Zusammenfassung

 
Begriff

In einem sozialgerichtlichen Verfahren kann oder muss das Gericht von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren berechtigte Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen. Durch die Beiladung wird der oder die Beigeladene Verfahrensbeteiligter.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Sozialversicherung: Die Beiladung durch Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit ist in § 75 SGG geregelt. Die Stellung des Beigeladenen regelt § 69 SGG, die Wirkung der unterbliebenen Beiladung im Revisionsverfahren § 168 SGG.

1 Grundsätze

Es ist zu unterscheiden zwischen der einfachen und der notwendigen Beiladung. Die einfache Beiladung steht im Ermessen des Gerichts. Die notwendige Beiladung hat bei Vorliegen der Voraussetzungen zu erfolgen und gibt dem Gericht keinen Spielraum in der Entscheidung über das "Ob" der Beiladung. Form und Verfahren der Beiladung richtet sich ebenfalls danach, ob es sich um eine einfache oder notwendige Beiladung handelt. Des Weiteren ergeben sich Unterschiede aus der Anzahl der beizuladenden Personen.

2 Einfache Beiladung

Das Gericht kann von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren berechtigte Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen.[1]

 
Praxis-Beispiel

Arzt, deren Anstellungsgenehmigung verlegt werden soll

Grundsätzlich wird es im Regelfall sachgerecht sein, einen angestellten oder anzustellenden Arzt bei Verfahren über eine Anstellungsgenehmigung (einfach) beizuladen. Da die Anstellungsmöglichkeit aber nicht als Recht des anzustellenden Arztes, sondern als ausschließliches Recht des Medizinischen Versorgungszentrumgs (MVZ) bzw. zugelassenen Praxisinhabers ausgestaltet ist, handelt es sich nur um eine einfache Beiladung. Soweit sie unterblieben ist, kann sie vom Revisionsgericht nicht nachgeholt werden. Die unterbliebende (einfache) Beiladung begründet aber keinen sachentscheidungshindernden Verfahrensmangel[2].

3 Notwendige Beiladung

In Angelegenheiten des Sozialen Entschädigungsrechts ist die Bundesrepublik Deutschland auf Antrag beizuladen.[1] In diesen Angelegenheiten handelt es sich um eine notwendige Beiladung. Voraussetzung ist jedoch ein Antrag auf Beiladung. Ist ein solcher gestellt worden, muss eine Beiladung erfolgen.

Des Weiteren muss eine Beiladung – grundsätzlich auch ohne Antrag – erfolgen, wenn

  • an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann,[2]

     
    Praxis-Beispiel

    Gestattung der Verlegung einer Anstellungsgenehmigung eines Arztes von einem MVZ zu einem anderen MVZ

    In diesem Fall sind sowohl die abgebende als auch die übernehmende MVZ beizuladen, weil die Entscheidung, ob die Anstellungsgenehmigung verlegt werden kann, nur einheitlich ergehen kann.

    Notwendig beizuladen sind in dieser Konstellation stets auch die Krankenkassenverbände und Kassenärztliche Vereinigungen, weil Entscheidungen der Zulassungsgremien unmittelbar den Rechtskreis der für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung sowie den der gesetzlichen Krankenkassen betreffen. Dies gilt nicht nur für Entscheidungen, die unmittelbar den Status eines vertragsärztlichen Leistungserbringers verändern, sondern auch für solche, die in untrennbarem Zusammenhang hiermit stehen. Betroffen ist der Rechtskreis, weil zugelassene und ermächtigte Ärzte bzw. ärztlich geleitete Einrichtungen im System der vertragsärztlichen Versorgung Leistungen erbringen und zu Lasten der Krankenkassen veranlassen dürfen, mithin Entscheidungen über eine Verlegung auch statusrelevant sind, weil sich die Zahl der zu erfüllenden Versorgungsaufträge ändert[3].

  • sich im Verfahren ergibt, dass bei Ablehnung des Anspruchs ein anderer Versicherungsträger, ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, ein Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des SGB IX, ein Träger der Leistungen nach Asylbewerberleistungsgesetz oder in Angelegenheiten des Sozialen Entschädigungsrechts ein Land als leistungspflichtig in Betracht kommt.[4]

Kommen im Falle des § 75 Abs. 2 1. Alternative SGG mehr als 20 Personen infrage, kann das Gericht durch Beschluss anordnen, dass nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Dieser Beschluss ist unanfechtbar.[5] Diese Regelung ist eine Ausnahmeregelung vom Grundsatz, dass bei der notwendigen Beiladung grundsätzlich kein Antrag gestellt werden muss. Allerdings soll das Gericht Personen auch ohne Antrag beiladen – unabhängig von der Personenanzahl –, wenn sie von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden.[6]

 
Achtung

Sonderfall und Antragserfordernis/Umstellung auf Antragsverfahren

In Verfahren gegen Entscheidungen nach § 7a Abs. 1 Satz 3, § 28h Abs. 2 und § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV sind andere Versicherungsträger abweichend von § 75 Abs. 2 SGG nur auf deren Antrag beizuladen. Das Gericht benachrichtigt die anderen Versicherungsträger über die Erhebung einer entspre...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Kranken- und Pflegeversicherungs Office. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen