Leitsatz (amtlich)

›1. Die Lage vermieteter Räume in einem Gebiet, das nur bei außergewöhnlichen Witterungsverhältnissen hochwassergefährdet ist, stellt keinen Fehler der Mietsache dar.

2. Die Garantiehaftung des Vermieters für Fehler der Mietsache, die bereits im Zeitpunkt der Überlassung an den Mieter vorhanden waren, erstreckt sich grundsätzlich auch auf die Mangelfolgeschäden.‹

 

Verfahrensgang

OLG Hamm

 

Tatbestand

Die Klägerin, die Tapeten herstellt, benötigte im Herbst 1965 vorübergehend Lagerräume für die auslaufende Tapetenkollektion. Sie wandte sich an die Speditionsfirma Carl S. & Co. in W., mit der sie in Geschäftsverbindung stand. Die Firma S. mietete darauf durch schriftlichen Vertrag vom 11. Oktober 1965 von der Firma "Alfons O.", das ist der Name des beklagten Ehemannes, einen 250 qm großen Lagerraum in einem Nebengebäude auf dem Grundstück der Beklagten in H. bei Sch. zur speditionellen Einlagerung. Dieses Grundstück hatten die bis dahin ortsfremden Beklagten im Jahre 1963 erworben, seitdem wohnten sie dort. Es liegt an der Volme, einem Wasserlauf II. Ordnung.

Durch einen ebenfalls am 11. Oktober 1965 abgeschlossenen schriftlichen Vertrag vermietete die Firma S. den von ihr auf dem Grundstück der Beklagten gemieteten Lagerraum, der bereits vorher von der Firma S. in Ordnung gebracht worden war, zur Zwischenlagerung von Tapeten an die Klägerin weiter. Die Beklagten waren mit dieser Untervermietung einverstanden. Der beklagte Ehemann war bei der Einlagerung der Tapeten behilflich und fertigte eine Aufstellung über die eingelagerten Tapeten, die unmittelbar auf dem Fußboden gestapelt waren.

Am Sonntag, den 05. Dezember 1965 führte die Volme abends ein solches Hochwasser, dass der Boden des Lagerraumes vorübergehend unter Wasser stand. Dadurch trat erheblicher Schaden an den eingelagerten Tapeten ein, dessen Höhe die Klägerin auf 25.516,89 DM beziffert. Die Klägerin, der die Firma S. ihre Ansprüche gegen die Beklagten abgetreten hat, verlangt mit der Klage Zahlung dieses Betrages nebst Zinsen von den Beklagten.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgt die Klägerin ihren Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet.

1. Nach §§ 537, 538 BGB haftet der Vermieter, auch wenn ihn kein Verschulden trifft, dem Mieter auf Ersatz des Schadens, der auf solche bereits bei dem Abschluss des Mietvertrages vorhandene Fehler der Mietsache zurückzuführen ist, die deren Tauglichkeit zu dem vertragsmäßigen Gebrauch aufheben oder mindern. In Rechtsprechung und Schrifttum ist anerkannt, dass als derartige Fehler der Mietsache nicht nur solche Mängel zu verstehen sind, mit denen die Mietsache selbst behaftet ist, sondern dass unter diesen Begriff auch tatsächliche und rechtliche Verhältnisse und Zustände fallen, die mit der Mietsache zusammenhängen und sie in ihrer Tauglichkeit zu dem vertragsgemäßen Gebrauch unmittelbar beeinträchtigen (Soergel/Siebert/Mezger, BGB, 10. Aufl., § 537 Rdn. 5; Urteil des erkennenden Senats vom 10. Juli 1968 _ VIII ZR 180/66 _, WM 1968, 1306). In der angeführten Entscheidung hat aber der erkennende Senat bereits darauf hingewiesen, dass der Begriff des Fehlers im Sinne des § 537 BGB nicht ins Uferlose ausgeweitet werden darf. Es geht daher nicht an, aus der bloßen Tatsache, dass die Möglichkeit einer schädlichen Einwirkung von Naturkräften auf die Mietsache besteht, jedenfalls dann, wenn eine solche Einwirkung zur Zeit des Abschlusses des Mietvertrages nicht voraussehbar und darüber hinaus kein Anhaltspunkt dafür gegeben war, dass eine solche Einwirkung befürchtet werden musste, den Schluss zu ziehen, dass eine Mietsache fehlerhaft ist, wenn sie wider alles Erwarten dennoch durch eine Naturkatastrophe in Mitleidenschaft gezogen wird.

