Leitsatz

Werden Gebäude innerhalb der 10- jährigen Spekulationsfrist errichtet, muss ein hierauf entfallender Wertzuwachs bei einer späteren Veräußerung versteuert werden (§ 23 Abs. 1 Satz 2 EStG). Das Hessische FG hat grundrechtliche Zweifel an dieser Besteuerung und schaltet das BVerfG ein.

 

Sachverhalt

Bis 1998 wurde nur den Wertzuwachs aus einem Grundstück besteuert, ein darauf errichtetes Gebäudes blieb bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns außer Betracht. Dies änderte sich ab 1999: Parallel zur Verlängerung der Spekulationsfrist auf 10 Jahre regelte der Gesetzgeber, dass auch Gebäude in den Veräußerungsgewinn einzubeziehen sind, die innerhalb der Spekulationsfrist errichtet wurden.

Diese Verschärfung der Gesetzeslage hatte für eine Grundstückseigentümerin nachteilige Folgen: Sie hatte ihr Grundstück im Jahr 1997 erworben, in 1998 mit einem Gebäude bebaut und erst im Jahr 1999 unter der verschärften Rechtslage veräußert, sodass der Wertzuwachs des Gebäudes in den Veräußerungsgewinn einging.

Das FG äußert grundrechtliche Zweifel an der Besteuerung dieser Übergangsfälle und holt eine Entscheidung des BVerfG ein. Es ist der Auffassung, dass die Verschärfung des § 23 EStG gegen das Grundgesetz verstößt, da plötzlich Gewinne versteuert werden mussten, die bereits vor 1999 latent entstanden waren. Die Grundstückseigentümerin hatte davon ausgehen können, dass ein etwaiger Verkauf des Gebäudes keine Besteuerung nach sich ziehen würde. Die Gesetzesänderung verletzt somit den Vertrauensschutz des Bürgers.

 

Hinweis

Das FG stellt die Einbeziehung selbst errichteter Gebäude nicht grundsätzlich in Frage, sondern kritisiert lediglich den gesetzgeberischen Eingriff in bereits eingetretene und bisher nicht steuerbare Vorgänge. Insofern ist der Vorlagebeschluss nur in Übergangsfällen interessant, in denen ein Steuerpflichtiger den Wertzuwachs eines vor 1999 errichteten Gebäudes versteuern muss.

 

Link zur Entscheidung

Hessisches FG, Vorlegungsbeschluss vom 14.01.2010, 8 K 283/04Hessisches FG, Vorlagebeschluss v. 16.1.2010, 8 K 283/04; Az. beim BVerfG: 2 BvL 2/10.

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