Leitsatz (amtlich)

Zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen der Berufsschadensausgleich eines aus dem Erwerbsleben ausgeschiedenen Altersruhegeldbeziehers bei Vollendung des 63. Lebensjahres wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse nur noch nach einem auf 75 vH gekürzten Vergleichseinkommen zu berechnen ist.

 

Orientierungssatz

1. Scheidet der Beschädigte aus dem Erwerbsleben nach Vollendung des 60. Lebensjahres auf Grund der Schwerbehinderteneigenschaft aus, ist es regelmäßig nach Vollendung des 63. Lebensjahres angezeigt zu prüfen, ob weiterhin glaubhaft ist, daß der Beschädigte ohne die Schädigung über diesen Zeitpunkt hinaus "noch" erwerbstätig wäre.

2. Im Zusammenhang mit weiteren Umständen, die anspruchsbegründende, -verändernde oder -vernichtende Wirkung haben, ist das Erreichen eines bestimmten Lebensalters (Altersgrenze) als wesentliche Änderung anzusehen.

 

Normenkette

BVG § 30 Abs 3; BVG § 30 Abs 4; BVG§30Abs3u4u5DV § 8 Abs 1; BVG§30Abs3u4u5DV § 8 Abs 2; BSchAV § 8 S 1 Nr 2; BSchAV § 8 S 1 Nr 3; RVO § 1248 Abs 1 Alt 1; RVO § 1248 Abs 1 Alt 2; BSchAV § 8 S 3; SGB 10 § 48 Abs 1 S 1

 

Verfahrensgang

Bayerisches LSG (Entscheidung vom 05.02.1986; Aktenzeichen L 07 V 0221/85)

SG Würzburg (Entscheidung vom 02.07.1985; Aktenzeichen S 11 V 0308/85)

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe des Berufsschadensausgleichs.

Der am 29. Januar 1922 geborene Kläger wird wegen der Schädigungsfolgen "Verlust des linken Oberschenkels, reizlose Narben nach Splitterverletzung am rechten Bein und linken Gesäß" nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 80 vH, davon 10 vH wegen besonderer beruflicher Betroffenheit iS des § 30 Abs 2 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) versorgt. Vor der Schädigung hatte er eine Schneiderlehre begonnen. Er war nach der Schädigung bis zu seinem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben als Schneider tätig. Seit Januar 1964 erhält er Berufsschadensausgleich, dem als Vergleichseinkommen das Durchschnittseinkommen eines Arbeiters der Leistungsgruppe 1 im Wirtschaftsbereich "Bekleidungsindustrie" zugrundeliegt (Bescheid des Versorgungsamts vom 5. September 1968). Die Landesversicherungsanstalt (LVA) U. gewährte ihm wegen eines am 7. Februar 1979 eingetretenen Versicherungsfalles der Erwerbsunfähigkeit Rente auf Zeit vom 9. August 1979 bis zum 30. Juni 1981, anschließend bis zum 31. Januar 1982 Rente wegen Berufsunfähigkeit und ab 1. Februar 1982 - Vollendung des 60. Lebensjahres - Altersruhegeld nach § 1248 Abs 1 Regelung 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO). Durch Bescheid vom 6. Juni 1984 stellte der Beklagte die Versorgungsbezüge des Klägers gemäß § 48 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB 10) ua wegen der Berücksichtigung der "Sozialrente" des Klägers ab 1. Juli 1984 neu fest. Dabei legte er der Berechnung des Berufsschadensausgleichs weiterhin das bis lang maßgebliche Vergleichseinkommen - ungekürzt - zugrunde.

Nach Anhörung des Klägers berechnete der Beklagte mit dem streitigen Bescheid vom 11. Dezember 1984 den ab 1. Februar 1985 zu zahlenden Berufsschadensausgleich auf der Grundlage eines auf 75 vH gekürzten Vergleichseinkommens neu, weil mit der Vollendung des 63. Lebensjahres eine wesentliche Änderung eingetreten sei.

