Entscheidungsstichwort (Thema)

Pflegeversicherung: Anspruch auf Kostenerstattung für Pflegehilfsmittel zum Verbrauch

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zum (nachrangigen) Anspruch auf Kostenerstattung für zum Verbrauch bestimmter Pflegehilfsmittel.

2. Der monatliche Bedarf an zum Verbrauch bestimmten Pflegehilfsmitteln kann im Rahmen der entwickelten Verwaltungspraxis auch durch ein entsprechendes Gutachtensergebnis nachgewiesen werden.

3. Es kann von der Pflegeperson nicht generell verlangt werden, dass Pflegehilfsmittel kostengünstig bei einem Discounter erworben werden.

4. Für eine zukünftige Kostenübernahme ist der Abschluss einer Kostenübernahmeerklärung oder die Stellung eines neuen Kostenerstattungsantrags erforderlich.

 

Tenor

I. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 16. September 2013 wird unter Nr. I aufgehoben und die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 9. August 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Oktober 2012 verurteilt, dem Kläger ab 10. Mai 2012 die Kosten für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel in Höhe von monatlich 31.- EUR und ab 1. Januar 2015 in Höhe von 40.- EUR monatlich unter Anrechnung bereits erbrachter Kostenerstattung zu erstatten.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Beklagte erstattet ein Drittel der außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger und Berufungskläger, der seit 1. Februar 2009 Pflegegeld nach der Pflegestufe I und seit 1. Juli 2011 nach der Pflegestufe II bezieht, beantragte am 10. Mai 2012 bei der Beklagten für die Zeit ab Beginn der Leistungen die Zahlung einer Pauschale von 31.- EUR einschließlich Zinsen für beschaffte Pflegehilfsmittel zum Verbrauch. Einem Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Bayern (MDK) vom 8. August 2011 und einem Gutachten des Dr. E. vom 21. Dezember 2009, erstellt für das Sozialgericht Regensburg in dem Verfahren Az.: S 2 P 55/09, sei zu entnehmen, dass für seine Pflege Hilfsmittel in Form von Einlagen zum Verbrauch benötigt würden. Dr. E. hatte in der Anamnese angegeben, dass der Kläger wegen blutender Hämorrhoiden täglich eine Einlage benutze. Der MDK empfahl in dem Gutachten die Pflegestufe II bei pflegebegründenden Diagnosen einer Polyarthrose besonders der Schulter-, Hand- und Fingergelenke, beidseits mit zunehmender Einsteifung der Gelenke, sonstigen Deformitäten der Wirbelsäule und des Rückens mit schmerzhaften Bewegungseinschränkungen sowie den weiteren Diagnosen: Harnnachtröpfeln, Hämorrhoidalleiden. Aus dem Gutachten geht ebenfalls hervor, dass bei Neigung zu Hämorrhoidenblutung eine Versorgung mit kleinen Einlagen und Papiervorlagen erfolge. Für das Wechseln kleiner Vorlagen setzte der MDK einen notwendigen zeitlichen Hilfebedarf von siebenmal täglich und 7 Minuten pro Tag an.

Mit Bescheid vom 24. Mai 2012 teilte die beigeladene Krankenkasse mit, dass es sich bei den Einlagen um Inkontinenzvorlagen handele, die Hilfsmittel darstellten und in den Zuständigkeitsbereich der Gesetzlichen Krankenversicherung fielen. Für den Zeitraum vom 1. Dezember 2009 bis 31. Mai 2012 bot sie - ohne Anerkennung einer Rechtspflicht - eine Erstattung in Höhe von 288,75 EUR (Festbetrag von 0,35 EUR je Stück, bei 30 Tagen: 10,50 EUR/Monat abzüglich Zuzahlung in Höhe von 1,05 EUR/Monat) an. Für die Zeit ab Juni 2012 empfahl sie, die Inkontinenzvorlagen im Rahmen einer Pauschale über einen der Vertragslieferanten der Krankenkasse zu beziehen.

Auf die Einwendungen des Klägers erklärte sich die Beigeladene mit Schreiben vom 19. Juli 2012 bereit, auch für die Zeit vom Februar bis November 2009 die monatlichen Erstattungsbeträge für die Inkontinenzvorlagen nachzuzahlen. Zinsansprüche wurden nicht anerkannt. Bei den Aufwendungen für zum Verbrauch bestimmter Pflegehilfsmittel könne der Versicherte wählen, ob er diese als Sachleistung (im Rahmen der zwischen dem Spitzenverband Bund der Pflegekassen geschlossenen Verträge) oder in Form der Kostenerstattung für selbst beschaffte Pflegehilfsmittel in Anspruch nehmen wolle. Wähle der Versicherte die Kostenerstattung, würde aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität in Fällen, in denen ein monatlicher Bedarf an zum Verbrauch bestimmten Pflegehilfsmitteln in Höhe von mindestens 31,- EUR nachgewiesen sei, auf die monatliche Vorlage von entsprechenden Belegen verzichtet werden. In diesen Fällen könne ohne weitere Prüfung der monatliche Höchstbetrag ausgezahlt werden. Die Krankenkasse könne für die Zukunft nicht von einem monatlichen Bedarf von mindestens 31.- EUR ausgehen, sodass auf die monatliche Vorlage von entsprechenden Belegen derzeit nicht verzichtet werden könne. Auch für die Vergangenheit werde um Vorlage dieser Belege gebeten.

Mit Fax vom 30. Juli 2012 hielt der Kläger gegenüber der Krankenkasse an seiner Forderung einer Pauschale von monatlich 31.- EUR für zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel (Desinfektionsmittel, Einmalhandschuhe, Bettschutzeinlagen, Inkontinenzmat...

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