Leitsatz

Entgegen den Anweisungen in R 42 Absatz 1 Satz 8 LStR ist der Heimatort eines ledigen Arbeitnehmers auch bei nur 14 Heimfahrten jährlich als Lebensmittelpunkt anzusehen, wenn er nachweisen kann, dass er sich bei den Besuchen jeweils längere Zeit an seinem Heimatort aufgehalten hat.

 

Sachverhalt

Der Steuerpflichtige war im Jahr 2003 Zeitsoldat und hat an der 800 km von seinem Heimatort entfernt liegenden Bundeswehrhochschule studiert. Das Finanzamt hat die Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung nicht als Werbungskosten zugelassen, weil die Wohnung am Heimatort nicht nachhaltig aufgesucht worden sei. Der Steuerpflichtige fordert die Aufwendungen anzuerkennen, da er wegen seiner Dienstzeiten als Berufssoldat und der großen Entfernung nicht jedes Wochenende hätte nach Hause fahren können. Da er sich jedoch bei den 14 Heimfahrten im Jahr an 85 Tagen an seinem Heimatort aufgehalten habe, sei dieser als sein Lebensmittelpunkt anzusehen.

Das FG weist daraufhin, dass die Frage nach dem Lebensmittelpunkt eines ledigen Arbeitnehmers nach den Gesamtumständen des Einzelfalls zu beurteilen ist, und dass auch bei einer geringen Zahl von Heimfahrten der Heimatort Mittelpunkt der Lebensinteressen bleiben kann. Aufgrund der Gesamtumstände ist das FG davon überzeugt, dass der Steuerpflichtige den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen an seinem Heimatort hatte. Er hat sich nachweislich an ca. 65 % seiner ihm im Jahr 2003 zur Verfügung stehenden 140 freien Tage an seinem Heimatort aufgehalten. Nach den Grundsätzen des FG München v. 21. 6. 1995, EFG 1996 S. 744, reicht dies auch bei nur 14 Heimfahrten aus, den Lebensmittelpunkt am Heimatort anzunehmen, da es nicht nur auf die Anzahl, sondern auf die Dauer der Aufenthalte ankommt.

Auch nach Wegfall der unechten doppelten Haushaltsführung für Ledige ohne eigenen Hausstand ab 2004 ist dieses Urteil für alle Fälle von Bedeutung, in denen der ledige Arbeitnehmer am Heimatort einen eigenen Hausstand unterhält. Ein solcher ist nach dem Urteil des FG Düsseldorf v. 29.6.2005, EFG 2005 S. 1755, auch anzunehmen, wenn die Nutzung einer Wohnung im Haus der Eltern ohne finanzielle Gegenleistung erfolgt. Da gegen dieses Urteil Revision eingelegt wurde (Az. des BFH: VI R 60/05) sollten Betroffene Einspruch einlegen, und das Ruhen des Verfahrens beantragen.

 

Link zur Entscheidung

FG München, Urteil v. 30.12.2005, 1 K 4382/04.

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