Nach erfolglosem Widerspruch (Widerspruchsbescheid vom 6. März 1985) hatte der Kläger vor dem Sozialgericht (SG) Würzburg Erfolg (Urteil vom 2. Juli 1985). Auf die - vom SG zugelassene - Berufung des Beklagten hat das Bayerische Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 5. Februar 1986). Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Sowohl nach § 8 der Verordnung zur Durchführung des § 30 Abs 3 bis 5 BVG idF vom 18. Januar 1977 (BGBl I S 162 - DVO zu § 30 Abs 3 bis 5 BVG) als auch nach § 8 der Verordnung zur Durchführung des § 30 Abs 3 bis 6 BVG idF der Bekanntmachung vom 29. Juni 1984 (BGBl I S 861 - Berufsschadensausgleichsverordnung - BSchAV) sei der Beklagte zur Kürzung des Vergleichseinkommens befugt gewesen. Der Kläger habe durch den Bezug des sogenannten vorgezogenen Altersruhegeldes nach § 1248 Abs 1 RVO eine gesetzliche Altersgrenze in Anspruch genommen und sei aus dem Erwerbsleben ausgeschieden. Die Weiterzahlung von ungekürztem Berufsschadensausgleich sei aufgrund eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung erfolgt, dem die aus einem Aktenvermerk vom 4. Juni 1982 ersichtliche Annahme der Verwaltung zugrunde gelegen habe, zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben und anschließend wenigstens bis zum 63. Lebensjahr sei glaubhaft gemacht, daß der Kläger ohne die Schädigungsfolgen weitergearbeitet hätte. Dies sei auch ganz offensichtlich gewesen. Die Glaubhaftmachung sei aber nicht nur für den Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben erforderlich, sondern müsse durchgehend für die gesamte Dauer des Bezuges von vorgezogenem Altersruhegeld bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres vorliegen. Darin sei eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen iS des § 48 SGB 10 eingetreten, weil der Kläger ohne die Schädigungsfolgen wahrscheinlich mit Vollendung des 63. Lebensjahres das vorgezogene Altersruhegeld in Anspruch genommen hätte. Aufgrund statistischer Erkenntnisse der Versicherungsträger stehe nämlich fest, daß die männlichen Versicherten, welche die Anspruchsvoraussetzungen für das Altersruhegeld mit Vollendung des 63. Lebensjahres erfüllt hätten, in einer Größenordnung von mehr als 80 vH (Bezugnahme auf: VDR-Statistik, Bd 83, Tabellen 368 und 377) den Anspruch auch geltend machten. Der Kläger habe nicht glaubhaft machen können, daß er nach seinen persönlichen Verhältnissen über jene Altersgrenze hinaus noch erwerbstätig gewesen wäre. Besondere Belastungen aus dem Kauf der Eigentumswohnung bestünden nicht. Die derzeitige Belastung sei wesentlich geringer als zur Zeit des Kaufs in den Jahren 1977/1978, als der Kläger noch erwerbstätig gewesen sei. Ihm stehe heute unter Berücksichtigung der Renteneinkünfte und der - gekürzten - Versorgungsbezüge sowie eines Inflationsausgleichs ein wesentlich höheres Netto-Einkommen zur Verfügung als zur Zeit seiner Erwerbstätigkeit. Außerdem hätte er sich ausgesprochen unwirtschaftlich verhalten, wenn er weitergearbeitet hätte, weil sein Arbeits-Nettoeinkommen niedriger als sein Altersruhegeld gewesen sei. Demgegenüber wäre die mit einer Weiterarbeit verbundene Rentensteigerung nur geringfügig gewesen. Weitere familiäre Verpflichtungen habe der Kläger offensichtlich nicht gehabt.

Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision trägt der Kläger vor, der Beklagte habe im Jahre 1982 bewußt und daher ausdrücklich die Voraussetzungen einer Kürzung des Vergleichseinkommens verneint, weil er, Kläger, ohne die Schädigungsfolgen noch erwerbstätig geblieben wäre. Eine wesentliche Änderung sei bei Vollendung des 63. Lebensjahres nicht eingetreten, sondern vom Beklagten nur fingiert worden. Wenn das Berufungsgericht eine wesentliche Änderung als eingetreten und eine Weiterarbeit als nicht glaubhaft erachtet habe, beruhe dies auf einer Verletzung materiellen Rechts, nämlich "des § 8 Abs 2 bzw § 8 Ziff 2 der DVO zu § 30 Abs 3 bis 5 (6) BVG in den Fassungen vom 18. Januar 1977 und 29. Juni 1984 sowie des § 48 SGB 10". Da er von der möglichen früheren Altersgrenze als Schwerbeschädigter Gebrauch gemacht habe, habe der Beklagte das Recht zur Kürzung verbraucht, weil er zum Zeitpunkt der erstmaligen Rentengewährung die Voraussetzungen zur Kürzung des Vergleichseinkommens nicht als vorliegend angenommen habe. Ferner sei er bereits mit Vollendung des 60. Lebensjahres aus dem Erwerbsleben ausgeschieden, so daß die Vollendung des 63. Lebensjahres ohne Bedeutung bleibe. Außerdem habe es der Beklagte zu tragen, wenn nicht feststellbar sei, ob es glaubhaft sei, daß er bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres weitergearbeitet hätte.

Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 5. Februar 1986 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 2. Juli 1985 als unbegründet zurückzuweisen.

Der Beklagte beantragt, die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 5. Februar 1986 als unbegründet zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und schließt sich ihm an.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das Berufungsgericht erkannt, daß der Beklagte befugt gewesen ist, den ab 1. Februar 1985 dem Kläger zu zahlenden Berufsschadensausgleich nach dem auf 75 vH gekürzten Vergleichseinkommen zu berechnen.

Gemäß § 48 Abs 1 Satz 1 SGB 10 ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlaß vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Bescheid vom 6. Juni 1984 hatte Dauerwirkung im Sinne des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB 10, weil er den Versorgungsanspruch des Klägers für die Zeiten nach dem 1. Juli 1984 neu feststellte und sich nicht in einer einmaligen Gestaltung der Rechtslage erschöpfte (vgl BSGE 60, 53 = SozR 1300 § 48 Nr 29 mwN). In dem Zeitpunkt, in dem der Kläger sein 63. Lebensjahr vollendet hatte (29. Januar 1985) ist in den tatsächlichen Verhältnissen, die beim Erlaß des Bescheides vom 6. Juni 1984 vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten.

Damals war der für die Höhe des Anspruchs auf Berufsschadensausgleich (§ 30 Abs 3 des Bundesversorgungsgesetzes -BVG- idF der Bekanntmachung vom 22. Januar 1982 - BGBl I S 21) maßgebliche Einkommensverlust im Sinne des § 30 Abs 4 Satz 1 BVG - ungeachtet des altersbedingten Ausscheidens des Klägers aus dem Erwerbsleben (§ 30 Abs 6 Satz 1 Halbsatz 2 BVG) - nach dem im Bescheid vom 5. September 1968 festgesetzten - ungekürzten - Vergleichseinkommen zu berechnen. Nach § 8 Abs 1 DVO zu § 30 Abs 3 bis 5 BVG trat die Kürzung des Vergleichseinkommens auf 75 vH mit Ablauf des Monats ein, in dem der Beschädigte das 65. Lebensjahr vollendet hatte. Dies galt nach § 8 Abs 2 DVO zu § 30 Abs 3 bis 5 BVG entsprechend, wenn der Beschädigte wegen Erreichens oder unter Inanspruchnahme einer gesetzlichen Altersgrenze vorzeitig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden war, es sei denn, er machte glaubhaft, daß er ohne die Schädigungsfolgen über diese Altersgrenze hinaus erwerbstätig wäre. Das LSG hat in tatsächlicher Hinsicht als glaubhaft, dh als überwiegend wahrscheinlich angenommen, daß der Kläger ohne die Schädigungsfolgen über die Vollendung des 60. Lebensjahres hinaus noch erwerbstätig gewesen wäre. Diese tatsächlichen Annahmen binden den Senat, weil sie der Kläger nicht mit zulässigen und begründeten Rügen der Verletzung von Verfahrensrecht angegriffen hat (§ 163 SGG).

