Leitsatz (amtlich)

Liegt der Rentenbeginn vor dem Tag der Stellung des Rentenantrags, so ist der Beitragszuschuß an freiwillig in der gesetzlichen oder in der privaten Krankenversicherung versicherte Rentner erst von dem Tag an zu zahlen, an dem der Rentenantrag gestellt wurde (Ergänzung BSG 1961-03-21 3 RK 62/60 = BSGE 14, 112).

 

Leitsatz (redaktionell)

Beginn des Anspruches auf den Beitragszuschuß nach RVO § 381 Abs 4:

Die Verpflichtung des Rentenversicherungsträgers, sich an den Aufwendungen der KVdR zu beteiligen (RVO § 381 Abs 2 und 4), ist bei den sicherungspflichtigen Rentnern und den freiwillig versicherten Rentnern nach den gleichen Grundsätzen zu beurteilen: dabei ist von den für die nach RVO § 165 Abs 1 Nr 3 und 4 versicherten Personen getroffenen Regelungen auszugehen.

 

Normenkette

RVO § 381 Abs. 4 Fassung: 1956-06-12, Abs. 2 Fassung: 1956-06-12, § 165 Abs. 1 Nr. 3 Fassung: 1956-06-12, Nr. 4 Fassung: 1956-06-12

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 3. Juli 1962 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Der Rechtsstreit betraf die Frage, ob der Rentenversicherungsträger den Zuschuß zum Krankenversicherungsbeitrag des Rentners nach § 381 Abs. 4 Satz 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) erst vom Tag der Stellung des Rentenantrags an zu leisten hat oder schon vom 1. des Monats an, wenn die Rente bereits ab Beginn des Antragsmonats gewährt wird (§ 67 Abs. 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes - AVG -).

Die Klägerin war bei der Hessischen Knappschaft freiwillig gegen Krankheit versichert. Sie hat am 13. Mai 1960 Versichertenrente aus der Angestelltenversicherung beantragt. Die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) bewilligte ihr Rente ab 1. Mai 1960. Mit Bescheid vom 14. September 1961 lehnte sie einen Beitragszuschuß zur Krankenversicherung nach § 381 Abs. 4 RVO ab, weil die Klägerin nicht zu dem in § 165 Abs. 1 Nr. 3 RVO bezeichneten Personenkreis gehöre. Im Hinblick auf die Urteile des erkennenden Senats vom 29. Juli 1965 (3 RK 34/62 in SozR § 165 RVO Nr. 47 und 3 RK 93/64 in SozR § 381 RVO Nr. 7) gewährte die BfA mit Bescheid vom 30. September 1965 den begehrten Beitragszuschuß für die Zeit vom 13. Mai 1960 an.

In dem an den Bescheid vom 14. September 1961 anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Darmstadt die Klage auf Verurteilung der BfA zur Zahlung eines Beitragszuschusses für die Zeit vom 1. Mai 1960 bis zum 30. April 1961 abgewiesen (Urteil vom 23. Januar 1962).

Das Hessische Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin, mit der diese ihren Antrag weiter verfolgte, durch Urteil vom 3. Juli 1962 zurückgewiesen und die Revision zugelassen.

Die Klägerin hatte mit der Revision ursprünglich ihren Antrag aus den Vorinstanzen wiederholt. Nach Erlaß des Bescheids vom 30. September 1965 begehrte sie nur noch, die BfA zur Gewährung eines Beitragszuschusses für die Zeit vom 1. bis 12. Mai 1960 zu verurteilen. Sie verwies zur Begründung u. a. auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) in Band 14, Seite 112, in der der Rentenversicherungsträger zur Zahlung eines Beitragszuschusses vom Rentenbeginn, dem 1. Mai, an verurteilt worden ist, obwohl der Rentenantrag dort erst am 14. Mai gestellt worden sei; im übrigen sei der Beitragszuschuß eine Nebenleistung zur Rente und deshalb von deren Beginn an zu gewähren (§ 67 AVG).

Die BfA beantragte,

die Revision zurückzuweisen, soweit die Klägerin durch den Bescheid vom 30. September 1965 nicht klaglos (ab 13. Mai 1960) gestellt ist.

Sie ist der Ansicht, aus der Begründung der Entscheidung in BSG 14, 112 ergebe sich, daß der Beitragszuschuß nicht vor Stellung des Rentenantrags beginnen könne und daß die Rente dort nur versehentlich ab 1. Mai zugesprochen worden sei.

Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet.

Die BfA hat durch den Bescheid vom 30. September 1965 den ursprünglich angefochtenen Bescheid vom 14. September 1961 dahin abgeändert, daß sie nun vom 13. Mai 1960 an einen Beitragszuschuß gewährt. Insoweit ist die Klägerin durch den neuen Bescheid klaglos gestellt (§ 171 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Sie ist aber durch den Bescheid vom 14. September 1961 weiterhin für die Zeit vom 1. bis 12. Mai 1960 beschwert.

Die Auffassung der Klägerin, der Beitragszuschuß sei als Nebenleistung zur Rente bereits vom Beginn der Rente, dem Ersten des Antragsmonats, an zu gewähren, entspricht nicht dem Gesetz.

