1 Zinsschranke (§ 4h EStG)

1.1 Übersicht

Durch das UntStRefG 2008 wurde als bedeutsame Gegenfinanzierungsmaßnahme die sog. Zinsschranke gemäß § 4h EStG eingeführt, die gleichermaßen für Einzelunternehmen, Personengesellschaften und Körperschaften gilt. Bei der Gesellschafterfremdfinanzierung von Körperschaften wird die Regelung durch § 8a KStG verstärkt. Deutsche Unternehmen weisen im internationalen Vergleich eine hohe Fremdkapitalquote auf. Der Gesetzgeber will die Eigenkapitalquote der Unternehmen stärken und eine übermäßige Fremdkapitalfinanzierung allein aus Gründen der Steueroptimierung verhindern. Als problematisch wird vor allem die Gewinnabsaugung durch Gestaltungen von Finanzierungsaufwand über die Grenze eingestuft, die bisher in verschiedenen Formen praktiziert wird.

 
Praxis-Beispiel
a)

Up-Stream-Inbound-Finanzierung

Eine inländische Muttergesellschaft M stattet ihre ausländische Tochtergesellschaft T übermäßig mit Eigenkapital aus, finanziert aber ihre Geschäftsaktivitäten im Inland mit Fremdkapital, wobei die Zinsaufwendungen der M ihre inländische Besteuerungsgrundlage mindern.

LÖSUNG Wenn die T der M ein Darlehen gibt, sind die Zinsaufwendungen bei der M zusätzlich als Betriebsausgaben abzugsfähig.

b)

Down-Stream-Inbound-Finanzierung

Eine ausländische Muttergesellschaft M stattet ihre inländische Tochtergesellschaft T übermäßig mit Fremdkapital aus.

LÖSUNG Die Zinszahlungen der T an die M für das überlassene Fremdkapital mindern den inländischen Gewinn der T.

c)

Down-Stream-Outbound-Finanzierung

Eine inländische Muttergesellschaft M refinanziert das Eigenkapital der ausländischen Tochtergesellschaft T durch Bankdarlehen.

LÖSUNG Die Zinsaufwendungen für das Darlehen mindern das zu versteuernde Einkommen der M. Für die Gewinnausschüttungen der T greift dagegen bei der M die Freistellung i. H. v. 95 % nach § 8b Abs. 1 und 5 KStG.

Im Jahr 1993 wurde die Vorschrift des § 8a KStG eingeführt, die nur für Kapitalgesellschaften galt. Danach wurden Zinszahlungen einer Kapitalgesellschaft an ihre im Ausland ansässigen, wesentlich beteiligten Anteilseigner in vGA umqualifiziert, wenn ein bestimmtes Maß der Fremdfinanzierung überschritten wurde. Diese Regelung wurde als Ausländerdiskriminierung wegen Verstoßes gegen die Niederlassungsfreiheit des Art. 43 EG aufgehoben (EuGH vom 12. 12. 2002 Rs. C-324/00, "Lankhorst-Hohorst GmbH"). In der ab 2004 geltenden Fassung des § 8a KStG wurde daher die Umqualifizierung in vGA europarechtskonform auf Inlandsfälle ausgedehnt.

Die rechtsformunabhängige Vorschrift des § 4h EStG reformierte ab 2008 grundlegend die Regeln zur Verlagerung von Besteuerungsgrundlagen. § 4h EStG erfasst alle Darlehen unabhängig davon, ob der Darlehensgeber seinen Sitz im In- oder Ausland hat, so dass die europarechtlichen Bedenken beseitigt sind. Auch die für Körperschaften geltende Regelung des § 8a KStG wurde vollständig neu gefasst und um Ausnahmen von der Konzernklausel und der Escape-Klausel ergänzt. Schädliche Zinsaufwendungen werden nicht mehr in vGA umqualifiziert, sondern auf der Ebene des zinszahlenden Rechtsträgers zumindest zeitweise vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen. Die Zinsschranke erfasst alle steuerlich dem EStG und dem KStG unterworfenen Gesellschaftsformen. Es wird nicht mehr darauf abgestellt, ob der Darlehensgeber Gesellschafter oder eine diesem nahe stehende Person ist. Auch ein Fremdvergleich wird nicht mehr vorgenommen. Die Zinsschranke erfasst auch reguläre Bankdarlehen. Dies kann bei Gesellschaften mit hohem Fremdfinanzierungsanteil dazu führen, dass nicht mehr alle Finanzierungsaufwendungen sofort den Gewinn mindern. Der Gesetzgeber nahm diese Abweichung vom Nettoprinzip bewusst in Kauf.

Zinsaufwendungen sind generell ohne Rücksicht auf die Rechtsform i. H. d. Zinsertrags desselben Wj. als Betriebsausgaben abziehbar, darüber hinaus nur i. H. v. 30 % eines modifizierten Betriebsergebnisses, des sog. steuerlichen EBITDA (earnings before interest, taxes, depreciation and amortization = steuerlicher Gewinn vor Zinsen und Abschreibungen). Die Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen wird im Entstehungszeitraum eingeschränkt, verbunden mit der Möglichkeit, die Zinsen in den Folgejahren geltend zu machen. Wenn die nach § 4h EStG nicht abzugsfähigen Zinsen vom Darlehensnehmer in nachfolgende Veranlagungszeiträume vorgetragen und dort verrechnet werden können, wird bei ihm der Zinsabzug zeitlich verschoben. Endgültig nicht berücksichtigt werden die Zinsaufwendungen nur dann, wenn der Zinsvortrag aus den gesetzlich bestimmten Gründen untergeht oder wenn eine Verrechnung wegen der ungünstigen Eigenkapitalausstattung auch zukünftig ausscheidet. Der Wirkungsbereich des § 4h EStG beschränkt sich nicht mehr auf Gesellschafterdarlehen, sondern umfasst jede Art von Zinsen, die Teil einer inländischen Gewinnermittlung sind. Da für die Zinsaufwendungen, die den Saldo von Zinsaufwendungen und -erträgen übersteigen, ein Freibetrag von 3 Mio. EUR pro Betrieb gilt, sind kleine und mittlere Unternehmen von dem Abzugsverbot im Regelfa...

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