A. Grundlegendes

 

Rn. 1

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

§ 293b AktG ordnet die Prüfung von UN-Verträgen durch einen oder mehrere sachkundige Vertragsprüfer an und ist damit Teil der Regelungen über die Berichts- und Prüfungspflichten bei Abschluss von UN-Verträgen (vgl. zur Entstehungsgeschichte HdR-E, AktG § 293a). Zweck der Prüfungspflicht, wie der Regelungen der §§ 293aff. AktG insgesamt, ist nach allg. Ansicht (vgl. KonzernR (2019), § 293b AktG, Rn. 7; Hüffer-AktG (2022), § 293b, Rn. 1; Humbeck, BB 1995, S. 1893; Bungert, DB 1995, S. 1384 (1389)) in erster Linie, dem Informations- und Schutzbedürfnis der – insbesondere außenstehenden – Aktionäre der beteiligten Gesellschaften angemessen Rechnung zu tragen. Zudem soll durch die Vorschaltung eines obligatorischen Prüfungsverfahrens unter Beteiligung sachverständiger und neutraler Prüfer die Gefahr gerichtlicher Auseinandersetzungen über die Angemessenheit von Ausgleich und Abfindung gemäß der §§ 304f. AktG i. R.d. Spruchstellenverfahrens verringert werden. Ob dieses zweite Ziel indes erreicht wurde, ist empirisch gegenwärtig noch immer nicht belegt.

B. Unternehmensvertragsprüfung

I. Verpflichtete Gesellschaften

 

Rn. 2

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Nach dem Wortlaut des § 293b Abs. 1 AktG ist der UN-Vertrag "für jede vertragschließende Aktiengesellschaft [auch: SE, d.Verf.] oder Kommanditgesellschaft auf Aktien" zu prüfen, ohne dass dabei nach der Art des UN-Vertrags oder der Parteistellung der vertragschließenden Gesellschaft differenziert wird. Dies steht im Widerspruch zu den Bestimmungen der §§ 293a Abs. 1 Satz 1, 293 Abs. 2 AktG, wonach ein Vorstandsbericht über den UN-Vertrag nur zu erstatten ist, wenn der Abschluss des Vertrags der Zustimmung der HV bedarf, d. h., wenn die vertragschließende AG, KGaA oder SE verpflichtete Partei des UN-Vertrags ist oder – stets – wenn ein BHV oder GAV geschlossen werden soll (vgl. zu Einzelheiten vgl. HdR-E, AktG § 293a). Da aber ein Gleichklang der Anwendungsbereiche von Berichts- und Prüfungspflicht wünschenswert wäre, wird z. T. angenommen, dass eine Pflicht zur UN-Vertragsprüfung nur besteht, wenn der Vorstand gemäß der §§ 293a Abs. 1 Satz 1, 293 Abs. 2 AktG auch zur Erstellung eines Vertragsberichts verpflichtet ist (vgl. KonzernR (2019), § 293b AktG, Rn. 10; Hüffer-AktG (2022), § 293b, Rn. 7). Zwar überzeugt die hierfür angeführte Begründung, die Verpflichtung, den Vertragsprüfungsbericht während der Vorbereitung und Durchführung der HV in den Geschäftsräumen jeder beteiligten Gesellschaft auszulegen, gehe ins Leere, wenn eine HV für den Abschluss des Vertrags gar nicht erforderlich sei (vgl. KonzernR (2019), § 293b AktG, Rn. 10). Gleichwohl ist nach hier vertretener Ansicht in der Praxis aus Vorsichtsgründen zur Vermeidung von formalen Fehlern die Durchführung einer Vertragsprüfung in allen Fällen zu empfehlen, in denen eine AG, KGaA oder SE Partei eines UN-Vertrags ist.

 

Rn. 3

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Nach hier vertretener, im GmbH- wie aktienrechtlichen Schrifttum indes stark umstrittener Auffassung besteht die Pflicht zur Vertragsprüfung darüber hinaus auch für vertragschließende Gesellschaften in der Rechtsform der GmbH, und zwar unabhängig davon, ob die GmbH herrschendes UN ("MU") oder abhängiges UN ("TU") ist (vgl. zu Einzelheiten hierzu HdR-E, AktG § 293a).

II. Gegenstand der Vertragsprüfung

 

Rn. 4

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Den Umfang der Vertragsprüfung definiert das Gesetz im Einzelnen nicht, sondern benennt explizit nur den UN-Vertrag selbst als Prüfungsgegenstand. Im Unterschied zu der Parallelvorschrift des § 9 UmwG zur Verschmelzungsprüfung ist in § 293b Abs. 1 AktG eine Prüfung des Entwurfs des abzuschließenden UN-Vertrags nicht vorgesehen. Bungert (DB 1995, S. 1384 (1390)) ist insoweit zwar zuzustimmen, dass aus Praktikabilitätsgründen eine Prüfung des UN-Vertrags auch schon im Entwurfsstadium wünschenswert wäre. Andererseits birgt dieses Vorgehen das Risiko, dass bei Abweichungen des endgültig geschlossenen Vertrags von dem geprüften Entwurf eine Eintragung desselben in das Handelsregister unter Hinweis auf die nicht ordnungsgemäße Prüfung verwehrt wird. Da eine betriebliche Mitbestimmung bei dem Abschluss von UN-Verträgen anders als bei der Verschmelzung (Zuleitung des Entwurfs oder Vertrags an den Betriebsrat gemäß § 5 Abs. 3 UmwG) nicht vorgesehen ist und der Abschluss ohnehin unter Gremienvorbehalt gestellt werden muss (Zustimmungspflicht der HV bei mindestens einem Vertragsteil gemäß § 293 AktG), sollte nach hier vertretener Ansicht die Prüfung eines Vertragsentwurfs regelmäßig vermieden werden können.

 

Rn. 5

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Ebenso wie bei der Parallelvorschrift des § 9 UmwG zur Verschmelzungsprüfung (vgl. für Nachweise zum dortigen Streitstand Hüffer-AktG (2022), § 293b, Rn. 3) ist darüber hinaus umstritten, ob sich die UN-Vertragsprüfung nur auf den UN-Vertrag beschränkt oder sich auch auf den vom Vorstand der beteiligten Gesellschaften zu erstattenden Vertragsbericht erstrecken muss (vgl. dafür KonzernR (2019), § 293b AktG, Rn. 15; Hüffer-AktG (2022), § 293b, Rn. 3; dagegen Humbeck, BB 1995, S. 1893 (1896);

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