A. Einführung

 

Rn. 1

Stand: EL 31 – ET: 01/2021

Gemäß § 161 AktG, der durch das sog. Transparenz- und Publizitätsgesetz (TransPuG) vom 19.07.2002 (BGBl. I 2002, S. 2681ff.) eingeführt wurde, haben Vorstand und AR einer börsennotierten Gesellschaft (i. S. d. § 3 Abs. 2 AktG) jährlich eine Erklärung zum Corporate Governance Kodex (DCGK) abzugeben. Diese Erklärung, die erstmals im Jahr 2002 erfolgen musste (vgl. § 15 EGAktG), hat Angaben dazu zu enthalten, ob den Verhaltensempfehlungen entsprochen wurde und wird oder welche Empfehlungen nicht angewendet werden. Die Erklärung ist den Aktionären dauerhaft zugänglich zu machen. Mit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) vom 25.05.2009 (BGBl. I 2009, S. 1102ff.) sind Vorstand und AR zudem verpflichtet worden, etwaige Abweichungen auch zu begründen. Ebenfalls durch das BilMoG wurde in Abs. 1 Satz 2 der Anwendungsbereich auf weitere Gesellschaften mit Kap.-Marktzugang erweitert (vgl. BT-Drs. 16/10067, S. 103f.).

 

Rn. 2

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Gegenstand dieser seinerzeit neuartigen gesetzgeberischen Maßnahme war bzw. ist eine Verbesserung der deutschen CG und insbesondere eine verständliche(re) Kommunikation dieser Standards gegenüber dem Kap.-Markt (vgl. Pfitzer/Oser/Wader, DB 2002, S. 1120ff.; Schüppen, DB 2002, S. 1117 ff.). Die Entsprechenserklärung hat in einem gesonderten Bericht zu erfolgen und ist nicht Bestandteil des JA oder KA. Sie gehört gemäß § 325 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 zu den offenlegungspflichtigen Unterlagen und ist vom Vorstand gleichzeitig mit dem JA elektronisch beim Betreiber des BAnz einzureichen sowie unverzüglich (vgl. § 121 Abs. 1 BGB) dort bekannt machen zu lassen (vgl. § 325 Abs. 2). Nach § 161 Abs. 2 AktG ist die Erklärung zudem auf der Internetseite dauerhaft öffentlich zugänglich zu machen. Die Gesellschaft soll darüber hinaus nicht mehr aktuelle Entsprechenserklärungen fünf Jahre lang auf der Internetseite zugänglich halten (vgl. Abschn. F.5 DCGK (2019)).

B. Ziel, Inhalt und Rechtsqualität des Kodex

I. Ziel des Kodex

 

Rn. 3

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Ziel dieser gesetzestechnisch wie rechtspolitisch neuen Art von "Gesetzgebung" ist zum einen, das deutsche CG-System unter Darstellung der bestehenden Rechtslage zusammenzufassen und als "Verständigungspapier" gerade gegenüber ausländischen Anlegern vorzustellen (vgl. BT-Drs. 14/8769, S. 21; Schüppen, DB 2002, S. 1117f.; Seibt, AG 2002, S. 249 (250)). Zum anderen enthält der Kodex Verhaltensempfehlungen und Anregungen, die Selbstverpflichtung für Vorstände und AR sowie Standards guter UN-Kontrolle (best practice) sein sollen (vgl. etwa die Übersicht bei Schüppen, DB 2002, S. 1117 (1118f.)).

 

Rn. 4

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Der Kodex bietet die Chance der Flexibilisierung und Deregulierung aufbauend auf einer Regierungskommission, ein Instrumentarium, welches bei der Entstehung von Gesetzen – hier von Regelungen unterhalb des Charakters von Gesetzen – stark an Bedeutung gewonnen hat. Soweit der Kodex nicht nur die gesetzliche Regelung – in möglicherweise verständlicheren Worten – wiedergibt, enthält er unverbindliche Empfehlungen, so dass in geeigneterer Form als durch den Verhaltensbefehl des Gesetzes auf die gesellschaftsrechtliche Praxis eingewirkt werden kann. Gesetzliche Lösungen in diesem Bereich werden vom Gesetzgeber als zu rigide bezeichnet; den UN soll in Fällen, in denen sie es für sinnvoll oder geboten erachten, die Möglichkeit der Abweichung vom Kodex belassen werden (vgl. BT-Drs. 14/8769, S. 21). Gleichzeitig wird aber bewusst – durch die Informationsverpflichtung hinsichtlich des Entsprechens – ein Druck auf die UN aufgebaut, um so eine Konformität mit dem Kodex zu erreichen. Den Kap.-Marktteilnehmern soll die Information an die Hand gegeben werden, ob sich das UN, das den Kap.-Markt in Anspruch nimmt, an die Verhaltensstandards des Kodex hält oder in welchem Umfang es sich nicht daran hält. Nicht selten wurden Kodex-Regelungen zu einem späteren Zeitpunkt in Gesetzesform gegossen (z. B. Offenlegung von Vergütungen).

II. Inhalt des Kodex

 

Rn. 5

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Der Kodex enthaält Grundsätze, Empfehlungen sowie Anregungen für den Vorstand und AR, die dazu beitragen sollen, die Gesellschaft im UN-Interesse zu führen. I.d.S. sollen die Grundsätze wesentliche rechtliche Vorgaben verantwortungsvoller UN-Führung wiedergeben und Anlegern sowie weiteren Stakeholdern grundlegende Informationen geben. Durch die Verwendung des Wortes "soll" werden national bzw. international anerkannte Verhaltensstandards empfohlen. Die UN können hiervon abweichen, sind dann aber verpflichtet, dies jährlich offenzulegen und die Abweichungen zu begründen ("comply or explain"). Als schwächste Stufe enthält der Kodex Anregungen für eine gute UN-Führung, die mit "sollte" formuliert sind. Da der Kodex ganz überwiegend das Wort "soll" (i. S. v. Empfehlung), selten(er) das Wort "sollte" (i. S. v. Anregung) verwendet, ist hier von einer eher stärkeren Bindungswirkung auszugehen.

 

Rn. 6

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Ausgehend von seiner Präambel, ist der Kodex inhaltlich in die folgenden Abschn. aufgeteilt:

A. L...

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