01.30

Strukturmerkmale einer Verschmelzung i. S. d. § 2 UmwG sind:

  • die Übertragung des gesamten Aktiv- und Passivvermögens eines übertragenden Rechtsträgers oder mehrerer übertragender Rechtsträger auf einen übernehmenden Rechtsträger,
  • aufgrund eines Rechtsgeschäfts,
  • kraft Gesetzes,
  • gegen Gewährung von Anteilen am übernehmenden Rechtsträger an die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers,
  • unter Auflösung ohne Abwicklung des übertragenden Rechtsträgers oder der übertragenden Rechtsträger.
 

Zu Randnr. 01.30

Randnr. 01.30 führt die Strukturmerkmale einer Verschmelzung nach § 2 UmwG auf. Die ausländische Umwandlung muss diese Strukturmerkmale nach Ansicht der Finanzverwaltung aufweisen, wenn sie einer deutschen Verschmelzung vergleichbar sein soll. Wie zu Randnr. 01.24 ausgeführt, sind diese Ausführungen an Art. 2 Buchst. a der Fusionsrichtlinie[1] zu messen. Auffällig ist, dass der Erlass die maximale Zuzahlung von 10 % nicht als Strukturmerkmal erwähnt, obwohl diese Grenze in Art. 2 Buchst. a der Fusionsrichtlinie aufgeführt ist. Diese maximale Zuzahlung wird unter Randnr. 01.40 als "sonstiges Vergleichskriterium" aufgeführt. M. E. wäre es klarer, und würde Missverständnisse vermeiden, die maximal zulässige Zuzahlung als Strukturmerkmal einzuordnen und auf die "sonstigen Vergleichskriterien" vollständig zu verzichten.

Von den in Randnr. 01.30 aufgeführten Strukturmerkmalen entsprechen die Voraussetzungen der Übertragung des gesamten Vermögens und der Auflösung ohne Abwicklung des oder der übertragenden Rechtsträgers der Definition des Art. 2 Buchst. a der Fusionsrichtlinie. Dies sind daher Strukturmerkmale, die auch die ausländische Umwandlung aufweisen muss. Dagegen gilt dies nicht für die beiden weiteren Merkmale in Randnr. 01.30, dass die Übertragung aufgrund eines Rechtsgeschäfts und kraft Gesetzes erfolgen müsse. Beide Merkmale werden in der Fusionsrichtlinie nicht erwähnt und sind daher keine Strukturmerkmale. Hinsichtlich des letzten in dieser Randnr. erwähnten Strukturmerkmals, der Gewährung von Anteilen an dem übernehmenden Rechtsträger, ist die Randnr. unvollständig; zur Ergänzung ist auf Randnr. 01.32 hinzuweisen.

01.31

Rechtsgeschäft i. S. d. Randnr. 01.30 ist der Abschluss eines Verschmelzungsvertrags bzw. die Erstellung eines Verschmelzungsplans. Der notwendige Inhalt des Verschmelzungsvertrags bzw. des Verschmelzungsplans muss bei ausländischen Vorgängen mindestens den Vorgaben der Richtlinie 78/855/EWG, ABl. EG Nr. L 295 S. 36, entsprechen.

Dies gilt auch für die Rechtswirkungen der Verschmelzung. Diese ergeben sich aus Artikel 19 der Richtlinie 78/855/EWG, ABl. EG Nr. L 295 S. 36. Der Übergang des gesamten Vermögens, die Auflösung ohne Abwicklung des übertragenden Rechtsträgers sowie die Beteiligung der Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers an dem übernehmenden Rechtsträger müssen nach den ausländischen umwandlungsrechtlichen Bestimmungen kraft Gesetzes und nicht durch Einzelübertragungen erfolgen.

 

Zu Randnr. 01.31

Randnr. 01.31 erläutert die von der Finanzverwaltung geforderten Strukturmerkmale "aufgrund eines Rechtsgeschäfts" und "kraft Gesetzes" (zur Kritik insoweit Randnr. 01.30). Der Erlass verweist hierzu auf die Richtlinie v. 9.10.1978.[2] Dies vermag die Ausdehnung der Vergleichbarkeitskriterien über die Vorgaben der Fusionsrichtlinie[3] hinaus nicht zu rechtfertigen. Einmal gilt die Richtlinie v. 9.10.1978 nur für die Verschmelzung von AG, also z. B. nicht für die von GmbH. Außerdem handelt es sich bei dem Erlass nicht um eine handelsrechtliche, sondern eine steuerrechtliche Regelung. Die Fusionsrichtlinie, die die steuerrechtlichen Folgen einer Verschmelzung bestimmt, nimmt aber die Richtlinie v. 9.10.1978 nicht in Bezug, sondern enthält insoweit einige Kriterien nicht. Für die Frage der Vergleichbarkeit im steuerrechtlichen Sinn kann aber nur auf die steuerrechtliche Richtlinie, und damit auf die Fusionsrichtlinie, abgestellt werden. Daher ist insbesondere der Auffassung der Finanzverwaltung, die Rechtswirkungen der ausländischen Umwandlung müssten kraft Gesetzes und damit durch Gesamtrechtsnachfolge eintreten, während Einzelrechtsnachfolge nicht genüge, nicht zuzustimmen. Das wird auch dadurch gestützt, dass Art. 19 Abs. 3 der Richtlinie v. 9.10.1978 durchaus Ausnahmen von der Gesamtrechtsnachfolge zulässt.

01.32

Bei der Prüfung des Erfordernisses zur Gewährung von Anteilen sind Kapitalerhöhungsverbote und -wahlrechte entsprechend den im UmwG (z. B. § 54 UmwG) enthaltenen vergleichbaren Regelungen zu berücksichtigen, vgl. Randnr. 01.09.

 
Praxis-Beispiel

Eine ausländische Mutter-Kapitalgesellschaft ist alleinige Anteilseignerin zweier ausländischer Tochter-Kapitalgesellschaften. Die eine Tochter-Kapitalgesellschaft wird zur Aufnahme auf die andere Tochter-Kapitalgesellschaft verschmolzen. Auf eine Kapitalerhöhung wird auf Grundlage einer mit § 54 Absatz 1 Satz 3 UmwG vergleichbaren ausländischen Regelung verzichtet.

Lösung:

Bei der Prüfung der Strukturmerkmale des ausländischen U...

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