Auch die bisherige Rechtsprechung zum Ersatz von Schäden, die dem Mieter in den Mieträumen an eingebrachten Sachen durch Hochwasser entstanden waren, hat diese Grenzen eingehalten. Das Kammergericht (DR 1939, 1752) hat dementsprechend den Rechtssatz aufgestellt, die Mieträume müssten so beschaffen sein, dass sie unter gewöhnlichen, der örtlichen Lage entsprechenden Wasserverhältnissen gegen Eindringen von Wasser geschützt sind. Es ist in dieser Entscheidung nur deshalb zur Verurteilung des Vermieters gelangt, weil nicht eine Naturkatastrophe, sondern die Bauart des Hauses das Eindringen des Wassers ermöglicht habe. In dem Urteil des Kammergerichts DR 1941, 2337 ist ausgesprochen, dass die Lage eines Hauses in einem hochwassergefährdeten Gebiet einen Mangel der Mieträume darstelle. Auch auf das Urteil des OLG Hamburg (SeuffArch 73 Nr. 118 S. 190 = OLG 38,90) beruft sich die Revision zu Unrecht. Vielmehr vertritt das Oberlandesgericht Hamburg in diesem Urteil ebenfalls die Auffassung, dass die Lage eines Grundstücks in einem Gebiet, in dem sich nur ganz selten vorkommende außergewöhnliche Hochfluten ereignen, nicht als Mangel im Rechts_sinne anzusehen sei. Die Verurteilung in dem angeführten Falle beruhte darauf, dass der Vermieter es trotz ständiger anomaler Wetterlage unterlassen hatte, nach der ersten Hochflut Schutzmaßnahmen gegen erneutes Eindringen des Wassers zu treffen. Das Urteil des Reichsgerichts in JW 1921, 334, das Parsch in seiner Anmerkung als zu weitgehend ablehnt, ist nicht einschlägig. Ihm liegt der Sachverhalt zugrunde, dass bereits vor Abschluss des Pachtvertrages über ein Landgut infolge Einstellung des darunter betriebenen Bergbaues der Wasserspiegel angestiegen war, während die darauf zurückzuführende schadenstiftende Versumpfung des Bodens sich erst später gezeigt hatte.

Im Einklang mit der Auffassung des erkennenden Senats, dass eine sich aus der Lage der Mietsache ergebende, aber nur unter außergewöhnlichen Umständen wirksam werdende Gefahrenquelle keinen Fehler der Mietsache darstellt, steht auch das Urteil des OLG Koblenz in NJW 1966, 2017, gegen dessen Begründung zwar von Hoffmann (NJW 1967, 50) mit Recht Bedenken geäußert werden, dessen Ergebnis aber von den vorstehend angestellten Erwägungen getragen wird.

Wäre also dem Berufungsgericht darin zu folgen, dass ausschließlich die besonders ungünstige Wetterlage am Abend des 05. Dezember 1965 - Warmlufteinbruch mit orkanartigen Böen bis Windstärke 7, Niederschlagsmengen bis zu 27 mm und Schneeschmelze bis zu 13 cm - zu dem Wassereinbruch in den Lagerraum geführt habe, so hätte es eine Haftung der Beklagten auf Ersatz des der Klägerin entstandenen Schadens nach §§ 537, 538 BGB mit Recht verneint, denn das Grundstück der Beklagten liegt unstreitig nicht in einem Gebiet, in dem normalerweise mit Überschwemmungen durch Hochwasser gerechnet werden musste, und es war auch seit 1928 kein Hochwasser mehr in die Räume eingedrungen, die von der Klägerin zur Einlagerung der Tapeten gemietet worden waren. Dass die vermieteten Räume in einem Gebiet lagen, in dem sie lediglich bei außergewöhnlichen Witterungsverhältnissen von dem Hochwasser der Volme erreicht werden konnten, stellt keinen Fehler der Mietsache dar.

