Leitsatz

Trotz vorhandener Verzehrtheke überwiegt beim Verkauf von Speisen durch Imbisswagen bei wertender Betrachtung das Element der Lieferung. Inwieweit Verzehrvorrichtungen tatsächlich von der Kundschaft genutzt werden, spielt keine Rolle.

 

Sachverhalt

Der Steuerpflichtige betreibt Imbisswagen auf Wochenmärkten. Verkauft werden Würste mit Pommes Frites sowie Getränke. Die Imbisswagen verfügen über eine Verkaufstheke mit Spritzschutz und ein darunter angebrachtes umlaufendes Brett, das zum Verzehr genutzt werden kann (Verzehrtheke). Seitlich befindet sich eine herausklappbare "Zunge", die nach Art eines Tisches in gleicher Höhe ist wie die umlaufende Verzehrtheke. Der Steuerpflichtige versteuerte lediglich seine Getränkeumsätze mit dem Regelsteuersatz. Das Finanzamt unterwarf per Schätzung 70 % seiner Umsätze dem Regelsteuersatz.

Nach Ansicht des FG finden sich Verzehrtheken oder andere Vorrichtungen, die dazu geeignet und bestimmt sind, Imbisskunden den Verzehr der Speisen an Ort und Stelle zu ermöglichen, typischerweise bei Verkaufswagen auf Wochenmärkten. Gleichwohl sei die Art der Leistungen hinsichtlich des Speisenverkaufs an Hand einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Danach überwiege das Element der Lieferung verzehrfertiger Speisen, sodass der ermäßigte Steuersatz gilt. Das Gericht hält nicht mehr daran fest, dass die Abgabe von Speisen bei Imbissständen dem vollen Steuersatz unterliegt, wenn der Unternehmer Vorrichtungen zum Verzehr bereit hält und die Ware nach Art ihrer Verpackung zum sofortigen Verzehr in der Nähe des Abgabeorts geeignet ist.

Das FG schließt sich nicht dem BFH an, der als maßgebliches Abgrenzungskriterium darauf abstellt, inwieweit "Verzehrvorrichtungen" tatsächlich zum Verzehr genutzt werden. Bei einer solchen Auslegung würde der Umsatzsteuersatz davon abhängen, wie sich der Kunde verhält. Dem Unternehmer wäre es nicht möglich, im Zeitpunkt des Umsatzes die von § 22 Abs. 2 Nr. 1 UStG geforderten getrennten Aufzeichnungen anzufertigen, da die Höhe des Steuersatzes von einem zukünftigen Verhalten des Kunden abhängt.

 

Hinweis

Das FG stellt sich damit gegen die Finanzverwaltung (vgl. BMF-Schreiben v. 16.10.2008, BStBl 2008 I S. 949) und auch gegen den BFH (Urteil v. 26.10.2006, V R 58, 59/04). Der BFH geht davon aus, dass eine Thekenumrandung als "Bereitstellung von Verzehrvorrichtungen" einzustufen ist und deshalb der ermäßigte Steuersatz nicht gilt. Auf Grund der Revision hat er nochmals Gelegenheit, dies nachhaltig für einen "Imbissbuden-Fall" zu entscheiden. Nach Verwaltungsauffassung erbringt ein Imbissstand nur dann ermäßigt zu besteuernde Speisenabgaben, wenn er lediglich über eine Verkaufstheke verfügt und auch in der Nähe des Stands keine Verzehrvorrichtungen bereit stehen. Besteht jedoch eine Verzehrtheke und stellt der Betreiber in unmittelbarer Nähe Stehtische auf, gilt der Regelsteuersatz, jedoch nur insoweit, als die Speisen tatsächlich dort eingenommen werden. Die Abgabe der Speisen zum Mitnehmen kann nach wie vor ermäßigt besteuert werden – ggf. durch Schätzung.

 

Link zur Entscheidung

Niedersächsisches FG, Urteil v. 21.8.2008, 5 K 428/07; Az. des BFH: V R 35/08.

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