Leitsatz

Im Erbschaftssteuerrecht gilt das Stichtagsprinzip. Da die zivilrechtliche Neuregelung des Erbrechts nichtehelicher Kinder erst ab dem 01.04.1998 Gültigkeit entfaltet, verbietet sich eine Anwendung der Gleichbehandlung von Erbersatzansprüchen mit Erbansprüchen auf davor liegende Zeiträume.

 

Sachverhalt

Der am 11.12.1996 verstorbene Erblasser hinterlässt zwei Kinder, ein eheliches und ein nichteheliches. Er hinterließ kein Testament. Es lief jedoch ein im Todeszeitpunkt noch nicht abgeschlossenes Adoptionsverfahren für das außereheliche Kind.

 

Entscheidung

Die Klage war abzuweisen, da nur bei sich aus sachlichen oder persönlichen Gründen ergebender Unbilligkeit ein Steuererlass oder eine niedrigere Festsetzung nach § 227 Abs. 1 AO bzw. § 163 AO geboten ist. Da es sich hierbei um eine Ermessensentscheidung der Finanzverwaltung handelt, konnte das Gericht nur den bestimmungsgemäßen Ermessensgebrauch überprüfen, nicht aber die Entscheidung auf ihre Zweckmäßigkeit hin untersuchen.

Vorliegend konnte ein Ermessensverstoß nicht festgestellt werden, da eine sachliche Unbilligkeit im Sinne des § 227 Abs. 1 AO nicht vorliegt. Diese wiederum würde nur dann vorliegen, wenn die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage - hätte sie der Gesetzgeber geregelt - auch im Sinne des Klägers geregelt worden wäre. Hier aber entspricht die Besteuerung dem Gesetz. Der Gesetzgeber knüpft bei erbschaftssteuerrechtlichen Folgen regelmäßig an die entsprechenden zivilrechtlichen Regelungen an. Bei gewollten Abweichungen wird dies ausdrücklich bestimmt.

Bewusst hatte der Gesetzgeber beim Erbrecht nichtehelicher Kinder zwischen einem Erbanspruch und einem Erbersatzanspruch unterschieden. Die ab dem 01.04.1998 angeordnete Neuregelung des Erbrechts nichtehelicher Kinder sieht keine Rückwirkung auf davor liegende Zeiträume vor. Eine andersartige Behandlung im Erbschaftssteuerrecht widerspricht dem dort herrschenden Stichtagsprinzip.

 

Link zur Entscheidung

FG München, Urteil vom 03.05.2006, 4 K 77/05

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