Die Verpflichtung des Rentenversicherungsträgers, sich an den Aufwendungen der Krankenversicherung der Rentner zu beteiligen, ist für die verschiedenen Arten der Beitragsleistung (§ 381 Abs. 2 und 4 RVO) nach Sinn und Zweck des Gesetzes einheitlich zu beurteilen, wie der Senat bereits in BSG 14, 112 ausgeführt hat. Ausgangspunkt ist die Regelung für die nach § 165 Abs. 1 Nr. 3 oder 4 RVO versicherungspflichtigen Rentenantragsteller. Ihre Mitgliedschaft in der Krankenversicherung (KrV) beginnt mit dem Tag der Stellung des Rentenantrags (§ 306 Abs. 2 RVO bzw. § 315 a Abs. 2 Satz 1 RVO). Mit diesem Tag beginnt auch die Verpflichtung des Rentenversicherungsträgers zur Beitragsleistung, wenn Rente zugesprochen wird und der Rentenbeginn nicht nach dem Tag der Stellung des Rentenantrags liegt. Daß die Rente nach § 67 Abs. 1 und 2 AVG unter Umständen schon von einem vor dem Rentenantrag liegenden Zeitpunkt an gewährt wird, hat nicht zur Folge, daß auch der Beitrag zur Krankenversicherung der Rentner (KVdR) schon für eine Zeit vor Rentenantragstellung geleistet werden müßte. Rente und Beitrag zur KVdR dienen verschiedenen Zwecken und hängen von verschiedenen Voraussetzungen ab. Die Rente ist zum Unterhalt des Rentners bestimmt; der Beitrag zur KVdR ist die Gegenleistung für die Gewährung von Versicherungsschutz. Eine Beitragsleistung für eine Zeit vor Stellung des Rentenantrags wäre sinnwidrig, weil für diese Zeit gemäß § 306 Abs. 2 RVO noch kein Krankenversicherungsschutz aus der KVdR besteht. Der Beitrag zur KVdR ist auch nicht auf andere Weise mit der Rente so eng verknüpft, daß er nur für gleiche Zeiträume wie die Rente geleistet werden könnte. Die Höhe des Beitrags ist von der Höhe der Rente und der Zahlungsweise in Monatsbeträgen völlig unabhängig (§ 381 Abs. 2, § 385 Abs. 2 RVO; § 74 AVG). Die einzige Beziehung zwischen Rente und Beiträgen zur KVdR ist die, daß die Beiträge des Rentenversicherungsträgers nur für Rentenempfänger und nicht, wie die Regelleistungen nach § 12 Nr. 1 und 4 AVG, für sonstige, in der Angestelltenversicherung versicherte Personen, geleistet werden.

In den Fällen des § 381 Abs. 4 RVO kann zwar, wie hier, die freiwillige KrV schon vor Stellung des Rentenantrags bestanden haben; doch verpflichtet dies den Rentenversicherungsträger nicht, die Beitragszuschüsse bereits für eine Zeit vor Stellung des Rentenantrags zu leisten. Die Verpflichtung des Rentenversicherungsträgers ist vielmehr bei den pflichtversicherten Rentnern (§ 381 Abs. 2 RVO) und den anderweitig versicherten Rentnern (§ 381 Abs. 4 RVO) gleich zu beurteilen. Dies ergeben der Wortlaut des Gesetzes und auch seine Entstehungsgeschichte.

Bei den Verhandlungen im Bundestag (80. Sitzung der zweiten Wahlperiode vom 5. Mai 1955, Stenographische Berichte Bd. 24, S. 4450, 4454) war davon die Rede, jedem Rentner einen Zuschlag für die Kosten der Krankenversicherung zu gewähren. In der 141. Sitzung vom 19. April 1956 (Stenographische Berichte Bd. 29, S. 7277) wurde die Anfügung des Absatzes 4 zu § 381 RVO damit begründet, daß diese Regelung dem Verfassungsgrundsatz der Gleichbehandlung aller Rentner entspreche, nämlich der pflichtversicherten und der nicht pflichtversicherten Rentner, die sich aus Selbstverantwortung individuell versichert hätten.

An der Entscheidung ändert nichts, daß in BSG 14, 112 im Ergebnis die Gewährung des Beitragszuschusses vom Ersten des Rentenantragsmonats zu bestätigt wurde. Der Streit betraf dort einen anderen Gesichtspunkt, nämlich die Frage, ob der Versicherte Anspruch auf den Beitragszuschuß erst vom Beginn des Monats an hat, in dem er den Rentenbescheid erhalten hat. Wie die Begründung und auch der Leitsatz dieser Entscheidung klar erkennen lassen, ging die Rechtsmeinung des Senats dahin, daß der Beitragszuschuß von dem Zeitpunkt an zu zahlen ist, in dem der Rentenantrag gestellt wird, jedoch nicht für eine Zeit vor dem Rentenbeginn. Bei der Zurückweisung der Revision aus dem Hauptgesichtspunkt ist, wie die beklagte BfA richtig erkannt hat, lediglich übersehen worden, daß die Vorinstanzen den Beitragszuschuß auch für die Zeit vom Ersten des Rentenantragsmonats bis zum Tag der Stellung des Rentenantrags zugesprochen hatten.

Die Revision war sonach nicht begründet und zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2380325

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