Leitsatz

Eine Abfindung wird als Arbeitslohn in dem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Arbeitnehmer zufließt; laufender Arbeitslohn gilt dagegen in dem Kalenderjahr als bezogen, in dem der Lohnzahlungszeitraum endet.

Die Vereinbarung über das Hinausschieben der Fälligkeit einer Abfindungszahlung, die vor dem erstmaligen Eintritt der Fälligkeit getroffen wird, ist keine wirtschaftliche Verfügung über die Abfindungs selbst, sodass die Abfindungszahlung – ohne Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO – erst zum vereinbarten, hinausgeschobenen Fälligkeitszeitpunkt zufließt. Erfolgt die Vereinbarung über die Fälligkeit zwischen den Vertragsparteien bevor der Anspruch entstanden ist, liegt eine anfängliche Stundung im Sinne eines von vornherein vereinbarten späteren Fälligkeitstermins vor.

 

Sachverhalt

Umstritten war, ob der zweite Teilbetrag einer Abfindung erst im Veranlagungszeitraum der tatsächlichen Auszahlung oder bereits im Veranlagungszeitraum der Beendigung des Arbeitsverhältnisses steuerlich zugeflossen war. Im Urteilsfall war die Fälligkeit zunächst allgemein durch einen Sozialplan auf den November 2000 festgelegt. Sie wurde jedoch noch vor diesem Zeitpunkt auf Wunsch der Arbeitnehmerin hinsichtlich des steuerpflichtigen Teils der Abfindung auf den Januar 2001 hinausgeschoben.

Das FG gelangte zu dem Ergebnis, dass der Arbeitnehmerin der zweite – steuerpflichtige – Teil der Abfindung erst in 2001 und nicht bereits in 2000 zugeflossen war. Noch bevor die Arbeitnehmerin den Vertrag über die Beendigung ihres Dienstverhältnisses unterschrieb, der noch für 2000 die Zahlung der im Sozialplan vereinbarten Abfindung vorsah, habe sie eine individuelle Vereinbarung mit ihrem Arbeitgeber getroffen, wonach die Abfindung in zwei Teilbeträgen in 2000 und 2001 ausgezahlt werden sollte.

Das FG ging davon aus, dass hierdurch von vornherein ein späterer Fälligkeitstermin für den zweiten Abfindungsbetrag vereinbart worden war. Auch der Ursprung des Abfindungsanspruchs im Sozialplan führe nicht automatisch zum Zufluss im Zeitpunkt der dort allgemein bestimmten Fälligkeit.

 

Hinweis

Diese Sichtweise hat zur Folge, dass der steuerpflichtige Teil der Abfindungszahlung der Arbeitnehmerin steuerlich erst in 2001 erfasst und deshalb niedriger besteuert wurde, da der Gesetzgeber den Einkommensteuersatz in 2001 gegenüber dem Vorjahr gesenkt hatte. Ungeachtet der steuerlich motivierten Hinausschiebung der Fälligkeit hat das FG – und dies begründet die Bedeutung des Urteils – die Verlagerung des Zuflusszeitpunkts mitgetragen. Dies spricht dafür, dass nicht nur Abfindungen, sondern auch andere Gehaltsbestandteile wie Boni, Gratifikationen, Tantiemen o.ä. mit steuerlicher Wirkung in spätere Jahre verschoben werden können. Bei der Übertragung der arbeitnehmerfreundlichen Urteilsgrundsätze ist allerdings insoweit Vorsicht geboten, da gegen die FG-Entscheidung Revision beim BFH eingelegt worden ist.

 

Link zur Entscheidung

FG Baden-Württemberg, Urteil vom 20.11.2008, 3 K 101/05FG Baden-Württemberg, nicht rechtskräftiges Urteil v. 20.11.2008, 3 K 101/05; Az. des BFH: IX R 1/09.

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