Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung. sachlicher Zusammenhang. Teilnahmemöglichkeit aller Beschäftigten. Schlittenfahrt einer Arbeitsgruppe am Faschingsdienstag nach Dienstende

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Bejahung einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung reicht es nicht aus, dass nur den Beschäftigten einer ausgewählten Gruppe die Teilnahme angeboten wird oder zugänglich ist.

 

Orientierungssatz

1. Für eine versicherte betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung großer Unternehmen ist in der Regel auf die Abteilungsebene abzustellen.

2. Zwar ist es nicht zwingend, dass eine versicherte Veranstaltung während der Arbeitszeit stattfindet. Jedoch ist dies ein starkes Indiz hierfür.

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 07.07.2009 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Arbeitsunfalls.

Der Kläger war zum Unfallzeitpunkt am 28.02.2006 als Ingenieur bei der Firma B. beschäftigt. Er arbeitete in der Gruppe Entwicklung, Konstruktion und Mittelkonsole. Sein Vorgesetzter war der Zeuge J. S.. Am 28.02.2006 unternahmen von den elf Mitarbeitern der Gruppe sieben einen Rodelausflug. Die Schlittenfahrt fand außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit statt. Bei dieser Schlittenfahrt kam der Kläger mit seinem Schlitten von der Bahn ab und zog sich eine Fraktur der Brustwirbelsäule zu.

Der Arbeitgeber des Klägers gab mit Schreiben vom 28.06.2006 an, die Veranstaltung habe in der Freizeit stattgefunden. Um 15.00 Uhr habe man sich im Team getroffen und sei anschließend mit zwei Pkw nach O. gefahren. Im Anschluss an die Veranstaltung sei ein gemeinsames Essen geplant gewesen. Dieses Essen wäre durch die Führungskraft bezahlt worden. Die Kostenübernahme - mit Ausnahme der Fahrkosten - sei durch die Führungskraft erfolgt.

Mit Bescheid vom 12.10.2006 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 28.02.2006 als Arbeitsunfall ab. Hiergegen wurde Widerspruch eingelegt. Der Gruppenausflug habe der Pflege der Verbundenheit der Mitarbeiter der Fachgruppenunterabteilung El-512 untereinander sowie gegenüber der Unternehmensleitung und dem Austausch projektbezogener Erfahrungen gedient.

Mit Widerspruchsbescheid vom 07.03.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen legte der Kläger am 05.04.2007 Klage beim Sozialgericht München (SG) ein. Die Voraussetzungen einer Gemeinschaftsveranstaltung und somit eines versicherten Arbeitsunfalls seien erfüllt. Der Kläger verwies darauf, dass bei einer anderen Teambildungsveranstaltung, bei der ein Fußballspiel durchgeführt wurde, ein versicherter Arbeitsunfall von der Beklagten anerkannt worden sei. Im Erörterungstermin vom 17.03.2009 wurden J. S., F. L. und Dr. H. K. von der Firma B. als Zeugen vernommen. Der damalige unmittelbare Vorgesetzte des Klägers J. S. führte in seiner Zeugenaussage aus, dass Zielrichtung der Veranstaltung vom 28.02.2006 die Förderung der Kommunikation unter den Mitarbeitern gewesen sei. Es sei der Wunsch der Mitarbeiter gewesen, zum Rodeln zu gehen. Eine Finanzierung durch das Arbeitgeberunternehmen habe er nicht beantragt, weil die Kosten nicht so hoch gewesen seien und ein sehr aufwändiges Verwaltungsverfahren notwendig gewesen wäre. Es handle sich um eine Ergänzung der wöchentlich stattfindenden Gruppentreffen. Wegen der Einzelheiten sowie hinsichtlich der Aussagen der Zeugen L. und Dr. K. wird auf die Niederschrift des SG verwiesen.

Mit Urteil vom 07.07.2009 wies das SG die Klage ab. Zwar könne es durchaus auch im Interesse des Unternehmens liegen, dass sog. Teambildungsmaßnahmen durchgeführt werden. Dies führe jedoch nicht dazu, dass solche Maßnahmen zwangsläufig regelmäßig dem gesetzlichen Unfallversicherungsschutz unterlägen. Dies jedenfalls dann nicht, wenn - wie hier - nur ein verschwindend kleiner Bruchteil der Belegschaft des Unternehmens an der Maßnahme teilnimmt, die darüber hinaus während der Freizeit ohne Kostentragung des Unternehmens und ohne dessen Wissen durchgeführt wurde. Nicht jegliche Tätigkeit, die auch im Interesse des Unternehmens stattfindet, unterfalle dem Versicherungsschutz des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII).

Hiergegen hat der Kläger am 02.10.2009 Berufung eingelegt. Das SG habe den Vertrauensschutz gegenüber einem Arbeitnehmer völlig außer Acht gelassen. Alle vom BSG aufgestellten Kriterien sprächen für und nicht gegen das Vorliegen der Gemeinschaftsveranstaltung. Ziel sei die Förderung der Zusammengehörigkeit der Beschäftigten untereinander gewesen. Alle Angehörigen der Abteilung seien eingeladen gewesen. Der Wunsch des Arbeitgebers sei deutlich geworden, dass möglichst alle Beschäftigten sich freiwillig zu einer Teilnahme entschließen. Die Teilnahme habe allen Beschäftigten des Unternehmens offengestanden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 07....

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