der Begriff der Landwirtschaft in der RVO für alle Versicherungszweige im gleichen Sinne zu verstehen ist, so kann ein Betrieb, der in der Unfallversicherung auf Grund einer Bestimmung nach § 915 Abs. 2 RVO als landwirtschaftlicher Betrieb gilt, in der Krankenversicherung grundsätzlich nicht als gewerblicher Betrieb angesehen werden. Die von Milchkontrollvereinen angestellten Personen sind daher als in der Landwirtschaft beschäftigt zu betrachten und haben somit nach §§ 434, 517 RVO grundsätzlich kein Recht auf Befreiung von der Mitgliedschaft bei der zuständigen Landkrankenkasse.

Von dieser Regelung hat jedoch der eine Rechtsverordnung darstellende Erlaß des früheren RAM vom 2. Mai 1941 (AN 1941, 183) eine Ausnahme für diejenigen in der Land- und Forstwirtschaft beschäftigten Pflichtversicherten vorgesehen, die zur Zeit des Inkrafttretens oder während der Geltung des Erlasses schon Mitglieder einer Ersatzkasse waren oder geworden sind. Auf diesen Personenkreis fand § 434 RVO keine Anwendung. Der Kläger, der seit 1957 der beigeladenen Ersatzkasse angehört, hatte demnach bei Aufnahme seiner versicherungspflichtigen Beschäftigung bei dem Milchkontrollverein im Jahre 1945 nach § 517 RVO das Recht auf Befreiung von der Mitgliedschaft bei der Landkrankenkasse.

Zwar wurde der "Ausnahmeerlaß" des RAM vom 2. Mai 1941 durch § 18 Abs. 4 Nr. 2 GSv mit Wirkung vom 24. Februar 1952 an aufgehoben, so daß § 434 RVO wieder wirksam geworden ist. Von dieser Rechtsänderung wird aber die schon vorher eingetretene Befreiung des Klägers von der Mitgliedschaft bei der beklagten Landkrankenkasse nicht berührt. Die Rechtsprechung des RVA, wonach die Mitgliedschaft bei einer Ersatzkasse unter Befreiung von der Zwangskassenmitgliedschaft "streng an das Vorliegen sämtlicher nach dem Gesetz erforderlichen Voraussetzungen gebunden ist" (RVA in EuM 36, 194; GE 4932 AN 1936, 209), hat durch die mehrfachen Änderungen des § 4 Abs. 1 der Zwölften Verordnung zum Aufbau der Sozialversicherung vom 24. 12. 1935 (RGBl I S. 1537) eine Einschränkung erfahren. Während nach § 4 Abs. 1 Satz 4 der Zwölften Aufbauverordnung in seiner ursprünglichen Fassung bei versicherungspflichtigen Mitgliedern der Verlust der Eigenschaft als Angestellter oder Arbeiter die Mitgliedschaft bei einer Ersatzkasse für Angestellte oder für Arbeiter grundsätzlich zum Erlöschen brachte, wurde durch § 4 Abs. 1 Satz 2 und 4 der Zwölften Aufbauverordnung idF der Fünfzehnten Aufbauverordnung vom 1. April 1937 (RGBl I S. 439) festgelegt, daß die Voraussetzungen für die Mitgliedschaft bei einer Ersatzkasse (insbesondere Zugehörigkeit zum Mitgliederkreis) nur im Zeitpunkt der Aufnahme, also des Beitritts zur Ersatzkasse, zu bestehen brauchten. Der spätere Verlust der Eigenschaft als Angestellter oder Arbeiter sollte die Mitgliedschaft bei der betreffenden Ersatzkasse nicht schon - wie vorher - im Zeitpunkt des Berufswechsels, sondern erst mit dem Schlusse des laufenden Kalendervierteljahres zum Erlöschen bringen, wobei die Aufsichtsbehörde zur Vermeidung von Härten solchen Mitgliedern die weitere Mitgliedschaft bis zu einem Jahr gestatten konnte. Mit Erlaß vom 11. Mai 1942 (AN 1942, 314) hat sodann der RAM aufgrund des Erlasses über die Vereinfachung der Verwaltung vom 28. 8. 1939 (RGBl I, S. 1535) Abschn. V Abs. 1 bestimmt, daß die Mitgliedschaft bei einer Ersatzkasse ohne Rücksicht darauf bestehen bleibt, ob versicherungspflichtige Mitglieder die Eigenschaft als Angestellte oder Arbeiter verlieren. Zwar wurde dieser Erlaß ebenfalls durch § 18 Abs. 4 Nr. 2 GSv aufgehoben; die Neufassung des § 4 Abs. 1 Satz 4 der Zwölften Aufbauverordnung durch § 15 des Gesetzes über die Erhöhung der Einkommensgrenzen in der Sozialversicherung und der Arbeitslosenversicherung und zur Änderung der Zwölften Verordnung zum Aufbau der Sozialversicherung vom 13. August 1952 (EEG) -BGBl I, 437- hat aber die im Erlaß des RAM vom 11. Mai 1942 enthaltene Regelung wiederhergestellt.

