Verfahrensgang

SG Bayreuth (Urteil vom 05.07.1978; Aktenzeichen S 6/Al 202/77)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 25.08.1981; Aktenzeichen 7 RAr 53/80)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 5.7.1978 und der Bescheid der Beklagten vom 12.9.1977 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.12.1977 aufgehoben.

II. Die Beklagte hat der Klägerin die Kosten des Verfahrens zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin dadurch, daß sie gemäß der im Rationalisierungsschutzvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Textilindustrie im Bundesgebiet vom 30.4.1969 vorgesehenen Regelung anstelle einer Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der für sie geltenden Kündigungsfrist die vorzeitige Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung verlangte, Anlaß für den Eintritt einer 4wöchigen Sperrzeit gegeben hat,

Die 1926 geborene Klägerin stand vom 15.4.1941 bis 12.8.1977 bei der K. Spinnerei, Zweigbetrieb M. in einem Beschäftigungsverhältnis. Für sie galt der von verschiedenen Arbeitgeberverbänden der Textilindustrie mit der Gewerkschaft Textil-Bekleidung am 30.4.1969 geschlossene und am 1.6.1969 in Kraft getretene, als Rationalisierungsschutzvertrag bezeichnete Tarifvertrag, der u.a. bei Entlassung infolge von Rationalisierungsmaßnahmen von der Dauer der Betriebszugehörigkeit und dem Lebensalter des jeweiligen Arbeitnehmers abhängige besondere Kündigungsfristen vorsah und außerdem dem Arbeitnehmer das Recht einräumte, anstelle einer Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf dieser Kündigungsfristen die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung zu verlangen, wobei in diesem Falle das Arbeitsverhältnis 21 Tage nach Zugang der Kündigung endete. Für die Klägerin betrug danach – abweichend von der allgemeinen Kündigungsfrist von 2 Monaten zum Monatsende – bei einer Kündigung infolge von Rationalisierungsmaßnahmen die Kündigungsfrist 26 Wochen. Als ihr am 22.7.1977 aus diesem Grunde gekündigt wurde, verlangte sie die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung, schied daraufhin mit einer solchen in Höhe von 4.118,40 DM am 12.8.1977 aus und beantragte am 17.8.1977 beim Arbeitsamt Bayreuth die Gewährung von Arbeitslosengeld. Mit Bescheid vom 12.9.1977 stellte dieses für die Zeit vom 13.8. bis 9.9.1977 den Eintritt einer 4wöchigen Sperrzeit fest, weil sich die Klägerin ohne wichtigen Grund mit der vorzeitigen Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses einverstanden erklärt habe. Demzufolge bewilligte es das der Klägerin zustehende Arbeitslosengeld erst vom 10.9.1977 an. Der Widerspruch hiergegen blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 27.12.1977).

Das Sozialgericht, vor dem die Klägerin geltend machte, daß sie ihr Arbeitsverhältnis nicht vorzeitig beendet, sondern lediglich nach ihrer Entlassung infolge von Rationalisierungsmaßnahmen von dem ihr durch den Rationalisierungsschutzvertrag eingeräumten Recht Gebrauch gemacht habe, die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung zu verlangen, womit sie dem Arbeitgeber die Möglichkeit zur Beseitigung eines überflüssigen Arbeitsplatzes gegeben habe, wies mit Urteil vom 5.7.1978 die Klage ab. Es vertrat die Auffassung, daß die Klägerin durch ihr Verlangen nach vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Zahlung einer Abfindung anstelle der Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der für sie geltenden Kündigungsfrist von 26 Wochen ohne wichtigen Grund das Arbeitsverhältnis vorzeitig gelöst und damit den Sperrzeittatbestand des § 119 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) erfüllt habe.

Gegen das Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt und vorgetragen: Sie habe mit der Ausübung des ihr durch den Rationalisierungsschutzvertrag eingeräumten Rechts, im Falle einer Kündigung infolge von Rationalisierungsmaßnahmen anstelle der Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung zu verlangen, lediglich von einer ihr durch den Tarifvertrag eingeräumten Wahlmöglichkeit zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses Gebrauch gemacht, nachdem ihre Entlassung bereits unabänderlich festgestanden habe. Ihre Entscheidungsfreiheit, zwischen beiden Möglichkeiten zu wählen, dürfe nicht dadurch eingeengt werden, daß die Beklagte im Falle der Wahl der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung den Eintritt einer Sperrzeit feststelle. Sie habe für diese Wahl einen wichtigen Grund gehabt, denn zum einen habe sie eine Abfindung erhalten können und zum andern habe sie dem Arbeitgeber die Möglichkeit zur Beseitigung eines überflüssigen Arbeitsplatzes gegeben,

Die Klägerin hat beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt, die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.

Die Klägerin habe auf die für sie nach dem Rationalisierungsschutzvertrag g...

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