Rz. 96

§ 1a Abs. 3 S. 2 KStG führt die wichtigsten Fälle von Leistungsbeziehungen zwischen den Gesellschaftern und der Gesellschaft auf. Nach Nr. 1 führen durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Einnahmen des Gesellschafters aus der optierenden Gesellschaft zu Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, also zu fiktiven Gewinnausschüttungen.[1] Bei dem Gesellschafter erfolgt die Besteuerung nach § 3 Nr. 40 EStG, § 32d EStG bzw. nach § 8b KStG. Das gilt jedoch nur für durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Einnahmen. Da sich dieser Begriff auf das Verhältnis des Gesellschafters zu einer Kapitalgesellschaft bezieht, können die zum Recht der verdeckten Gewinnausschüttung entwickelten Grundsätze zur gesellschaftsrechtlichen Veranlassung entsprechend herangezogen werden. Gesellschaftsrechtlich veranlasst sind Einnahmen dann, wenn sie nur im Verhältnis zu einem Gesellschafter vorkommen können, nicht im Verhältnis zu einem Dritten. Der Grund für die Einnahmen muss also darin liegen, dass der Gesellschafter an der Gesellschaft beteiligt ist. Liegt der Grund in zivilrechtlich auch mit Dritten denkbaren Beziehungen, z. B. Darlehens-, Miet- und Pachtverträgen, handelt es sich nicht um gesellschaftsrechtlich veranlasste Einnahmen.[2] So sind insbesondere Beziehungen, die sich im Privat-, Darlehens- oder Kontokorrentkonten der Gesellschaft niederschlagen, nicht gesellschaftsrechtlich veranlasst. Auch ist zu berücksichtigen, dass dieser Begriff im Zusammenhang mit § 1a KStG in gewisser Weise fiktiv ist. Die Beziehungen des Gesellschafters zu einer handelsrechtlich ja weiter bestehenden Personengesellschaft sind anders als die Beziehungen eines Gesellschafters zu einer realen Kapitalgesellschaft. Der körperschaftsteuerliche Begriff der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung kann daher nur sinngemäß in § 1a KStG übertragen werden.

 

Rz. 97

Anzuwenden ist auch § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG. Danach führen Auskehrungen aus dem steuerlichen Einlagekonto nach § 27 KStG nicht zu steuerpflichtigen Einnahmen. Da nach § 1a Abs. 2 S. 4 KStG das gesamte im Einbringungszeitpunkt nach der Steuerbilanz vorhandene Eigenkapital der Personengesellschaft in das steuerliche Einlagekonto eingestellt wird, wird verhindert, dass diese der transparenten Besteuerung unterlegenen Einkunftsteile bei Auskehrung nochmals besteuert werden. Ob diese Kapitalteile ausgekehrt werden, richtet sich nach der Option nach § 27 Abs. 1 S. 3 KStG. Ein "Direktzugriff" auf diese Eigenkapitalteile ist also ab Option nicht mehr möglich. Werden sie danach für eine Auskehrung verwendet, sind sie bei dem Gesellschafter gegen die fiktiven Anschaffungskosten der Beteiligung an der optierenden Gesellschaft zu verrechnen. Übersteigt die Auskehrung diese Anschaffungskosten, liegt ein steuerpflichtiger Zufluss nach § 17 Abs. 4 EStG vor. Zu möglichen Verschiebungen zwischen den Gesellschaftern bei Auskehrungen aus dem steuerlichen Einlagekonto vgl. Rz. 48.

 

Rz. 98

Da § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG in vollem Umfang gilt, sind auch die Regeln über verdeckte Gewinnausschüttungen, § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG, anzuwenden. Bei Leistungen der Gesellschaft an den Gesellschafter, die keine offenen Gewinnausschüttungen sind, ist zu prüfen, ob die Vergütungen, die der Gesellschafter enthält, dem Drittvergleichsgrundsatz entsprechen. Betroffen sind insbesondere die in § 1a Abs. 3 S. 2 Nr. 2–4 genannten Vergütungen, aber z. B. auch Kaufpreise bei dem Verkauf von Wirtschaftsgütern an die Gesellschaft. Fragen wirft dabei insbesondere die Anwendung des formalen Fremdvergleichs bei dem besonderen Maßstab für beherrschende Gesellschafter auf.[3] Für die Frage, ob eine Beherrschung vorliegt, ist auf die Stimmrechte innerhalb der Gesellschaft abzustellen, sowie auf die jeweiligen Mehrheitserfordernisse. Ein Gesellschafter ist nur dann beherrschend, wenn er allein oder mit anderen Gesellschaftern mit gleichgerichteten Interessen über die erforderliche Stimmrechtsmehrheit verfügt. Ist er danach beherrschend, entsprechen Vereinbarungen mit der Gesellschaft nur dann dem formalen Fremdvergleich, wenn sie vorher, eindeutig, klar und zivilrechtlich wirksam abgeschlossen worden sind und tatsächlich durchgeführt werden.

 

Rz. 99

Ohne dass dies in § 1a KStG ausdrücklich bestimmt ist, sind auch die Regeln über verdeckte Einlagen, § 8 Abs. 3 S. 3 KStG, anzuwenden. Verdeckte Einlagen in die fiktive Kapitalgesellschaft erhöhen deren Einkommen also nicht.[4]

Ebenfalls anzuwenden ist § 8 Abs. 3 S. 4 KStG mit der Regelung des Korrespondenzprinzips.[5]

[1] Zum Zufluss Rz. 106.
[2] Zum Begriff der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung Frotscher, G., in Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG, Anh. vGA zu § 8 KStG Rz. 97ff.
[3] Zu diesem Maßstab Frotscher, G., in Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG, Anh. vGA zu § 8 KStG Rz. 116ff.

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