Entscheidungsstichwort (Thema)

Minderung des Arbeitslosengeldes. verspätete Meldung. frühzeitige Arbeitsuche. befristetes Arbeitsverhältnis

 

Leitsatz (amtlich)

Bei befristeten Arbeitsverhältnissen darf im Fall einer Meldepflichtverletzung deren subjektive Vorwerfbarkeit nicht ohne Beachtung der Zwecksetzung und Art der Befristung und der bisherigen Laufbahn und Stellung des Arbeitnehmers im Arbeitgeberbetrieb geprüft werden.

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 6. März 2008 aufgehoben. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 9. Januar 2006 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 9. März 2006 und des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2006 verurteilt, dem Kläger auf seinen Antrag vom 14.11.2005 Arbeitslosengeld ohne Minderung aufgrund einer verspäteten Meldung zu gewähren.

II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist eine Minderung des Arbeitslosengeldes wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung.

Der 1980 geborene Kläger durchlief vom 01.09.2000 bis 28.02.2004 eine Ausbildung zum Gas- und Wasserinstallateur bei der Firma (, Bauspenglerei) in A-Stadt. Nach Abschluss der Gesellenprüfung übernahm ihn die Firma K. mit Vertrag vom 01.03.2004 in einem bis zum 31.12.2004 befristeten Arbeitsverhältnis als Sanitär-Installateur.

Am 22.10.2004 meldete er sich mit Wirkung ab 01.01.2005 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg). Anlässlich der Abgabe des ausgefüllten Antrages am 22.11.2004 bestätigte er unterschriftlich, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben.

Die Bewerberarbeitnehmerkarte (BewA) verzeichnet unter dem Datum des 30.12.2004 folgenden Anruf: "Arbeitslosigkeit tritt nicht ein, F. wird weiterbeschäftigt." Daraus folgt in der Akte der Vermerk der Leistungsabteilung, der Antrag habe sich erledigt.

Am 14.11.2005 meldete sich der Kläger erneut arbeitsuchend bzw. arbeitslos mit Wirkung ab 01.01.2006 und beantragte Alg ab 01.01.2006. Laut Arbeitsbescheinigung der Firma K. vom 29.12.2005 war der Kläger in einem arbeitsvertraglich bis 31.12.2005 befristeten Arbeitsverhältnis beschäftigt gewesen. Die Fragen nach Zeitpunkt und Form des Arbeitsvertrages waren in der Arbeitsbescheinigung nicht beantwortet. Anlässlich der Abgabe des ausgefüllten Antrags am 05.01.2006 bestätigte der Kläger unterschriftlich die Richtigkeit der durch ihn oder den Antragsannehmer seitens der BA (mit grünem Stift) vorgenommenen Ergänzungen seiner Angaben. Die unter der links davon nebenstehenden vorgedruckten Versicherung, anlässlich der (aktuellen) Arbeitslosmeldung das Merkblatt für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben, vorgesehene Unterschrift des Antragstellers fehlt.

Mit Widerspruchsbelehrung versehenem Bewilligungsbescheid vom 09.01.2006 bewilligte das Arbeitsamt A-Stadt dem Kläger ab 01.01.2006 Alg für 360 Tage. Von dem ihm zustehenden täglichen Leistungssatz von 33,73 EUR (bei einem Monatssatz von 30 Tagen) müssten täglich 16,86 EUR abgezogen werden, so dass ein täglicher Leistungssatz von 16,87 EUR verbleibe. Zur Minderung erhalte er ein gesondertes Erläuterungsschreiben.

Mit dem mit 05.01.2006 datierten Schreiben an den Kläger, betitelt als "Erläuterungen zum Bewilligungsbescheid - Minderung gemäß § 140 Drittes Buch Sozialgesetzbuch" SGB III wurde die vorgenommene Minderung des Leistungssatzes unter Bezugnahme auf die §§ 37b und 140 SGB III dargelegt und erläutert.

Der Kläger sei der aus § 37b SGB III sich ergebenden Pflicht nicht rechtzeitig nachgekommen. Läge nämlich zwischen dem Abschluss des Arbeitsvertrages - 01.01.2005 - und dem Ende des befristeten Arbeitsverhältnisses ein Zeitraum von mehr als drei Monaten, entstehe die Meldepflicht nach § 37b SGB III spätestens drei Monate vor dem vereinbarten Ende. Danach hätte er sich bei Berücksichtigung der Tage der Dienstbereitschaft der Agentur für Arbeit spätestens am Dienstag, den 04.10.2005, arbeitsuchend melden müssen. Er habe sich jedoch erst am 14.11.2005 gemeldet. Die Meldung sei damit um 41 Tage zu spät erfolgt.

In Anwendung des § 140 SGB III mindere sich sein Anspruch auf Leistungen um 35,00 EUR für jeden Verspätungstag, wobei generell längstens 30 Tage Verspätung angerechnet werden könnten. Daraus errechne sich bei ihm eine Gesamtminderungssumme in Höhe von insgesamt 1.050,00 EUR. Die Summe werde von Gesetzes wegen in der Weise abgetragen, dass ihm ab dem ersten Leistungstag nur die Hälfte des ihm ohne die Minderung zustehenden täglichen Alg-Satzes ausgezahlt werde. Bei einem sich bei ihm damit errechnenden täglichen Abzug von 16,86 EUR werde die Anrechnung bei normalem Verlauf mit der Zahlung des Alg für 63 Leistungstage beendet sein.

Hiergegen legte der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten am 18.01.2006 Widerspruch ein. Man dürfe ihm nicht vorwerfen, sich "entgegen § 37b" nicht "unverzüglich" arbeitsuchend gemelde...

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