Der BFH hat unter Geltung des durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts (MoMiG) abgeschafften § 32a GmbHG den Verlust sog. eigenkapitalersetzender Darlehen als nachträgliche Anschaffungskosten anerkannt (Nachweis in BMF vom 21. 10. 2010 BStBl I 2010, 832). Als eigenkapitalersetzende Darlehen wurden folgende Arten von Darlehen anerkannt:

  • Hingabe des Darlehens in der finanziellen Krise der GmbH,
  • Stehenlassen eines Darlehens (= Verzicht auf Kündigung) eines früher gewährten Darlehens bei Eintritt der Krise,
  • krisenbestimmte Darlehen (= Darlehen, bei denen der Gesellschafter für den Fall des Eintritts einer Krise im Rang hinter die übrigen Gesellschafter zurücktritt oder auf eine Rückzahlung des Darlehens ganz oder bis zum Eintritt der finanziellen Gesundung verzichtet) sowie
  • Finanzplandarlehen (= Darlehen, die bei Gründung oder später wesentlicher Erweiterung der Geschäftstätigkeit von vorneherein mangelndes Eigenkapital ausgleichen sollen).

Problematisch war stets, mit welchem Wert die Darlehensansprüche anzusetzen waren. Rechtsprechung und Verwaltung gingen davon aus, dass im Falle stehen gelassener Darlehen der Wert des Darlehensanspruchs bei Eintritt der finanziellen Krise maßgeblich sei, im Übrigen der Nennwert des Darlehens.

Die Regelung in § 32a GmbHG wurde durch die §§ 39, 135 InsO ersetzt. Danach treten alle Gesellschafterdarlehen in der Insolvenz unabhängig von ihrer vertraglichen Ausgestaltung und unabhängig vom Zeitpunkt der Hingabe an die letzte Stelle aller Gläubiger. Darüber hinaus kann nach § 6 AnfG die Gestellung einer Sicherheit für ein Gesellschafterdarlehen bis zu zehn Jahre vor Eintritt der Krise bzw. die Tilgung eines Gesellschafterdarlehens im letzten Jahr vor Eintritt der Krise angefochten werden. Die Verwaltung nahm die Neuregelung in der InsO bzw. dem AnfG zum Anlass, das bisherige System der eigenkapitalersetzenden Darlehen im Rahmen des § 17 EStG grundsätzlich beizubehalten (BMF vom 21. 10. 2010 a. a. O.).

Lediglich bei den krisenbestimmten Darlehen unterscheidet die Verwaltung zwischen einer Krisenbestimmung aufgrund vertraglicher Vereinbarungen (z. B. Rangrücktritt für den Fall des Eintritts einer Krise) und einer Krisenbestimmung aufgrund der gesetzlichen Neuregelungen in §§ 39, 135 InsO sowie § 6 AnfG. Die nachträglichen Anschaffungskosten bemessen sich bei der letzten Kategorie nach dem gemeinen Wert im Zeitpunkt des Beginns des Anfechtungszeitraums. Zugunsten der Steuerpflichtigen geht dabei die Verwaltung von einem Zeitraum von zehn Jahren vor Eintritt der Krise aus. Da sonach die meisten Gesellschafterdarlehen unter diese Gruppe zu subsumieren sind, haben die stehen gelassenen Darlehen praktisch keine Bedeutung mehr.

 
Praxis-Beispiel

Der Gesellschafter einer GmbH gewährt dieser in 2010 ein Darlehen über 500 000 EUR. Die GmbH ist zu diesem Zeitpunkt gesund und zahlungsfähig. In 2015 gerät die GmbH in die finanzielle Krise und kann ihre Verbindlichkeiten nicht mehr erfüllen. Der Gesellschafter verzichtet zu diesem Zeitpunkt auf eine Kündigung des Darlehens. In 2016 wird das Insolvenzverfahren eröffnet und die GmbH noch im selben Jahr gelöscht.

LÖSUNG Da das Darlehen in 2010 keine Regelung für den Fall des Eintritts einer Krise vorsah, lag insoweit kein krisenbestimmtes Darlehen aufgrund vertraglicher Vereinbarungen nur. Da der Gesellschafter bei Eintritt der Krise das Darlehen nicht kündigte, wandelte sich dieses zu einem stehengelassenen Darlehen um. Nach altem GmbH-Recht hätte der Ausfall des Darlehens in 2016 zu keinen nachträglichen Anschaffungskosten geführt, da der gemeine Wert des Darlehensanspruchs bei Eintritt der Krise mit 0 EUR anzusetzen gewesen wäre.

Nach neuem Recht liegt ein krisenbestimmtes Darlehen aufgrund der §§ 39, 135 InsO sowie § 6 AnfG vor. Maßgeblich für die Bewertung des Darlehensanspruchs ist der gemeine Wert des Darlehensanspruchs maximal zehn Jahre vor Eintritt der Krise; hier: in 2010. Zu diesem Zeitpunkt war die GmbH finanziell noch gesund und damit der Anspruch voll werthaltig. Damit führt der Ausfall des Darlehensanspruchs bei dem Gesellschafter zu nachträglichen Anschaffungskosten i. H. v. 500 000 EUR.

Die folgende Übersicht zeigt noch einmal die neue Rechtslage auf:

 
Darlehensart Tatbestandsmerkmale Nachträgliche AK i. H. d. …
Krisendarlehen Das Darlehen wird nach Eintritt der Krise gewährt. Nennwerts

Krisenbestimmtes

Darlehen

Das Darlehen wird vor der Krise gewährt mit der Maßgabe, dass es im Falle einer Krise nicht gekündigt wird.

Diese Krisenbestimmungen ergibt sich aus

  • Vertrag oder
  • Nachrangigkeit im Insolvenzverfahren gemäß §§ 39, 135 InsO bzw. Anfechtungsmöglichkeit nach § 6 AnfG
Nennwerts
gemeinen Werts bei Beginn des Anfechtungszeitraums (zehn Jahre vor Erlangung des ersten Schuldtitels gegen die Gesellschaft)
Finanzplandarlehen Das Darlehen wurde von vornherein in die Finanzplanung der Gesellschaft einbezogen. Nennwerts
Stehen gelassenes Darlehen Das Darlehen wird vor der Krise gewährt. Es wird nicht gekündigt, obgleich der Gesellschafter es...

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