2. Die Klägerin hatte jedoch in beiden Rechtszügen vorgetragen, und das Berufungsgericht unterstellt zu ihren Gunsten, dass die Beklagten in den Jahren 1963 und 1964 Aufschüttungen auf ihrem Grundstück gemacht oder geduldet hatten und dass ohne diese Aufschüttungen das Wasser vorbeigeflossen wäre, ohne in die Mieträume einzudringen. Wird von diesem unterstellten Sachverhalt ausgegangen, so lässt sich, wie die Revision mit Recht rügt, mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung die Abweisung der Klage nicht halten. Hatten die Aufschüttungen, wie die Klägerin vorgetragen und unter Beweis gestellt hatte (Klageschrift S. 5 - und Berufungsbegründung S. 7), dazu geführt, dass sie wie eine Buhne wirkten, einen Stau des Wassers herbeiführten und schon bei einem Hochwasser in einem Ausmaß mit dem an dieser Stelle gerechnet werden musste, eine Überflutung des Grundstücks und ein Eindringen von Wasser in die Mieträume zur Folge hatten, so wäre die Mietsache bereits bei Beginn des Mietverhältnisses mit einem Fehler behaftet gewesen, der eine Haftung der Vermieter nach §§ 537, 538 BGB auch dann auslösen konnte, wenn ein Verschulden der Vermieter nicht vorlag. In diesem Falle wäre entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts, das ausdrücklich unterstellt, das Wasser wäre vorbeigeflossen, also nicht in die Mieträume eingedrungen, wenn die Aufschüttungen nicht vorgenommen worden wären, für das Eindringen des Wassers in den Lagerraum gerade nicht ein ungewöhnlicher Witterungsvorgang mit der Folge einer wider alle Erfahrung besonders hohen Überschwemmung ursächlich gewesen, sondern die Überschwemmung wäre durch das Aufschütten des Erdreichs auf dem Grundstück verursacht worden. Dies würde umso mehr gelten, wenn entsprechend der Behauptung der Revision entgegen der Annahme des Berufungsgerichts besonders ungünstige Witterungsverhältnisse gar nicht vorgelegen haben sollten.

3. Das Berufungsurteil kann daher mit der in ihm gegebenen Begründung nicht aufrechterhalten werden. Es lässt sich auch nicht aus anderen Gründen bestätigen (§ 563 ZPO).

Der Schaden der Klägerin ist ein sogenannter Mangelfolgeschaden. Die Rechtsprechung (BGHZ 9, 320; Urteil des erkennenden Senats vom 16. Januar 1963 _ VIII ZR 169/61 _, LM BGB § 538 Nr. 6) hat im Einklang mit dem überwiegenden Teil des Schrifttums die Vorschriften der §§ 537, 538 BGB dahin verstanden, dass die Haftung des Vermieters für bei Abschluss des Vertrages vorhandene Mängel der Mietsache auf einer stillschweigenden Garantie der Tauglichkeit für den vertragsmäßigen Gebrauch beruht (vgl. dazu Motive II 377; Mugdan, Materialien II 813) und der Vermieter von dem Mieter deshalb auf vollen Schadensersatz wegen Nichterfüllung in Anspruch genommen werden kann, mithin auch für die sogenannten Mangelfolgeschäden. Neuerdings will Larenz (Lehrbuch des Schuldrechts, II. Bd., 8. Aufl., § 44 III b 3, S. 146), der im Grundsatz die Garantiehaftung des Vermieters auch für Mangelfolgeschäden bejaht, um die Einstandspflicht des Vermieters für diese Schäden nicht über jedes vernünftige Maß hinaus auszudehnen, die Haftung des Vermieters dahin begrenzen, dass er nicht auch für die Folgeschäden solcher Mängel einzustehen brauche, die auch bei Anwendung äußerster (überdurchschnittlicher) Sorgfalt nicht erkennbar waren (ähnlich: Diederichsen, AcP 165, 150, 167). Der erkennende Senat vermag dieser Auffassung nicht zu folgen, obwohl auch er nicht verkennt, dass die Garantiehaftung den Vermieter sehr hart treffen kann. Mit Wortlaut und Sinn sowie der Entstehungsgeschichte der gesetzlichen Bestimmungen lässt sich die von Larenz und Diederichsen vorgeschlagene Einschränkung, die sich zu Unrecht auf den Schutzzweck der Norm beruft, nicht vereinbaren. Der Mieter soll vielmehr entsprechend dem Sinn einer Garantie grundsätzlich umfassenden Schutz in der Richtung genießen, dass der Vermieter ohne Rücksicht darauf, ob ihn ein Verschulden trifft oder nicht, vollen Schadensersatz auch für den Mangelfolgeschaden zu leisten hat, wenn die Mietsache bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages mit einem Mangel behaftet war (Soergel/Siebert/Mezger, aaO., § 538 Rdn. 5; Esser, Schuldrecht, Bd. 2, 3. Aufl., § 70 I 2 c, S. 106). Eine Eingrenzung der Haftung des Vermieters lässt sich lediglich dadurch erreichen, dass der Begriff des Fehlers der Mietsache nicht über das vertretbare Maß hinaus ausgeweitet wird, worauf der erkennende Senat bereits eingangs der Entscheidungsgründe und in dem dort angeführten Urteil vom 10. Juli 1968 hingewiesen hat. Liegt indes ein Fehler der Mietsache vor, wovon im Revisionsrechtszug mit Rücksicht auf den vom Berufungsgericht nicht geprüften Vortrag der Klägerin über die von den Beklagten durchgeführten oder geduldeten Aufschüttungen ausgegangen werden muss, so haften die Vermieter auch auf Ersatz des Schadens, der dadurch eingetreten ist, dass in den Mieträumen eingelagerte Gegenstände beschädigt wurden.

