Die Maskenbeatmung (nicht invasive Beatmung; kurz NIV) kommt bei unterschiedlichen Krankheitsbildern mit heterogenen Ursachen und Ausmaßen einer respiratorischen Insuffizienz mit unterschiedlichen Maskentypen und Beatmungszeiten zum Einsatz.

"Die NIV wird überwiegend als intermittierende Beatmung durchgeführt, kann jedoch auch als kontinuierliche Therapie bei vollständig von der Beatmung abhängigen Patienten Anwendung finden" (Windisch et al., 2017, p. 731). "Während Patienten ohne motorische Einschränkung ihre zumeist nächtliche NIV weitgehend selbst durchführen können, benötigen Betroffene mit körperlicher Behinderung unter Umständen umfangreiche Unterstützung bis hin zur ständigen Anwesenheit von Betreuungspersonen bei lebenserhaltender kontinuierlicher NIV" (Windisch et al., 2017, p. 739). Bei unselbständigen Versicherten mit einer nicht invasiven Beatmungstherapie, einer hochgradigen Husteninsuffizienz mit Notwendigkeit eines speziellen Sekretmanagements zu unvorhersehbaren Zeiten und zur Vermeidung einer invasiven Beatmung, kann ein Anspruch auf außerklinische Intensivpflege bestehen.

Bei der Begutachtung sind die folgenden Items zu prüfen:

  • Welche Spontanatmungszeit hat der oder die Versicherte?
  • Welches Maskensystem befindet sich in Anwendung?
  • Hilfsmittelversorgung
  • Ausmaß der Husteninsuffizienz
  • selbständiger Hilferuf/Angehörige vor Ort?
  • kognitive Einschränkungen
  • motorische Einschränkungen
  • Grunderkrankung
  • Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit einer lebensbedrohlichen Situation?

Die folgenden Fallkonstellationen stecken exemplarisch die Bandbreite der möglichen gutachterlichen Beurteilung ab. Es ist immer der Einzelfall zu betrachten:

 

1.

nächtliche NIV zur Unterstützung und Erholung der insuffizienten Atemmuskulatur; ggf. tagsüber zusätzliche Maßnahmen zur Sekretelimination (Inhalationen); keine höhergradigen motorischen/kognitiven Funktionseinschränkungen.

Der bzw. die Versicherte ist bzgl. der Beatmungstherapie weitgehend selbständig, benötigt allenfalls punktuelle Hilfestellungen, jedoch keine permanente Präsenz einer Pflegefachkraft.

→ Die Anspruchsvoraussetzungen für die außerklinische Intensivpflege sind "nicht erfüllt".

 

2.

nächtliche NIV via Mund-Nasen-Maske zur Unterstützung und Erholung der insuffizienten Atemmuskulatur; tagsüber suffiziente Spontanatmung; elektiv geplante Maßnahmen zur Sekretelimination (Inhalationen, Hustenhilfe); schwerste motorische Funktionseinschränkungen der oberen Extremitäten. Es besteht ein umfangreicher Pflege- und Betreuungsbedarf.

Der bzw. die Versicherte benötigt zum Anlegen, Abnehmen und ggf. Korrigieren der Beatmungsmaske eine Unterstützung. Das Beatmungsgerät ist mit einer Alarmfunktion ausgestattet. Der bzw. die Versicherte ist in der Lage, selbst Hilfe zu rufen. Es kommt nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit täglich unvorhersehbar zu lebensbedrohlichen Situationen mit der Notwendigkeit einer sofortigen pflegerischen Intervention.

→ Die Anspruchsvoraussetzungen für die außerklinische Intensivpflege sind "nicht erfüllt".

Empfehlungen:

  • Aufgrund der schweren Funktionseinschränkungen benötigt der oder die Versicherte bei allen Aktivitäten des täglichen Lebens rund um die Uhr eine umfassende Pflege und Betreuung.
  • Ergänzend zu den Versorgungsleistungen nach SGB IX, SGB XI und SGB XII kommen punktuelle Leistungen des SGB V wie z. B. "Bedienung und Überwachung des Beatmungsgerätes" (Ziffer 8 der HKP-Richtlinie) oder sonstige Leistungen der häuslichen Krankenpflege in Betracht.
  • Die Rettungskette kann alarmiert werden.
  • Ggf. können Hinweise für andere Versorgungsformen oder zum persönlichen Budget gegeben werden, wenn die Pflege und Betreuung nicht sichergestellt sind.
 

3.

NIV intermittierend nachts und tagsüber; zudem täglich zu unvorhersehbaren Zeitpunkten Maßnahmen zum Sekretmanagement (Hustenhilfe) bei eingeschränkter Hustenfunktion; geringe motorische Funktionen einzelner Finger.

Der bzw. die Versicherte benötigt aufgrund der respiratorischen Situation rund um die Uhr beatmungsspezifische Pflegemaßnahmen und die Interventionsbereitschaft einer geeigneten Pflegefachkraft.

→ Die Anspruchsvoraussetzungen für die außerklinische Intensivpflege sind "erfüllt".

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