Leitsatz

Die Beteiligten stritten um das Kindergeld für die Zeit von September 2000 bis Juni 2001. Der Kläger und seine damalige Ehefrau - die Beigeladene - bestimmten am 26.11.1990 einvernehmlich den Kläger zum Empfänger von Kindergeld für die am 18.4.1984 geborene gemeinsame Tochter. Die Familienkasse zahlte seither das Kindergeld bis September 2001 an den Kläger.

Kläger, Beigeladene und die Tochter wohnten gemeinsam in einem Haus, welches im jeweils hälftigen Miteigentum des Klägers und der Beigeladenen stand. Am 5.5.2000 wurde der Kläger gegenüber seiner Ehefrau gewalttätig. Gleichwohl wurde das Haus noch weiterhin gemeinsam genutzt. Die gemeinsame Tochter reiste im August 2000 zu einem Gastschulaufenthalt in die Vereinigten Staaten. Nach ihrer Rückkehr im Juni 2001 lebte sie gemeinsam mit ihrer Mutter in der Wohnung eines Freundes. Im November 2001 bezogen die Beigeladene und ihre Tochter eine gemeinsame eigene Wohnung. Am 2.10.2001 beantragte die Beigeladene (die Kindesmutter) das Kindergeld für sich und gab an, seit September 2000 von dem Kläger getrennt zu leben. Die Tochter lebe nunmehr in ihrem Haushalt.

Die Beklagte hob daraufhin mit Bescheid vom 5.10.2001 die Festsetzung des Kindergeldes gegenüber dem Kläger mit Wirkung ab Oktober 2001 auf und leistete keine Zahlungen mehr. Die Beigeladene legte eine Bescheinigung vor, wonach sie seit September 2000 von dem Kläger getrennt lebte und die Tochter seit September 2000 zu ihrem Haushalt gehöre. Sie beantragte, ihr das Kindergeld rückwirkend ab September 2000 zu zahlen.

Die Beklagte hob mit Bescheid vom 13.2.2002 die Kindergeldfestsetzung gegenüber dem Kläger für den Zeitraum September 2000 bis einschließlich September 2001 auf und forderte das in diesem Zeitraum gezahlte Kindergeld von ihm zurück.

Hiergegen erhob der Kläger Einspruch, der als unbegründet zurückgewiesen wurde.

Hiergegen richtete sich die von dem Kläger erhobene Klage, die im Ergebnis erfolgreich war.

 

Sachverhalt

siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das FG hielt die Klage für begründet.

Beide Elternteile - der Kläger und die Beigeladene - seien im streitigen Zeitpunkt nach §§ 62 Abs. 1 Nr. 1, 63 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 1 EStG für die Tochter kindergeldberechtigt gewesen. Ihr Anspruch werde nicht durch den zehnmonatigen Gastschulaufenthalt der Tochter in den Vereinigten Staaten ausgeschlossen. Nach § 63 Abs. 1 S. 3 EStG würden zwar solche Kinder für das Kindergeld nicht berücksichtigt, die weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben. Die Tochter habe aber ihren Wohnsitz bis zu Beginn des Gastschulaufenthaltes im Hause der Eltern gehabt. Diesen Wohnsitz habe sie für den zeitlich begrenzten Auslandsaufenthalt auch nicht aufgegeben.

Die Tochter sei im streitigen Zeitraum in dem gemeinsamen elterlichen Haushalt i.S.d. § 64 Abs. 2 S. 2 EStG aufgenommen gewesen. Für die Haushaltszugehörigkeit eines Kindes gelte das sog. Obhutsprinzip. Ein Kind gehöre dann zum Haushalt eines Berechtigten, wenn es dort wohne, versorgt und betreut werde.

Nach diesen Grundsätzen sei die Tochter auch nach dem 5.5.2000 in dem Haushalt beider Elternteile aufgenommen gewesen, denn sie habe weiterhin mit ihrem Vater und ihrer Mutter in dem gemeinsamen Haus gelebt und sei von beiden versorgt worden.

Der Auffassung der Mutter, wonach die Tochter seit Mai 2000 ausschließlich zu ihrem Haushalt gehört habe, sei nicht zu folgen. Nach den übereinstimmenden Angaben des Klägers und der Ehefrau sowie der Aussage einer Zeugin habe im Hause kein eigenständiger Haushalt der Beigeladenen mit der Tochter bestanden, von dem der Kläger ausgeschlossen gewesen wäre. Vielmehr gingen Eltern und Tochter von einer noch ungeklärten Situation aus, in der noch nicht endgültig über ihre gemeinsame Zukunft entschieden war.

Da die Tochter zum gemeinsamen Haushalt beider Elternteile gehörte und der Kläger zuletzt im Jahre 1998 als Berechtigter bestimmt worden war, habe dieser Anspruch auf das Kindergeld. Die frühere Berechtigtenbestimmung durch die Eltern bleibe wirksam, bis sie durch wenigstens einen Elternteil widerrufen werde. Dieser Widerruf sei jedoch nur für die Zukunft möglich. Ob der Ende Oktober 2001 von der Ehefrau gegenüber der Familienkasse ihres Arbeitgebers gestellte Antrag, ihr das Kindergeld für die Zeit ab September 2000 zu zahlen, als Widerruf der ursprünglichen Berechtigtenbestimmung gegenüber der Familienkasse angesehen werden müsse, könne dahinstehen, denn für den streitigen Zeitraum habe diese Erklärung jedenfalls keine Rechtswirkung mehr entfalten können.

 

Link zur Entscheidung

Sächsisches FG, Urteil vom 05.10.2005, 5 K 43/03 (Kg)

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