Verluste können nach § 10d EStG, der über § 8 Abs. 1 KStG auch für die Besteuerung der Kapitalgesellschaften gilt, nur in eingeschränktem Maße zurück- und vorgetragen werden, um Haushaltsrisiken für die öffentliche Hand zu begrenzen.

Nach § 10d Abs. 1 EStG erfolgt von Amts wegen ein Verlustrücktrag in das Vorjahr bis zu einem Betrag von 1 Mio. EUR. Auf Antrag kann von dem Verlustrücktrag ganz oder teilweise abgesehen werden.

Ist für den unmittelbar vorangegangenen VZ bereits ein Steuerbescheid erlassen worden, so ist dieser insoweit zu ändern, als der Verlustrücktrag zu gewähren oder zu berichtigen ist. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid unanfechtbar geworden ist. Die Festsetzungsfrist endet insoweit nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum abgelaufen ist, in dem die Verluste entstanden sind. In diesem Korrekturrahmen können nach § 177 AO auch sonstige Rechtsfehler berichtigt werden (BFH vom 27. 09. 1988 BStBl II 1989, 225).

Verluste, die im Wege des Verlustrücktrags nicht ausgeglichen werden, werden von Amts wegen in die folgenden Jahre vorgetragen. Der Verlustvortrag ist zeitlich unbeschränkt und erfolgt solange, bis die Verluste vollständig ausgeglichen sind. Ein Steuerpflichtiger kann weder auf den Verlustvortrag verzichten noch diesen auf einzelne Jahre begrenzen.

Aus haushaltstechnischen Gründen ist der Verlustvortrag auf 1 Mio. EUR pro Jahr beschränkt. Darüber hinausgehende Verluste werden bis zu 60 % des 1 Mio. EUR übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte berücksichtigt (sog. Mindestbesteuerung). Dadurch verlängert sich der Zeitraum, in dem die Verluste vollständig ausgeglichen werden können.

 
Praxis-Beispiel

Die X-GmbH erzielt im Wj. 2017 1,2 Mio. EUR Gewinn (Veranlagung bestandskräftig); im Wj. 2018 einen Verlust i. H. v. 5 Mio. EUR und im Wj. 2019 einen Gewinn i. H. v. 3 Mio. EUR.

LÖSUNG Es erfolgt ein Verlustrücktrag bis zu maximal 1 Mio. EUR, soweit nicht der Steuerpflichtige per Antrag ganz oder teilweise darauf verzichtet. Damit beträgt das Einkommen im VZ 2017 (1,2 Mio. EUR ./. 1 Mio. EUR =) 200 000 EUR. Es verbleibt ein Verlustvortrag i. H. v. (5 Mio. EUR ./. 1 Mio. EUR =) 4 Mio. EUR. Die Bestandskraft der Veranlagung wird insoweit punktuell durchbrochen.

Im VZ 2019 können zunächst von dem Verlustvortrag maximal 1 Mio. EUR ausgenutzt werden. Damit beträgt das Einkommen der GmbH im VZ 2019 noch 2 Mio. EUR. Von diesen 2 Mio. EUR sind maximal 60 % (= 1,2 Mio. EUR) als weiterer Verlustvortrag zu verrechnen. Damit verbleibt ein Einkommen von 800 000 EUR.

Von dem Verlustvortragsvolumen i. H. v. 4 Mio. EUR sind nach Verbrauch des VZ 2019 noch 1,8 Mio. EUR vorhanden, die nach den Regeln des § 10d EStG solange vorgetragen werden, bis sie aufgebraucht sind.

Ist der Gewinn des Vortragsjahres entsprechend hoch, so bleiben die Beschränkungen des § 10d EStG ohne Auswirkung.

 
Praxis-Beispiel

Sachverhalt wie voriges Beispiel. Der Gewinn des Jahres 2019 beträgt 12 Mio. EUR.

LÖSUNG I. H. v. 1 Mio. EUR erfolgt ein Verlustvortrag. Damit beträgt das Einkommen der GmbH noch 11 Mio. EUR. Von diesen 11 Mio. EUR sind maximal 60 % (= 6,6 Mio. EUR) mit Verlustvorträgen zu verrechnen. Damit kann der Verlustvortrag vollständig verbraucht werden.

Im VZ 2019 bleibt ein Einkommen von (12 Mio. EUR ./. 4 Mio. EUR =) 8 Mio. EUR.

Entstehen abwechselnd Verluste und Gewinne, so gilt für jedes Verlustjahr eine gesonderte Beurteilung. Der Rücktrag bis zu 1 Mio. EUR ist für jedes Verlustjahr möglich. Da der Rücktrag zeitlich beschränkt ist, geht er dem jeweiligen Vortrag vor. Der Vortrag unterliegt aber auch dann den Beschränkungen des § 10d EStG, wenn Verluste aus mehreren Jahren aufgelaufen sind. Es findet also keine Vervielfachung der 1-Mio. EUR-Grenze statt.

Im Falle einer Liquidation können die Verlustvorträge i. R. d. Grenzen des § 10d EStG mit einem Liquidationsgewinn verrechnet werden. Verbleibende Verlustvorträge gehen verloren. Ob dieser sog. Definitiveffekt verfassungsgemäß ist, ist umstritten (vgl. BFH vom 26. 02. 2014, I R 59/12, BStBl II 2014, 1016).

Im Falle der Verschmelzung einer Körperschaft auf eine andere Körperschaft tritt die übernehmende Körperschaft nach § 12 Abs. 3 UmwStG in die steuerliche Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft ein. Verlustvorträge gehen aber nach § 12 Abs. 3 2. HS i. V. m. § 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG nicht über.

Wird eine Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft umgewandelt, so geht nach § 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG ein Verlustvortrag ebenfalls verloren.

Bei der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft mit Verlustvorträgen ist des Weiteren § 8c KStG zu beachten.

Zur möglichen Verfassungswidrigkeit der Mindestbesteuerung s. Vorlagenbeschluss des BFH vom 26.02.2014, I R 59/12, BStBl II 2014, 1016.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Bilanzierung HGB/EStG Kommentare Online. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen