Verfahrensgang

OLG Karlsruhe (Urteil vom 25.01.1972)

 

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Karlsruhe vom 25. Januar 1972 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger war vom 1. März 1966 bis 15. September 1966 Handelsvertreter des Beklagten. Seine Tätigkeit bestand „in der Pflege der Geschäftsbeziehungen mit den französischen Streitkräften in der Bundesrepublik und in Abschlüssen von Geschäften mit diesen”. Vorher hatte er die gleiche Tätigkeit 10 Jahre lang als Angestellter des Beklagten ausgeübt.

In dem Handelsvertretervertrag der Parteien vom 1. März 1966 heißt es in Ziffer 6:

„Herr B. (Kläger) verpflichtet sich, noch 1/2 Jahr nach Vertragsbeendigung

  1. keine Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen auszuüben,
  2. mit dem während der Dauer des Vertragsverhältnisses gewonnenen Kundenkreis keine Konkurrenzabschlüsse zu tätigen.

Die Entschädigungspflicht des Herrn S. (Beklagten) gegenüber Herrn B. (Kläger) gilt mit einer Zahlung von 3.000 DM nach Ablauf der Frist als abgegolten.”

Der Kläger hielt sich nach dem 15. September 1966 nicht an das Wettbewerbsverbot.

Im Oktober 1966 hat er Stufenklage erhoben auf Rechnungslegung, Buchauszug und Zahlung der sich daraus ergebenden Provision. Das Landgericht hat durch Teilurteil den Beklagten antragsgemäß zur Rechnungslegung und Erteilung eines Buchauszugs für die Zeit vom 1. März 1966 bis 30. September 1966 verurteilt. Die – damals auf Unterlassung der Konkurrenztätigkeit gerichtete – Widerklage hat es abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Verurteilung des Beklagten richtete. Auf die – geänderte – Widerklage hat es festgestellt, daß der Kläger dem Beklagten den Schaden zu ersetzen hat, der dadurch entstanden ist, daß der Kläger in der Zeit vom 16. September 1966 bis zum 16. März 1967 mit dem Kundenkreis des Beklagten, der am 16. September 1966 bestand, Geschäfte getätigt hat. Das Urteil ist rechtskräftig.

Der Beklagte hat Rechnung gelegt und den Buchauszug erteilt. Der Kläger hat daraus einen restlichen Provisionsanspruch von 8.392,89 DM hergeleitet, diesen Anspruch aber im weiteren Verlauf des Rechtsstreits nicht klageweise geltend gemacht, sondern mit ihm lediglich gegen die – vom Beklagten jetzt zunächst mit 35.000 DM bezifferte – Widerklageforderung aufgerechnet. Das Landgericht hat durch Schlußurteil den Kläger zur Zahlung von 35.000 DM nebst Zinsen verurteilt. In der Berufungsinstanz hat der Beklagte die Widerklage auf 44.071,68 DM nebst Zinsen erhöht. Das Oberlandesgericht hat dem Beklagten nur 6.590,65 DM nebst Zinsen zugesprochen und die Widerklage im übrigen, d.h. in Höhe von 37.481,03 DM nebst Zinsen, abgewiesen.

Mit der Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt der Beklagte seine Widerklage, soweit abgewiesen, weiter.

 

Entscheidungsgründe

Das Berufungsgericht errechnet den Schaden des Beklagten für die Zeit vom 16. September 1966 bis 15. März 1967 mit 10.896,17 DM. Einen Schaden für die spätere Zeit (vom 16. März 1967 bis 15. September 1968) erachtet es nicht für erwiesen. Von den 10.896,17 DM setzt es ab: 3.000 DM Entschädigung des Klägers für das Wettbewerbsverbot (§ 6 Abs. 2 des Vertrages) und 1.305,52 DM Restprovision des Klägers. So gelangt es zur Abweisung der Widerklage, soweit sie die zuerkannten 6.590,65 DM nebst Zinsen übersteigt.

Die Revision macht geltend, das Berufungsgericht habe den Schaden des Beklagten zu niedrig berechnet. Auch habe es die 3.000 DM und die 1.305,52 DM nicht absetzen dürfen.

Die Revision bleibt erfolglos.

I.

Die Zeit vom 16. September 1966 bis 15. März 1967:

Das Berufungsgericht ist – im Gegensatz zum Landgericht – der Auffassung, es sei nicht bewiesen, daß die durch die verbotene Konkurrenztätigkeit des Klägers verursachte Umsatzminderung des Beklagten höher gewesen sei als der eigene Umsatz des Klägers in dieser Zeit (136.202,10 DM). Bei 8 % Netto-Gewinnspanne ergebe sich also ein vom Kläger dem Beklagten zu ersetzender Gewinnentgang von 10.896,17 DM. Der darüber hinausgehende Umsatzrückgang des Beklagten könne andere, vom Kläger nicht zu vertretende Ursachen haben.

Das greift die Revision erfolglos an. Die auf § 287 ZP gestützte Feststellung des Berufungsgerichts läßt keinen Rechtsfehler erkennen.

II.

Die Zeit vom 16. März 1967 bis 15. September 1968:

Das Berufungsgericht erachtet nicht für bewiesen, daß der unerlaubte Wettbewerb des Klägers in der Zeit vom 16. September 1966 bis 15. März 1967 auch noch ursächlich geworden wäre für Umsatzrückgänge des Beklagten nach dem 15. März 1967.

Auch insoweit bleiben die – auf Verfahrensrügen beschränkten – Angriffe der Revision erfolglos (Art. 1 Nr. 4 BGH EntlG). Das Berufungsgericht brauchte auch bei Anwendung des § 287 ZPO nicht zu einem für den Beklagten günstigeren Ergebnis zu gelangen.

III.

Die Entschädigung für die Wettbewerbsbeschränkung:

Das Berufungsgericht zieht bei der Schadensberechnung von den 10.896,17 DM im Wege der Vorteilsausgleichung 3.000 DM ab, die der Beklagte nach § 6 des Vertrages an den Kläger hätte zahlen müssen, wenn dieser den verbotenen Wettbewerb unterlassen hätte. Die fristlose Kündigung des Beklagten sei nämlich „ebenfalls” unwirksam gewesen.

Auch insoweit bleibt die Revision ohne Erfolg.

1. Das Revisionsgericht kann die Entscheidung des Tatrichters, ob ein wichtiger Kündigungsgrund bestanden hat, nur beschränkt nachprüfen, nämlich darauf, ob der Tatrichter den Rechtsbegriff des wichtigen Grundes verkannt, wesentliche Umstände übersehen oder nicht vollständig gewürdigt, Erfahrungssätze verletzt hat oder ob ihm sonst gerügte Verfahrensverstöße unterlaufen sind (ständige Rechtsprechung des Senats: Urteile vom 8. Juni 1961 – VII ZR 55/60 – = VersR 1961, 825; vom 30. Juni 1969 – VII ZR 70/67 – = HVR 399; vom 24. Januar 1974 – VII ZR 52/72 – = WM 1974, 350). Die Ausführungen des Berufungsgerichts lassen insofern Rechtsfehler nicht erkennen. Durch die unberechtigte fristlose Kündigung des Beklagten hat der Kläger den Anspruch auf die Entschädigung also nicht gemäß § 90 a Abs. 2 Satz 2 HGB verloren. Die einvernehmliche Beendigung des Vertragsverhältnisses zum 15. September 1966 hat ebenfalls nicht zum Verlust des Entschädigungsanspruchs geführt.

2. Allerdings hat der Kläger diesen Anspruch dann dadurch verloren, daß er in der Folgezeit dem vertraglichen Wettbewerbsverbot zuwidergehandelt hat (BGH, Urteil vom 4. Februar 1960 – II ZR 19/59 – = VersR 1960, 398; BAGE 2, 258, 261; 15, 335, 347). Damit hat er sich die Erfüllung der von ihm übernommenen Unterlassungspflicht unmöglich gemacht und kann daher nicht die ihm dafür versprochene Gegenleistung fordern (§ 325 Abs. 1 Satz 3, § 323 Abs. 1 BGB). Dasselbe Ereignis, das dem Beklagten einerseits Schaden (Gewinnentgang) gebracht hat, nämlich der unerlaubte Wettbewerb des Beklagten, hat somit andererseits zu dem Vorteil des Beklagten geführt, daß er die 3.000 DM Entschädigung für die Wettbewerbsbeschränkung nicht an den Kläger zu zahlen braucht. Der „Netto”-Schaden des Beklagten beträgt dabei nur 10.896,17 DM – 3.000 DM. (Vgl. auch BAG, Urteil vom 24. April 1970 – 3 AZR 324/69 – = WM 1970, 1200).

IV.

Die Restprovision des Klägers:

Nach dem tatbestandlichen Inhalt des Berufungsurteils (S. 9 unten BU), hat der Beklagte zuletzt nicht mehr bestritten, daß dem Kläger noch ein restlicher Provisionsanspruch in Höhe von 1.305,52 DM zusteht. Das entspricht auch der Erklärung des Beklagten, wie sie in der im Berufungsurteil zitierten Niederschrift über die Berufungsverhandlung vom 23. Juli 1971 wiedergegeben ist (S. 2 oben). Einen Antrag auf Protokoll- und Tatbestandsberichtigung hat der Beklagte nicht gestellt. Er kann daher jetzt nicht mehr damit gehört werden, das Berufungsgericht habe ihn falsch verstanden und seine Erklärung in Protokoll und Urteil unrichtig wiedergegeben.

V.

Die Revision ist nach alledem mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.

 

Unterschriften

Vogt, Girisch, Meise, Recken, Doerry

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1502263

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