Während somit nach früherem Recht die Mitgliedschaft bei einer Ersatzkasse und damit die Befreiung von der Mitgliedschaft bei der gesetzlichen Krankenkasse grundsätzlich erlosch, wenn die Voraussetzungen für den Beitritt zu der Ersatzkasse weggefallen waren, wurde dieser Grundsatz nach den aufgezeigten Änderungen des § 4 Abs. 1 der Zwölften Aufbauverordnung mehr und mehr eingeschränkt. Diese Entwicklung spricht dafür, daß auch nach geltendem Recht die Voraussetzungen für die Befreiung eines in der Landwirtschaft Beschäftigten von der Mitgliedschaft bei der gesetzlichen Krankenkasse grundsätzlich nur im Zeitpunkt des Beitritts zur Ersatzkasse Vorgelegen haben müssen. Bei den Änderungen, die nach § 4 Abs. 1 der Zwölften Aufbauverordnung idF des § 15 EEG die Mitgliedschaft bei den Ersatzkassen nicht berühren, handelt es sich zwar um solche tatsächlicher Art, während im vorliegenden Falle die Mitgliedschaft des Klägers bei der Ersatzkasse nicht wegen Änderung seiner beruflichen Tätigkeit oder Stellung, sondern wegen einer Gesetzesänderung, nämlich der Aufhebung des Erlasses des RAM vom 2. Mai 1941 durch das GSv und der damit verbundenen Wiederanwendbarkeit des § 434 RVO streitig ist. Das GSv hat aber über das Erlöschen der Ersatzkassen-Mitgliedschaft derjenigen Versicherten, die schon während der Geltungsdauer des Ausnahmeerlasses wirksam von dem Recht auf Befreiung von der Mitgliedschaft bei der gesetzlichen Krankenkasse Gebrauch gemacht hatten, keine ausdrückliche Regelung getroffen. Es ist daher unter Anwendung des in § 4 Abs. 1 der Zwölften Aufbauverordnung zum Ausdruck gekommenen Grundgedankens, versicherungspflichtigen Mitgliedern der Ersatzkasse selbst bei Wechsel des Berufs die Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft zu gestatten, davon auszugehen, daß rechtswirksam begründete Mitgliedschaften bei Ersatzkassen auch durch die Aufhebung des "Ausnahmeerlasses" des RAM vom 2. Mai 1941 nicht berührt worden sind. Der Kläger, der vor Inkrafttreten des GSv und somit vor Aufhebung des Ausnahme-Erlasses ein Recht auf Befreiung von der Mitgliedschaft bei der gesetzlichen Krankenkasse erlangt hatte, kann daher - jedenfalls für die Dauer des bei Inkrafttreten des GSv bestehenden Beschäftigungsverhältnisses - Mitglied der beigeladenen Ersatzkasse bleiben.

Auf die Revision des Klägers ist hiernach das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Beklagten mit den aus der Urteilsformel ersichtlichen Feststellung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 78

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