Der Schadensersatzanspruch der Klägerin scheitert hier also auch nicht daran, dass sie lediglich Mangelfolgeschäden geltend macht.

4. Mit Recht wendet sich überdies die Revision gegen die weitere Begründung des Berufungsgerichts, ein Schadensersatzanspruch der Klägerin lasse sich auch nicht daraus herleiten, dass die Beklagten der auf Treu und Glauben beruhenden Verpflichtung zuwider gehandelt hätten, sich um das Mietobjekt oder die Tapeten zu kümmern. Das Berufungsgericht unterstellt in diesem Zusammenhang, dass der beklagte Ehemann durch die vergebliche Fahrt zu der Zweigniederlassung der Firma S. in Schl. unnötig Zeit verloren habe und dass seine späteren Maßnahmen zum Schutze der Mieträume und der eingelagerten Tapeten nicht ausgereicht hätten, meint aber, es sei nicht ersichtlich, dass er dadurch schuldhaft Verpflichtungen verletzt habe.

Diese Erwägung ist ebenfalls nicht haltbar.

Wie das Berufungsgericht mit Recht unterstellt hat, waren die Vermieter auch ohne eine besondere Vereinbarung bei Eintritt eines Hochwassers nach Treu und Glauben verpflichtet, alle ihnen zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um zu verhindern, dass Wasser in die Mieträume eintrat und die dort lagernden Tapeten beschädigte oder zerstörte. Die Klägerin und die Firma S. wussten von dem Hochwasser nichts, während die Beklagten an Ort und Stelle waren, das Ansteigen der Volme beobachten konnten und nach der Darstellung der Klägerin ohne weiteres in der Zage waren, rettend einzugreifen. Kamen sie der ihnen bei einer solchen Sachlage obliegenden Verpflichtung schuldhaft nicht nach, so fällt ihnen eine sogenannte positive Vertragsverletzung zur Last, die sie auch dann zum Schadensersatz verpflichtet, wenn ihre Haftung aus §§ 537, 538 BGB zu verneinen sein sollte.

Wie die Revision zutreffend hervorhebt, hatte die Klägerin, die sich offenbar das in dem Rechtsstreit des beklagten Ehemannes gegen die Firma S. (11 HO 35/66 - LG Hagen) vorgelegte Gutachten des Havariekommissars Hanns K. zu eigen machen wollte, in der Berufungsbegründung S. 6 ausgeführt, dass der verhältnismäßig enge Eingang des Fabrikgebäudes, durch den das Wasser eingedrungen war, unschwer mit Sandsäcken hätte abgedeckt und damit der Schaden an den Tapeten hätte verhindert oder mindestens verringert werden können. Wenn die Revisionserwiderung dem entgegenhält, den Beklagten sei es an dem Sonntag Abend, an dem das Hochwasser eintrat, unmöglich gewesen, sich Sandsäcke zu beschaffen, so lässt sie außer acht, das die Beklagten im Rechtsstreit selbst vorgetragen hatten, der beklagte Ehemann habe Sand herangefahren, der in Säcke gefüllt und zur Abdichtung des Lagerhauses verwendet worden sei (Schriftsatz vom 11. Juli 1967 S. 3; Berufungsbeantwortung S. 16). Die Beklagten haben sich im Rechtsstreit also gerade nicht darauf berufen, dass ihnen keine Sandsäcke zur Verfügung gestanden hätten. Ihre bisher nicht geprüfte Behauptung geht vielmehr dahin, dass sie alles Zumutbare unternommen hätten, um die Tapeten zu retten. Ob dies der Fall war, hat aber das Berufungsgericht gerade offengelassen. Es wird deshalb in der ohnehin erforderlichen neuen Verhandlung gegebenenfalls auch zu prüfen haben, ob die Vermieter entgegen ihrer Darstellung leicht durchführbare, wirksame Rettungsmaßnahmen unterlassen hatten, ob durch sie der Wasserschaden hätte vermieden werden können und ob die Vermieter der Vorwurf trifft, die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer acht gelassen zu haben, weil sie diese Maßnahmen unterließen oder schlecht durchführten. Wäre allerdings ein schuldhaftes Unterlassen der Beklagten für den eingetretenen Schaden nicht ursächlich, was das Berufungsgericht für möglich hält, ohne hierzu weiter Stellung zu nehmen, so würde eine Haftung der Beklagten aus dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung entfallen.

Der weitere Hinweis des Berufungsgerichts, der Klägerin und der Firma S. stehe es nicht zu, tätige Verantwortung von den Beklagten zu verlangen, obwohl sie sich um Mietobjekt und Lagerinhalt überhaupt nicht gekümmert hätten, verdient keine Billigung. Traf die Beklagten nach Treu und Glauben die Pflicht, Maßnahmen gegen das Eindringen des Wassers in die Mieträume zu treffen und haben sie diese Pflicht schuldhaft verletzt, so wird grundsätzlich ihre Haftung nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Firma S. und die Klägerin ihrerseits keine Vorsorge getroffen hatten, um in Notfällen erreichbar zu sein und sich um die eingelagerten Tapeten kümmern zu können. Allerdings könnte die Klägerin, die sich gegebenenfalls auch das Verhalten der Firma S. anlasten lassen müsste, der Vorwurf eines Mitverschuldens treffen, der bei dem hier infrage stehenden Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung gemäß § 254 BGB die Verpflichtung zum Ersatz und den Umfang des zu leistenden Ersatzes beeinflussen kann, während dann, wenn den Vermieter die Garantiehaftung aus §§ 537, 538 BGB trifft, § 254 BGB nicht anwendbar ist (RG, Deutsches Wohnungs-Archiv 1939, 534; Erman/Schopp, BGB, 4. Aufl., § 538 Rdn. 5 und Soergel/Siebert/Mezger, aaO., § 538 Rdn. 14).

5. Wegen der erwähnten Rechtsfehler muss das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, weil noch weitere Aufklärung erforderlich ist.

Für die neue Verhandlung sei bemerkt:

a) Die Klägerin ist zur Geltendmachung der Klageforderung berechtigt, sei es aus eigenem Recht (Einbeziehung in die Schutzwirkung des Mietvertrages zwischen der Firma S. und den Beklagten - vgl. BGHZ 49, 350), sei es aufgrund der Abtretung der Schadensersatzansprüche der Firma S. (Schadensliquidation im Drittinteresse - vgl. BGHZ 40, 91, 100 f., insbesondere 101 Buchst. c). Die Abtretung wurde nach dem Vortrage der Klägerin am 20. April 1967 vorgenommen, also erst zu einem Zeitpunkt, als der Rechtsstreit des beklagten Ehemannes gegen die Firma S. - 11 HO 35/66 - LG Hagen - nicht mehr weiterbetrieben wurde. Die Klagebefugnis der Klägerin haben die Beklagten, die auch nicht in Abrede gestellt haben, dass der Mietvertrag zwischen ihnen beiden und der Firma S. zustande gekommen war, daher mit Recht nicht in Zweifel gezogen.

b) Weshalb der Schadensersatzanspruch der Klägerin dadurch beeinflusst werden könnte, dass es die Klägerin und die Firma S. unterlassen hatten, eine Wasserschadenversicherung abzuschließen oder den Abschluss einer solchen Versicherung von den Beklagten zu fordern, ist nicht ersichtlich. Die Revision weist mit Recht darauf hin, dass dann, wenn die Versicherer die Klägerin befriedigt hätten, ihr Anspruch gegen die Beklagten auf die Versicherer übergegangen wäre oder diese von der Klägerin oder von der Firma S. jedenfalls Abtretung der Ansprüche hätten fordern können. Dass die Beklagten es unterlassen hatten, für Versicherungsschutz zu sorgen, kann nicht zu Lasten der Klägerin gehen. Eine rechtliche Verpflichtung der Klägerin oder der Firma S., von den Beklagten zu fordern, dass diese sich versicherten, lässt sich bei dem hier gegebenen Sachverhalt nicht bejahen.

c) Es wird also entscheidend darauf ankommen, ob durch die Aufschüttungen auf dem Grundstück der Beklagten die Gefahr einer Überschwemmung der Mieträume bei einem solchen Hochwasser der Volme, mit dem nach aller Erfahrung gerechnet werden musste, derart erhöht war, dass die Mieträume als hochwassergefährdet und deshalb als mit einem Fehler im Sinne des § 537 BGB behaftet anzusehen waren. Wird diese Frage verneint, so ist weiter zu prüfen, ob die Beklagten aus positiver Vertragsverletzung haften (vgl. oben zu 4).

Da die Entscheidung über die Kosten der Revision von der Endentscheidung in der Sache selbst abhängt, ist sie dem Berufungsgericht übertragen worden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2992676

NJW 1971, 424

MDR 1971, 210

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