Eine wesentliche Änderung ist jedoch eingetreten, als der Kläger das 63. Lebensjahr vollendete. Zwar ist das Erreichen eines bestimmten Lebensalters (Altersgrenze) für sich allein regelmäßig nicht als wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB 10 anzusehen (vgl BSG SozR 3100 § 62 Nr 8). Etwas anderes gilt jedoch, wenn es im Zusammenhang mit weiteren Umständen anspruchsbegründende, -verändernde oder -vernichtende Wirkung hat (vgl BSG SozR 1300 § 48 Nr 17). So aber verhielt es sich hier: Seitdem der Kläger das 63. Lebensjahr vollendet hatte, war es nach den auch insoweit bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG nicht mehr überwiegend wahrscheinlich, daß er ohne die Schädigungsfolgen weiterhin einer Erwerbstätigkeit nachgegangen wäre. Das aber wäre nach § 8 Satz 1 Nr 2 iVm Satz 3 der am 7. Juli 1984 in Kraft getretenen BSchAV Voraussetzung dafür gewesen, dem Kläger Berufsschadensausgleich nach einem ungekürzten Vergleichseinkommen weiterzuzahlen. Nach der letztgenannten Bestimmung gelten als Vergleichseinkommen im Sinne des § 30 Abs 5 BVG mit Ablauf des Monats, in dem der Beschädigte "1. das 65. Lebensjahr vollendet hat" oder "2. wegen Erreichens oder Inanspruchnahme einer gesetzlichen Altersgrenze aus dem Erwerbsleben ausscheidet oder ausscheiden müßte", 75 vH des nach § 30 Abs 5 letzter Satz BVG bekannt gemachten Betrages, dh des maßgeblichen Vergleichseinkommens. Nach Satz 3 der Vorschrift gilt ua Satz 1 Nr 2 nicht, wenn "der Beschädigte glaubhaft macht, daß er ohne die Schädigung noch erwerbstätig wäre". Es unterliegt keinen von Amts wegen zu berücksichtigenden rechtlichen Bedenken, daß das Berufungsgericht auf der Grundlage der von ihm festgestellten Tatsachen zu dem Ergebnis gelangt ist, der Kläger wäre auch ohne die Schädigungsfolgen wahrscheinlich ab Februar 1985 nicht erwerbstätig und Bezieher eines Altersruhegeldes nach § 1248 Abs 1 Regelung 1 RVO gewesen. Das LSG hat den Rechtsbegriff der Glaubhaftmachung iS des § 8 Satz 3 BSchAV nicht verkannt. Der Kläger selbst hat keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe dafür vorgetragen, das Berufungsgericht habe die Grenzen seines Rechts verletzt, nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu entscheiden (§ 128 Abs 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG).

