Die Vorschrift des § 6b EStG gestattet, aufgedeckte stille Reserven, die während einer längeren Zeit (sechs Jahre) in bestimmten Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens entstanden sind und die bei einer entgeltlichen Veräußerung aufgedeckt werden, auf bestimmte Reinvestitionsgüter zu übertragen. Veräußerungsgewinne können von Reinvestitionen in demselben Betrieb, aber auch in einem anderen Betrieb desselben Steuerpflichtigen abgezogen werden. Veräußerer und Reinvestor müssen grundsätzlich dieselbe Person sein. Zur Rücklagenbildung berechtigt sind natürliche Personen, Personengesellschaften und juristische Personen. Bei Personengesellschaften war umstritten, ob die Rücklagenberechtigung gesellschafter- oder gesellschaftsbezogen anzuwenden war.

  • Bis zum Jahr 1999 wurde § 6b EStG bei Personengesellschaften gesellschafterbezogen ausgelegt.
  • Das StEntlG 1999/2000/2002 legte dagegen eine rechtsträgerbezogene und damit an der Gesellschaft selbst orientierte Anwendung des § 6b EStG fest.
  • In § 6b EStG i. d. F. des UntStFG wurde die rechtsträgerbezogene Anwendung beseitigt und für Veräußerungen nach dem 31. 12. 2001 wieder die gesellschafterbezogene Anwendung angeordnet. Nach geltender Rechtslage sind nicht die Gesellschaft oder Gemeinschaft, sondern die einzelnen Gesellschafter nach § 6b EStG berechtigt. Gesellschafter von Personengesellschaften können Veräußerungsgewinne wie in den Wj. bis 1998 wieder ab dem Jahr 2002 zwischen verschiedenen Betriebsvermögen übertragen, die ihnen gehören oder an denen sie beteiligt sind.

Übertragungsfähige Veräußerungsgewinne können aus der Veräußerung (Kauf, Tausch, Einbringung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten) von Grund und Boden, Aufwuchs, Gebäuden und Binnenschiffen entstehen (§ 6b Abs. 1 Satz 1 EStG), die mindestens sechs Jahre zum Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte gehört haben (§ 6b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG).

Begünstigte Reinvestitionsobjekte können Grund und Boden, Aufwuchs, Gebäude und Binnenschiffe sein (§ 6b Abs. 4 Satz 1 Nr. 1–4 EStG). Darüber hinaus können Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften bis zu einem Betrag von 500 000 EUR auf die Anschaffungskosten neu angeschaffter Anteile an Kapitalgesellschaften oder abnutzbarer beweglicher Wirtschaftsgüter oder Gebäude übertragen werden (§ 6b Abs. 10 EStG, vgl. 4.6.4). Das Reinvestitionsobjekt ist begünstigt, wenn es im Wirtschaftsjahr der Entstehung des Veräußerungsgewinns, im vorangegangenen Wirtschaftsjahr oder innerhalb der gesetzlich geregelten Investitionshilfen angeschafft oder hergestellt wird.

Die Veräußerungsgewinne können entweder im Jahr der Gewinnrealisierung übertragen oder in eine Rücklage eingestellt werden und grundsätzlich auf innerhalb der nächsten vier Wirtschaftsjahre angeschaffte oder hergestellte begünstigte Wirtschaftsgüter übertragen werden. Bei angeschafften Anteilen an Kapitalgesellschaften beträgt die Übertragungsfrist zwei Jahre. Bei neu hergestellten Gebäuden verlängert sich die Vierjahresfrist auf sechs Jahre, wenn am Ende des vierten Jahres mit der Herstellung begonnen worden ist (§ 6b Abs. 3 Satz 2, 3 EStG). Wenn innerhalb der maßgebenden Reinvestitionsfrist kein begünstigtes Wirtschaftsgut angeschafft wird, ist die Rücklage gewinnerhöhend aufzulösen. Der aufzulösende Rücklagenbetrag ist für jedes volle Wirtschaftsjahr mit 6 % jährlich zu verzinsen (§ 6b Abs. 7 EStG).

Über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 6b EStG wird dem Grund und der Höhe nach im Verfahren der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung für die Gesellschaft entschieden. Dabei werden die persönlichen Voraussetzungen, insbesondere die Vermögenszugehörigkeit der Wirtschaftsgüter und die individuelle Besitzzeit, bei den einzelnen Gesellschaftern geprüft. § 6b EStG lässt zahlreiche Übertragungsmöglichkeiten zu (vgl. R 6b.2 Abs. 6 bis 8 EStR). Die Übertragung der stillen Reserven kann in vollem Umfang oder nur anteilig erfolgen, je nachdem, ob die stillen Reserven und die Anschaffungskosten dem Stpfl. vor und nach der Übertragung voll oder anteilig zuzurechnen sind. Der übertragende Mitunternehmer darf den nach § 6b EStG begünstigten Gewinn nur insoweit übertragen, als der begünstigte Gewinn anteilig auf ihn entfällt. Entsprechend darf bei der Mitunternehmerschaft, auf die der begünstigte Gewinn übertragen wird, der begünstigte Gewinn nur insoweit übertragen werden, als das angeschaffte Wirtschaftsgut dem übertragenden Mitunternehmer zuzurechnen ist.

 
Stille Reserven aus Wirtschaftsgut eines Einzelunternehmens oder eines Sonderbetriebsvermögens
Übertragung auf Wirtschaftsgut desselben oder eines anderen Einzelunternehmens des Stpfl. desselben oder eines anderen Sonderbetriebsvermögens des Stpfl. eines Gesamthandsvermögens derselben oder einer anderen Personengesellschaft, an dem der Stpfl. als Mitunternehmer beteiligt ist
Übertragung möglich voll voll anteilig
Stille Reserven aus Wirtschaftsgut des Gesamthandsvermögens, an dem der Steuerpflichtige beteiligt ist
Übertragung auf Wir...

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