Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechnung des Versorgungskrankengeldes bei selbstständiger Tätigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Auch bei Festsetzung des Regelentgelts unter Berücksichtigung der Gesamtverhältnisse nach § 16b Abs. 4 BVG ist nur Arbeitseinkommen aus den in § 16b Abs. 1 BVG genannten Einkunftsarten - Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit - maßgeblich.

 

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 11.05.2017 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger (Berufungskläger) begehrt Versorgungskrankengeld vom Beklagten (Berufungsbeklagten).

Der 1952 geborene Kläger studierte nach eigenen Angaben Biologie, Chemie, Pharmazie und Medizin mit anschließender Promotion in Molekularbiologie und Habilitation im Molekularimmunologie. Nach mehreren Jahren wissenschaftlicher Tätigkeit hat er seinen Schwerpunkt auf Unternehmensberatung und eigene unternehmerische Tätigkeit verlegt.

Am 10.01.2009 wurde der Kläger Opfer eines tätlichen Angriffs, als er von einem Unbekannten ohne Vorwarnung im Bereich der Halswirbelsäule in den Rücken und dann mit geballter Faust im Bereich des rechten Auges und der Nase geschlagen wurde. Er erlitt dabei ein Schädel-Hirn-Trauma und eine erhebliche Verletzung des linken Auges mit einer Linsenzertrümmerung, aufgrund derer eine Vitrektomie und der Einsatz einer Kunstlinse erfolgten.

Am 02.04.2009 beantragte der Kläger Beschädigtenversorgung nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten.

Die beim Kläger vorliegenden Schädigungsfolgen wurden mit Bescheid vom 15.07.2010 ab 10.01.2009 wie folgt anerkannt:

1. Anpassungsstörung mit mittelschwerer depressiver Störung

2. implantierte Kunstlinse links nach Linsenluxation

im Sinne der Entstehung.

Der Grad der Schädigungsfolgen (GdS) betrage 30.

In der Zeit vom 10.01.2009 bis längstens 09.07.2009 hätten als Folgen der Gewalttat außerdem folgende Gesundheitsstörungen bestanden: Commotio cerebri, dislozierte Nasenbeinfraktur, leichtgradige Distorsionsverletzung der Halswirbelsäule.

Für die anerkannten Schädigungsfolgen bestehe Anspruch auf Heilbehandlung.

Außerdem wurde dem Kläger eine Grundrente (§ 31 Bundesversorgungsgesetz - BVG -) zugesprochen (ab 01.01.2009 monatlich 120,00 €, ab 01.07.2009 monatlich 123,00 €).

Mit Schreiben vom 02.09.2010 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er aufgrund der anerkannten Schädigungsfolgen ggf. Anspruch auf Versorgungskrankengeld (§ 16 Abs. 1a) BVG) bei schädigungsbedingter Arbeitsunfähigkeit habe. Sodann nahm der Beklagte Ermittlungen zu Art und Umfang der beruflichen Tätigkeit bzw. des Einkommens des Klägers auf.

Zumindest für die ersten Monate nach der Gewalttat am 10.01.2009 befinden sich in der Verwaltungsakte des Beklagten auch entsprechende ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für den Kläger (durchgehend vom 10.01.2009 bis 28.04.2009). Für die Zeit ab 28.04.2009 liegen zwei formlose ärztliche Bescheinigungen vom 28.04.2009 und vom 25.10.2010 jeweils über das Fortbestehen der klägerischen Arbeitsunfähigkeit vor.

In der Verwaltungsakte des Beklagten befinden sich weiter mehrere Einkommensteuerbescheide des Klägers. Unter dem 27.09.2010 übersandte der Kläger dem Beklagten seinen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2003 als den letzten ihm vorliegenden unanfechtbaren Steuerbescheid. Alle nachfolgenden Steuerbescheide standen noch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abgabenordnung (AO). Im beigefügten Schreiben des Steuerberaters M vom 22.09.2010 wurde dies dahingehend präzisiert, dass auch der Steuerbescheid 2003 der Vorbehaltsfestsetzung unterliege. Allerdings sei die Festsetzungsverjährung mit Ablauf des Jahres 2010 eingetreten (sic).

Der Einkommensteuerbescheid vom 04.12.2006 für das Jahr 2003 weist für den Kläger folgende Einkünfte aus:

- Einkünfte aus Gewerbebetrieb: 30.130 €

- Einkünfte aus selbstständiger Arbeit: -5.393 €

- Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit: 125.199 €

- Einkünfte aus Kapitalvermögen: -145.774 €

- Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung: 45.902 €

- sonstige Einkünfte: -15.979 €

Der Einkommensteuerbescheid vom 11.12.2009 für das Jahr 2007 weist für den Kläger folgende Einkünfte aus:

- Einkünfte aus Gewerbebetrieb: -1.592 €

- Einkünfte aus selbstständiger Arbeit: 2.030 €

- Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung: 99.366 €

Der Einkommensteuerbescheid vom 19.09.2012 für das Jahr 2008 weist für den Kläger folgende Einkünfte aus:

- Einkünfte aus Gewerbebetrieb: 57.873 €

- Einkünfte aus selbstständiger Arbeit: 2.000 €

- Einkünfte aus Kapitalvermögen: 80.081 €

- Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung: -2.531 €

- sonstige Einkünfte: 2.559 €

Der Einkommensteuerbescheid vom 09.03.2012 für das Jahr 2009 weist für den Kläger folgende Einkünfte aus:

- Einkünfte aus Gewerbebetrieb: 8 €

- Einkünfte aus selbstständiger Arbeit: 9.666 €

- Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung: -568 €

- Sonstige Einkünfte: 2.559 €

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