Bei dieser Sachlage war der Beklagte ab 1. Februar 1985 zur Kürzung des Vergleichseinkommens nach § 8 Satz 1 Nr 2 BSchAV verpflichtet. § 8 BSchAV bezweckt - wie bereits § 8 DVO zu § 30 Abs 3 bis 5 BVG (vgl Förster, Der Versorgungsbeamte 1981, 18; s auch Rundschreiben des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung -BMA- vom 27. Mai 1977, BVBl 1977, 81, und Rundschreiben des BMA vom 18. Juli 1977, BVBl 1977, 99) - im Rahmen des Berufsschadensausgleichs nur schädigungsbedingte Einkommensverluste zu entschädigen, also die Entschädigung dem tatsächlichen Schadensverlauf anzupassen und deshalb dem mutmaßlichen Geschehensablauf möglichst nahezukommen. Deswegen stellt § 8 Satz 1 Nr 2 BSchAV den Grundsatz auf, daß das Vergleichseinkommen eines Beschädigten, der - wie der Kläger - eine gesetzliche Altersgrenze in Anspruch nimmt und aus dem Erwerbsleben ausscheidet, auf 75 vH zu kürzen ist. Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, daß jeder nichterwerbstätige Altersruhegeldbezieher nur wegen seines Ausscheidens aus dem Erwerbsleben eine Einkommenseinbuße (sog Einkommensknick) hinnehmen muß, die deshalb regelmäßig nicht schädigungsbedingt ist. Der Verordnungsgeber hat aber durch § 8 Satz 3 BSchAV berücksichtigt, daß bei einem Beschädigten, der vor Vollendung des 65. Lebensjahres aus dem Erwerbsleben ausscheidet, der Einkommensverlust gleichwohl schädigungsbedingt sein kann, wenn nämlich die vorzeitige Aufgabe der Erwerbstätigkeit wegen der Schädigungsfolgen erfolgte. Deswegen wird dem Beschädigten die grundsätzlich vorgeschriebene Kürzung des Vergleichseinkommens solange nicht zugemutet, wie er ohne die Schädigungsfolgen weitergearbeitet hätte. Dies braucht nicht in vollem Umfang bewiesen, muß aber glaubhaft, dh überwiegend wahrscheinlich gemacht werden (§ 8 Satz 3 BSchAV). Der Verordnungsgeber hat diesen Zusammenhang im Wortlaut des § 8 Satz 3 BSchAV verdeutlicht ("noch"). Er ergab sich auch aus dem Wortlaut des § 8 Abs 2 Satz 1 DVO zu § 30 Abs 3 bis 5 BVG. Denn der Beschädigte hatte glaubhaft zu machen, daß er ohne die Schädigungsfolgen "über diese Altersgrenze hinaus" erwerbstätig gewesen wäre. In dem Zeitpunkt, zu dem der Beschädigte auch ohne die Schädigungsfolgen aus dem Erwerbsleben ausgeschieden, dh eine Weiterarbeit nicht mehr überwiegend wahrscheinlich wäre, besteht kein Grund mehr, den altersbedingten Einkommensknick durch Berufsschadensausgleich zT zu entschädigen. Nutzt der Beschädigte die den Schwerbehinderten eingeräumte Möglichkeit, nach der Vollendung des 60. Lebensjahres aus dem Erwerbsleben auszuscheiden, ist es gemäß § 8 BschAV regelmäßig nach Vollendung des 63. Lebensjahres angezeigt, unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu prüfen, ob weiterhin glaubhaft ist, daß er ohne die Schädigung über diesen Zeitpunkt hinaus "noch" erwerbstätig wäre (vgl Woltering, Anm XI Nr 3 zu § 8 DVO, zu § 30 Abs 3 bis 5 BVG in: Vorberg/van Nuis, Das Recht der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen, IV. Teil, Beschädigtenversorgung, Stand 1981, S 136).

Da es - wie das LSG bindend festgestellt hat - anders als im Zeitpunkt des Ausscheidens des Klägers aus dem Erwerbsleben seit Vollendung des 63. Lebensjahres nicht mehr glaubhaft ist, daß der Kläger ohne die Schädigungsfolgen in der Zeit seit Februar 1985 noch erwerbstätig gewesen wäre, ist eine anspruchsvernichtende und damit wesentliche Änderung gegenüber den tatsächlichen Verhältnissen eingetreten, die bei Erlaß des Bescheides vom 6. Juni 1984 noch vorgelegen hatten. Daher war der Beklagte gemäß § 48 Abs 1 Satz 1 SGB 10 befugt, ab Februar 1985 den Berufsschadensausgleich des Klägers unter Kürzung des Vergleichseinkommens auf 75 vH neu festzustellen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1657474

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