Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosenhilfe. Bedürftigkeitsprüfung. Vermögensverwertung. Vermögensübertragung an Kinder. Ausstattung aus Elternvermögen. kein Rückübertragungsanspruch

 

Orientierungssatz

1. Den Eltern, die im zeitlichen Zusammenhang mit der Beantragung von Arbeitslosenhilfe Vermögen an die Kinder zum Zwecke der Verheiratung oder Erlangung einer selbständigen Lebensstellung übertragen haben (§ 1624 BGB), kann kein Rückübertragungsanspruch nach § 528 BGB entgegengehalten werden, wenn die sog Ausstattung das den Umständen, insbesondere den Vermögensverhältnissen des Vaters und der Mutter entsprechende Maß nicht übersteigt.

2. Für die Anerkennung als Ausstattung iS des § 1624 Abs 1 BGB kommt es nicht darauf an, ob die Ehe erst geschlossen werden soll oder schon geschlossen ist, ob die Lebensstellung erst geschaffen werden soll oder schon begründet ist, solange die notwendige Zwecksetzung gegeben ist.

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Augsburg vom 24. August 2004 und der Bescheide vom 27. Juni 2002 sowie 26. August 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Oktober 2002 dem Grunde nach verurteilt, dem Kläger ab 18. Juli 2002 Arbeitslosenhilfe zu bewilligen.

II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) ab 08.07.2002 dem Grunde nach streitig.

Der ... geborene Kläger ist verheiratet und hat drei Kinder. Er war vom 10.04.1977 bis 14.02.2000 als angelernter Teileschlosser beschäftigt und bezog ab 09.05.2000 Arbeitslosengeld (Alg). Nach Beschäftigungen als Lackiererhelfer vom 02. bis 27.07. und 27.08. bis 21.12.2001 bezog er bis zur Erschöpfung des Anspruches am 17.07.2002 Alg.

In seinem Antrag auf Alhi vom 07.05.2002 führte der Kläger mehrere Vermögenswerte auf. Am 21.05.2002 gab er schriftlich an, seine Ersparnisse seien von ihm, seiner Frau und seinen Kindern gemeinsam erbracht worden; auch die Kinder hätten alles, was sie verdienten, zu Hause abgegeben; zur Heirat hätte jedes der Kinder seinen Anteil bekommen.

Er legte eine schriftliche Erklärung seines 1975 geborenen Sohnes S. vor, wonach er von seinen Eltern 30.000,00 EUR erhalten habe. Die Tochter M. erklärte am 18.05.2002 schriftlich, von ihren Eltern für die Hochzeit und die Feierlichkeiten 40.000,00 EUR erhalten zu haben. Der Sohn A. bestätigte am 18.05.2002 schriftlich, von seinen Eltern 30.000,00 EUR erhalten zu haben.

Mit Bescheid vom 27.06.2002 lehnte die Beklagte den Antrag auf Alhi ab. Der Kläger und seine Ehegattin verfügten über ein Vermögen in Höhe von 106.041,89 EUR, das verwertbar und dessen Verwertung zumutbar sei. Unter Berücksichtigung eines Freibetrages für den Kläger in Höhe von 29.640,00 EUR und für die Ehefrau in Höhe von 25.480,00 EUR verblieben 50.921,89 EUR; dieser Betrag sei bei der Prüfung der Bedürftigkeit zu berücksichtigen.

Mit seinem Widerspruch wiederholte der Kläger seinen Vortrag, das Vermögen gehöre nicht ihm und seiner Frau allein, sondern auch den Kindern, denen es als Aussteuergeld zurückgegeben worden sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 07.10.2002 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Einwand, das Vermögen habe nicht ihm gehört, weil es sich um Aussteuergelder gehandelt habe, sei nicht nachgewiesen und auch nicht glaubhaft. Die sog. Aussteuergelder seien nicht zum Zeitpunkt der Volljährigkeit ausbezahlt worden. Der Kläger habe angegeben, die Kinder hätten ihren Anteil erhalten, als sie geheiratet hätten; dies widerspreche den Angaben im Antragsformular, wo von einer Auszahlung von 100.000,00 EUR an die Tochter im März 2002 die Rede sei. Der Kläger habe sein Vermögen offensichtlich zum Zwecke der Herbeiführung der Bedürftigkeit an die Kinder übertragen. Es sei für ihn absehbar gewesen, dass der Anspruch auf Alg am 27.07.2002 ende und bei der Beantragung von Alhi vorhandenes Vermögen berücksichtigt werde.

Mit seiner Klage hat der Kläger vorgetragen, das gemeinsame Vermögen sei im Mai 2002 in bar entsprechend dem Produktivitätsanteil der Kinder am gemeinsamen Vermögen verteilt worden. Anlass für diesen Verteilungsvorgang sei gewesen, dass im Mai schließlich alle Kinder das gemeinsame Elternhaus verlassen hätten; zuvor habe der Sohn A. 1997 geheiratet und einen eigenen Haushalt gegründet. Der Sohn S. sei im Jahr 2000 in einen eigenen Haushalt gezogen, die Tochter habe im August 2001 geheiratet und sei in den Monaten danach in eine eigene Wohnung gezogen. Beweis hierfür seien die Zeugnisse der Kinder, deren Zeugenvernehmung angeboten werde. Im Zeitpunkt der Antragstellung am 13.06.2002 habe der Kläger über ein liquides Barvermögen in Höhe von ca. 2.500,00 EUR verfügt.

Mit Gerichtsbescheid vom 24.08.2004 hat das SG die Klage abgewiesen. Den Vortrag des Klägers, das von der Beklagten in Ansatz gebrachte Vermögen gehöre seinen Kindern, weise das G...

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